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Immer mehr bewaffnete Auseinandersetzungen in der Welt

Peter Hille16. Mai 2006

95 Konflikte weltweit hat das Bonn International Centers for Conversion im vergangenen Jahr gezählt, die wenigsten stehen vor einer friedlichen Lösung. Erhöhte Militärausgaben führen zu weniger ziviler Friedensförderung.

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Eine US-Patrouille in BagdadBild: AP

Im Irak, der Demokratische Republik Kongo und in der sudanesischen Provinz Darfur sei die Gewalt am schwersten gewesen, sagte Peter Croll, Leiter des Bonn International Centers for Conversion (BICC). Am Dienstag (16.5.2006) stellte das BICC seinen Jahresbericht vor. Allein in Darfur habe es bereits 400.000 Tote gegeben; und den Vereinten Nationen sei es nicht gelungen, die Menschen im Sudan vor den Folgen des Krieges zu schützen.

"Wenn sie sich an die Wort von Kofi Annan erinnern im letzten Jahr, nämlich 'responsibility to protect' - Verantwortung zum Schützen - , so ist hieraus eine 'failure to protect' – ein Scheitern beim Schützen - geworden. Denn unseres Erachtens hätte die internationale Gemeinschaft viel früher handeln müssen, um stabilisierende Maßnahmen zu ergreifen und insbesondere die humanitäre Situation zu verbessern", sagte Croll in Bonn.

Positives Beispiel: Sierra Leone

Die geplante Entsendung von UN-Blauhelm-Soldaten nach Darfur sei ein Schritt in die richtige Richtung, so Croll. UN-Missionen zur Stabilisierung nach Konflikten könnten durchaus zum Ziel führen. Das zeige das Beispiel des ehemaligen Bürgerkriegslandes Sierra Leone im Westen Afrikas. Dort konnte die UN-Friedenstruppe UNAMSIL sich Ende 2005 zurückziehen und die gesamte Verantwortung für die Sicherheit an die gewählte Regierung Sierra Leones abgeben.

Dieser Erfolg ist laut Croll jedoch eine Ausnahme, das zeige der UN-Einsatz in der Demokratischen Republik Kongo. "Trotz der Bemühungen der Vereinten Nationen, die seit 2002 im Kongo im Einsatz sind, ist es nach wie vor nicht gelungen, den nach wie vor schwelenden Konflikt zu beenden. Eine Friedensmission müsste helfen eine neue, demokratische Armee aufzubauen und die Einnahmen aus dem Export von natürlichen Ressourcen gerechter zu verteilen."

Wenig Hoffnung in die EU

Ein rein militärischer Einsatz könne dies nicht leisten. Konflikte würden durch die Entsendung internationaler Truppen meist nur eingefroren, und nicht wirklich gelöst. Wenig Hoffnung setzt der Bericht des BICC daher in die EU, die Soldaten zur Überwachung der Wahlen im Kongo entsenden will.

Wolf-Christian Paes betreut am BICC ein Forschungsprojekt zum Kongo-Konflikt; er sieht die geplante Militärmission in erster Linie als Prestige-Projekt der EU: "Wir schicken jetzt Soldaten, um auf dieser Ebene des internationalen Peace-Keepings auch mitspielen zu können. Das hat sehr viel zu tun mit der Selbstdarstellung der Europäischen Union in der größeren Welt. Notwendig wäre aber zum Beispiel, die politischen Institutionen des Kongo zu stärken, und so nach einem Wahlergebnis, was von einigen Parteien sicher nicht begrüßt werden wird, ein Wiederaufflammen des Konflikts zu verhindern."

Wohlstand als Schlüssel für Sicherheit

Außerdem müsse in Straßen und Schulen investiert werden, denn langfristig sei Wohlstand der Schlüssel zur Sicherheit. Der Jahresbericht des BICC empfiehlt den Industriestaaten daher eine Erhöhung ihrer Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit.

Hier müsse aber vermehrt bei Vertretern von Nichtregierungs-Organisationen, der so genannten Zivilgesellschaft, nachgefragt werden, wo diese Mittel am sinnvollsten einzusetzen seien, sagt BICC-Leiter Peter Croll: "Die Geber haben in der Regel Präferenzen und Eigeninteressen, die nicht immer zu einem ausgewogenen Ansatz beim Friedensaufbau führen. Der Zeitplan für die Unterstützung hängt dann weniger von dem Bedarf vor Ort ab, sondern eher von Haushaltslaufzeiten und politischen Erwägungen der Geberländer."

Kein Geld für zivile Friedensförderung

Erschreckend sei die Entwicklung der Militärhaushalte auf der Welt, so Croll. Die Ausgaben für Panzer, Flugzeuge und Soldaten seien im vergangenen Jahr um 40 Milliarden US-Dollar gestiegen und lägen heute bei jährlich einer Billiarde US-Dollar. Fast die Hälfte dieser Summe werde von den Vereinigten Staaten aufgebracht, die ihre Rüstungsausgaben seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 um fast 30 Prozent erhöht hätten. Finanzmittel für zivile Friedensförderung blieben dabei zwangsläufig auf der Strecke. Mit einer Verringerung der Anzahl der weltweiten Konflikte sei daher mittelfristig nicht zu rechnen, so das Fazit der BICC-Forscher.