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Immobilienkrise 'Phase drei'

3. August 2009

Während sich in manchen Gegenden der Häusermarkt langsam stabilisiert, scheint in anderen Teilen der USA der Tiefpunkt noch nicht erreicht zu sein.

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Schilder weisen im US-Bundesstaat Vermont auf zum Verkauf stehende Häuser hin. (Foto: AP)
Zwangsversteigerungen von Immobilien boomen in den USABild: AP

Die Zahl der Zwangsversteigerungen ist in Amerika so hoch wie noch nie. 2,2 Millionen lautete Ende 2008 der traurige Rekord. Um die 10.000 Vollstreckungsverfahren kommen jeden Tag hinzu.

Marion Siegel, Geschäftsführerin der HCS Wohnberatung, kann sich kaum noch retten vor in Bedrängnis geratenen Hausbesitzen. "Zu uns kommen Menschen, die ihre erste Wohnung gekauft haben und dachten, sie haben einen guten, sicheren Job. Ebenso Familien, die zu oft refinanziert haben. Auch Hausbesitzer, die auf Kreditbetrüger reingefallen sind, suchen bei uns Hilfe", sagt Siegel. "Jede Einkommensgruppe ist betroffen von der Immobilienkrise. Es ist nicht nur ein Problem armer Leute."

Steigende Arbeitslosenzahlen wirken am Häusermarkt

Von der "dritten Phase" der Krise am Häusermarkt sprechen Wirtschaftsexperten seit Neuestem. Während bisher in erster Linie Börsenspekulanten und Hausbesitzer mit faulen Krediten betroffen waren, hat die Krise seit einigen Monaten nun auch diejenigen erfasst, die vor einem Jahr noch problemlos ihre Kredite abbezahlen konnten.

Menschen suchen per Computer nach einem Job im New York State Department of Labor (Foto: AP Photo)
Wer nach Arbeit suchen muss, kann oft seine Hypotheken nicht bezahlenBild: AP

Hauptgrund hierfür sind die steigenden Arbeitslosenzahlen: Die Arbeitslosenrate in den USA liegt mittlerweile bei zehn Prozent. Pro Monat werden im Schnitt 665.000 Menschen arbeitslos. Und wer einmal seinen Job verloren hat, für den gibt es kaum noch Hoffnung, sein Haus abbezahlen zu können.

Die Obama-Regierung hat die Dringlichkeit der Lage bereits erkannt. Einem im März 2009 verabschiedeten Rettungspakt lässt sie nun Aufforderungen an Banken und Kreditinstitute folgen, Kredite mit Schuldnern erneut zu verhandeln. Neue Lösungsvorschläge zur Entlastung zahlungsunfähiger Hausbesitzer werden unter Hochdruck im Senat diskutiert.

Obamas Rettungspaket

Hausfassaden der Immobilienfinanzierer Fannie Mae in Washington und Freddie Mac, in McLean, Virginia (Foto: dpa)
Banken sind oft nicht bereit Kredite umzuschuldenBild: picture-alliance/ dpa

Zentraler Punkt des so genannten “housing plans“ der Obama-Regierung ist es, monatliche Kreditzahlungen für Hausbesitzer zu reduzieren. Für jeden abgeänderten Kredit zahlt die Regierung 1000 Dollar aus der Staatskasse an Kreditinstitute und Banken. Wenn die Abänderungen dann Erfolg zeigen, gibt es noch einmal 1000 Dollar.

Obamas Plan wird den Steuerzahler über die nächsten Jahre um die 75 Milliarden US-Dollar kosten. Geld, das man sinnvoller einsetzen könnte, sagt Dean Baker, Direktor des Zentrums für Wirtschafts- und Politikforschung. Denn trotz des Zuschusses vom Staat rechnet es sich für die Banken nicht, ihren Schuldnern niedrigere Monatsraten zu gewähren.

"Die Banken denken, dass es sich für sie nicht lohnt, Kredite zu modifizieren und sind daher oft wenig entgegenkommend“, meint Baker. "Sie wissen, wie man Kredite einfordert, wie man an die Leute, die nicht mehr zahlen können, einschüchternde Warnungen verschickt. Die Banken sind es nicht gewohnt, Kredite neu festzulegen, und sie haben auch gar kein Interesse daran.“

Wieder Mieter werden statt Rauswurf

Haus in Osawatomie, Kansas, USA (Foto: AP)
Die Lösung? Als Mieter im ehemals eigenem HausBild: AP

Anstatt es Banken und Kreditinstituten freizustellen, monatliche Ratenzahlungen herunterzusetzen, hofft Baker, dass sich ein anderer Lösungsansatz durchsetzt, der gerade im Senat diskutiert wird: Hausbesitzern, die zahlungsunfähig sind, soll die Möglichkeit gegeben werden, ihr Haus zu mieten. Die Besitzrechte gehen an den Kreditgeber, aber verkaufen darf der die Immobilie dann nur mit der Bedingung, dass der Mieter auf lange Sicht nicht auf die Straße gesetzt wird.

Eine solche Regelung, so Baker, würde den Leuten sofort ein Gefühl der Sicherheit geben: "Wenn man sein Haus mag, die Nachbarschaft, die Schule, die die Kinder besuchen, dann verliert man das nicht alles auf einmal. Eine solche Lösung wäre unbürokratisch, und es würden keine Steuergelder verschwendet werden."

Doch selbst wenn diese Lösung sich letztendlich durchsetzten sollte, sind sich Dean Baker und viele andere Wirtschaftsexperten darin einig, dass die Rate der Zwangsversteigerungen erst einmal noch weiter ansteigen wird. Die Immobilienpreise auf dem amerikanischen Markt stabilisieren sich zwar langsam, doch bevor sich die wirtschaftliche Lage nicht ganz allgemein entspannt, gibt es wenig Hoffnung für die meisten insolventen Hausbesitzer. Obamas Rettungspaket ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch bei so vielen Hilfebedürftigen nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Autor: Dörthe Keilholz

Redaktion: Insa Wrede