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Politik

Imame klagen gegen Ditib

Sabrina Pabst
24. März 2017

Die Klage zweier Imame gegen die Ditib scheint erfolglos. Nach dem Putschversuch in der Türkei wurden sie dorthin zurückbeordert. Die Ditib ist wegen ihrer Nähe zur türkischen Führung politisch umstritten.

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Köln Moschee DITIB (Foto: Getty Images/AFP/M. Hitij)
Die Ditib-Zentralmoschee in Köln - eine der größten Moscheen in DeutschlandBild: Getty Images/AFP/M. Hitij

Die beiden Imame aus Baden-Württemberg waren nach dem Putschversuch in der Türkei per Ministererlass der türkischen Regierung im August 2016 in ihr Heimatland zurückbeordert worden. Dieser Aufforderung sind sie aber nicht nachgekommen. In ihrer Klage geht es nun um die Frage, ob sie nicht eigentlich Beschäftigte der Türkisch-Islamischen Union Ditib seien. Doch daran hegt das Kölner Arbeitsgericht erhebliche Zweifel. Der vorsitzende Richter Christian Ehrich nannte als grundsätzliches Problem, dass zwischen den beiden Klägern und dem Moschee-Dachverband Ditib weder ein mündlicher noch ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestanden habe. Seine Entscheidung zu dieser Sache vertagte er auf Anfang April.

Der Anwalt der beiden klagenden Imame, Tuncay Karaman, legte vor Gericht verschiedene Rundschreiben des Ditib-Bundesvorstands vor, der Verhaltensregeln an die in Deutschland predigenden Imame vorgab. Doch laut Richter Ehrich gehen daraus keine eindeutigen arbeitsrechtlichen Anweisungen hervor. Das Problem: Sie seien an einen großen Verteiler adressiert und nicht an die beiden Kläger persönlich. Da derartige Dokumente fehlten,  habe auch kein Beschäftigungsverhältnis bestanden. Damit folgte der vorsitzende Richter weitgehend der Argumentation des Ditib-Anwalts Mehmet Günet. Dieser sieht die Verantwortung der Amtsenthebung der beiden Imame bei der türkischen Religionsbehörde Diyanet. Von ihr bezogen die Kläger auch ihre Gehälter. Dass die beiden Geistlichen an Moscheen tätig waren, die im Besitz der Ditib seien, wäre die einzige Schnittstelle zwischen ihnen und dem Dachverband, so Ehrich.

Deutschland Ex-Imame DİTİB Prozess in Köln  (Foto: DW/H. Topcu)
Tuncay Karaman: "Es besteht ein politischer Hintergrund für die Zurückbestellung meiner Mandanten"Bild: DW/H. Topcu

Begründungen fehlen

Der Fall der beiden klagenden Imame stößt auf großes öffentliches Interesse und zieht weite Kreise. Die beiden Geistlichen waren am 15. August 2016, einen Monat nach dem Putschversuch in der Türkei, durch einen Ministererlass der türkischen Republik ihrer Ämter enthoben worden. Sie predigten in den Ditib-Moscheen in Zell und Rheinfelden in Baden-Württemberg. Der Moscheevorstand und Vereinsmitglieder forderten sie von einem auf den anderen Tag auf, die Gemeinde und Deutschland zu verlassen und zurück in die Türkei zu kehren, sagte ihr Anwalt Karaman.

"Man sagte meinen Mandanten, sie seien in der Gemeinde nicht mehr erwünscht", schilderte Karaman die Vorfälle gegenüber der Deutschen Welle. Doch eine Rückkehr in die Türkei sei für die beiden Männer, die zusammen mit  ihren Familien in Deutschland leben, ausgeschlossen, denn in der Türkei befürchteten sie Repressalien. Aus diesem Grund und angesichts der politischen Situation in der Türkei hätten sie bereits Asylanträge in Deutschland gestellt, so Karaman. Zu den Gründen, warum seine Mandanten entlassen wurden, wollte er sich nicht äußern. Es lägen keine offiziellen Begründungen vor, sagt er der DW. "Aber es besteht durchaus ein politischer Hintergrund für die Rückbestellung meiner Mandanten", meint Karaman.

Anonymität als Schutz vor Repressalien

Während der Verhandlung waren die beiden Kläger abwesend. Sie möchten auch nicht namentlich genannt werden. Ihre Lebenssituation sei derzeit schwierig. Seit September beziehen beide kein Gehalt mehr. Dem Gerichtssprecher Brand zufolge, sind von dem Rückruf der türkischen Regierung noch weitere Imame betroffen; klagen würden aber bisher nur die beiden aus Baden-Württemberg.

Deutschland Ex-Imame DİTİB Prozess in Köln
Bestreitet Verflechtungen von Ditib und Diyanet: Ditib-Anwalt Mehmet GünetBild: DW/H. Topcu

Am Rande der Verhandlung betonte der Ditib-Rechtsbeistand Günet, dass den beiden Geistlichen von der türkischen Religionsbehörde Diyanet nicht gekündigt worden sei, sondern sie in ihr Heimatland zurückgerufen wurden. Der Moscheeverband habe damit nichts zu tun. "Wenn die Ditib Diyanet bittet, einen Imam für einen Verein zur Verfügung zu stellen, und der Imam sich nicht vernünftig verhält, kann die Ditib bitten, den Imam abzuziehen", fügt er hinzu. "Das ist nicht widersprüchlich", erläutert Günet gegenüber der DW.

Imame werden in der Regel für vier Jahre von der Türkei nach Deutschland entsandt. Seitens der Ditib finden Fortbildungsveranstaltungen wie Sprachkurse oder die Koordinierung der Predigtinhalte statt. Würde die Klage vor Gericht bestand haben, müsste demnach die Ditib alle in Deutschland tätigen Imame anstellen, sagt Günet. Auf den Vorwurf, dass die Zurückbestellung der Kläger politisch motiviert sei, entgegnet er, die Erhebung der Klage sei politisch motiviert.

Nach Spitzel-Affäre im Fokus

Das Verhältnis der Türkisch-Islamischen Union Ditib und der türkischen Religionsbehörde Diyanet wird stark kritisiert. Einigen Ditib-Imamen wird vorgeworfen, im Auftrag der türkischen Regierung Gemeindemitglieder bespitzelt zu haben. Dazu gehört haben sollen mutmaßliche Anhänger des Predigers Fethulla Gülen, der seit Jahren in den USA im Exil lebt. In der Türkei werden angebliche Anhänger von Gülen als Terroristen behandelt. Präsident Recep Tayyip Erdogan macht sie zudem für den Putschversuch im Juli vergangenen Jahres verantwortlich. Nach Bekanntwerden der Vorfälle sind die betreffenden Geistlichen in die Türkei zurückgekehrt. Der Moscheeverband ist in Deutschland sehr aktiv. Etwa 900 Gemeinden gehören zu dem größten islamischen Dachverband Deutschlands.