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Immer mehr Tote bei Protesten in Kairo

21. November 2011

Kurz vor der Parlamentswahl misstrauen viele Ägypter der amtierenden Militärregierung. In Kairo und anderen Städten fordern Demonstranten ihren Rücktritt. Die Polizei geht gegen die Proteste vor - mit tödlicher Gewalt.

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Demonstranten im Zentrum von Kairo (Foto: dapd)
Proteste in der Innenstadt von KairoBild: dapd

Eine Woche vor Beginn der Parlamentswahlen hält die Welle der Gewalt in Ägypten an. Bei neuen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei kamen am Sonntag (20.11.2011) in der Hauptstadt Kairo mindestens zehn Menschen ums Leben.

Nach Agenturberichten starben mehrere von ihnen an Schussverletzungen. Andere seien offenbar erstickt, nachdem sie Tränengas eingeatmet hätten. Das Staatsfernsehen berichtete zudem von mehr als 200 Verletzten. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo wurde ein Feldlazarett eingerichtet.

Im Zentrum der Stadt ging die Polizei am Wochenende mit Tränengas und Gummigeschossen gegen Demonstranten vor, die einen Rücktritt der Militärregierung forderten. Angeblich warfen einige Protestteilnehmer mit Steinen und Molotow-Cocktails auf Polizisten. Nach Angaben von Augenzeugen gab es zahlreiche Festnahmen.

Schwerste Zusammenstöße seit Sturz Mubaraks

Auch in Alexandria, Suez, Ismailia und dem Nord-Sinai kam es zu Ausschreitungen. Es waren die schwersten Zusammenstöße seit dem Aufstand gegen den früheren Staatschef Husni Mubarak.

Die Proteste hatten am Freitag begonnen. Sie waren zunächst von Islamisten initiiert worden und erhielten später weiteren Zulauf vor allem von jungen Leuten. Auf dem Tahrir-Platz eskalierte die Lage, nachdem die Polizei dort einen Sitzstreik aufgelöst hatte.

Verletzte im Feldlazarett auf dem Tahrir-Platz (Foto: dapd)
Verletzte im Feldlazarett auf dem Tahrir-PlatzBild: dapd

Bis zum Samstag gab es nach Agenturberichten bereits jeweils einen Toten in Kairo und Alexandria. Hunderte weitere Menschen sollen verletzt worden sein.

Furcht vor zu starker Armee

Die ersten Wahlen nach dem Sturz Mubaraks sollen vom 28. November bis zum 10. Januar abgehalten werden. Viele Ägypter sind besorgt, dass es der Polizei nicht gelingen könnte, dabei für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

Zudem gibt es Streit zwischen politischen Gruppierungen und den Militärmachthabern über die künftige Rolle der Streitkräfte. Dabei geht es um grundsätzliche Regeln für eine Verfassung, nach denen die Armee auch künftig nicht einer parlamentarischen Kontrolle unterstehen könnte.

Militärrat hält an Wahltermin fest

Ägyptischer Militärratsvorsitzender und Ex-Verteidigungsminister Hussein Tantawi (Foto: dpa)
Ihn wollen die Demonstranten vor allem weghaben: den Vorsitzenden des Militärrats und früheren Verteidigungsminister Tantawi (Archivfoto)Bild: picture alliance / dpa

Die ägyptische Übergangsregierung kam wegen der Straßenschlachten zu einer Krisensitzung zusammen. Am Abend erklärte sie, dass die Parlamentswahlen wie geplant stattfinden sollen.

Ein führender Militärvertreter erklärte im Fernsehen, diejenigen, die einen Sturz der Regierung forderten, wollten auch den Zusammenbruch des Landes. Die Armee und das Innenministerium würden bei der Wahl für die Sicherheit sorgen. Ein Rückzug der Armee sei wie bereits angekündigt für Ende 2012 vorgesehen. Dann könnten auch Präsidentschaftswahlen stattfinden.

EU und Deutschland fordern Gewaltverzicht

Die Europäische Union zeigte sich besorgt über die Lage in Ägypten. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte die Konfliktparteien am Sonntagabend zu Ruhe und Mäßigung auf.

Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle verlangte ein Ende der Gewalt. Es sei "von überragender Bedeutung, dass die Parlamentswahlen in einem friedlichen und geordneten Umfeld stattfinden können", hieß es in einer Erklärung.

Autor: Thomas Grimmer (rtr, afp, dpa)
Redaktion: Rolf Breuch