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Immer stärkere Verstrahlung in Fukushima

26. März 2011

Die Lage am beschädigten japanischen Atomkraftwerk Fukushima spitzt sich weiter zu. Die radioaktive Belastung der Küstengewässer hat einen neuen Höchstwert erreicht.

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Atomkomplex Fukushima vor der Katastrophe (Foto:AP)
Atomkomplex Fukushima vor der KatastropheBild: AP/dapd/Ministry of Land, Infrastructure, Transport/Kyodo News

Wie die japanische Atomaufsichtsbehörde NISA am Samstag (26.03.2011) mitteilte, übertraf die Belastung mit Jod-131 im Meerwasser nahe der Anlage den zulässigen Grenzwert um das 1250-fache. Zuvor hatten die 330 Meter südlich des Atomkomplexes entnommenen Wasserproben lediglich eine 100-Mal so hohe Strahlenbelastung ausgewiesen. Nach Darstellung des Fukushima-Betreibers Tepco ist mit großer Wahrscheinlichkeit radioaktives Wasser aus dem havarierten Atomkraftwerk ins Meer geflossen.

Verseuchtes Wasser in Reaktoren

Kontrollraum des Reaktorblocks 1 (Foto:AP)
Kontrollraum des Reaktorblocks 1Bild: AP

In den Reaktorblöcken 1 bis 4 war zuvor radioaktives Wasser mit teilweise 10.000fach erhöhter Strahlung ausgetreten, das entweder aus dem Reaktorkern oder aus dem Abklingbecken für abgebrannte Kernbrennstäbe stammt. Die Einsatzkräfte versuchen mit Hochdruck, das ausgelaufene Wasser zu entfernen, um die Arbeiten zur Verkabelung der Kühlsysteme fortsetzen zu können. Das verstrahlte Wasser am Boden von Räumen in der Nähe der Reaktorbehälter steht nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Kyodo zwischen 1,50 Meter und 40 Zentimeter hoch. Vermutet wird, dass mindestens einer der Reaktormäntel beschädigt ist, was die Angst vor einer Kernschmelze weiter schürte.

Kühlung jetzt mit Süßwasser

Die Reaktorblöcke 1 bis 3 wurden wieder mit Wasser von außen gekühlt, um die drohende Überhitzung zu stoppen. Dazu wurde nicht mehr Meerwasser, sondern Süßwasser verwendet. Mehrere Experten, vor allem in den USA, hatten erklärt, das Meerwasser könne zu einer Verkrustung der Kernbrennstäbe mit Salz führen und eine Abkühlung verhindern.

Unterdessen haben Experten der Umweltschutzorganisation Greenpeace damit begonnen, in der Umgebung des Atomkraftwerks eigene Stahlenmessungen vorzunehmen. Damit solle eine Alternative zu den häufig "widersprüchlichen" Angaben der Behörden geschaffen werden, erklärte Greenpeace-Atomexperte Jan van de Putte. Seit dem Beginn der Krise vor zwei Wochen hätten die Behörden offenbar ständig sowohl die Risiken als auch das Ausmaß radioaktiver Verseuchung unterschätzt.

17 Arbeiter mit Radioaktivität belastet

Arbeiter im Atomkomplex Fukushima (Foto: AP)
Arbeiter im Atomkomplex FukushimaBild: AP

In dem Kernkraftwerk an der Nordostküste Japans waren nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe vom 11. März die Kühlsysteme mehrerer Reaktoren ausgefallen. Bei Explosionen und Bränden wurden große Mengen Radioaktivität freigesetzt. Wie die Agentur Kyodo berichtet, wurden seit Beginn der Krise insgesamt 17 Arbeiter verstrahlt. Dabei seien nur diejenigen Unfälle berücksichtigt worden, bei denen eine Radioaktivität von mehr als 100 Millisievert pro Stunde gemessen wurde. Dies entspricht der maximalen Belastung für AKW-Arbeiter über ein ganzes Jahr hinweg. Diesen Grenzwert hat das japanische Arbeitsministerium für Arbeiter in Fukushima jetzt auf 250 Millisievert pro Jahr heraufgesetzt. Bei einem Unfall am Donnerstag im Turbinengebäude von Block 3 waren zwei Arbeiter durch stark radioaktives Wasser hoher Strahlung ausgesetzt. Sie mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Die Strahlenbelastunf betrug nach Informationen des Senders NHK 2000 bis 6000 Millisievert.

Im Erdbeben- und Tsunami-Katastrophengebiet im Nordosten der japanischen Hauptinsel Honshu behinderten Schneefall und Kälte weiter die Aufräumarbeiten. Die Zahl der geborgenen Todesopfer stieg nach offiziellen Angaben auf rund 10.100. Als vermisst gelten noch mehr als 17.000 Personen. Der Tsunami hatte eine Fläche von rund 470 Quadratkilometern entlang der Küste überflutet, berichtete die japanische Geodaten-Firma Pasco, die dafür Satellitendaten ausgewertet hatte.

Autor: Michael Wehling (dpa/dapd/afp)
Redaktion: Herbert Peckmann