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In acht Jahren übern Berg

Kathrin Erdmann15. April 2003

In Vietnam engagiert sich die deutsche Regierung seit langem bei der dringend nötigen Aufforstung des Landes. Doch die Projekte brachten oft nicht den erhofften Erfolg. Jetzt sollen "Grüne Sparbücher" helfen.

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Aufforstung in VietnamBild: AP

Vietnam ist geprägt vom satten Grün der Reisfelder, aber auch von kargen oder nur von Büschen bewachsenen Hügeln. Das ist zum einen die Folge von Agent Orange, dem dioxinhaltigen Gift, mit dem die Amerikaner im Vietnamkrieg den Wald entlaubten. Zum anderen haben die Vietnamesen selbst reichlich Wald abgeholzt, um in Kriegszeiten ihren gestiegenen Holzbedarf zu decken und Ackerland zu gewinnen.

Für Gedanken an die etwas längerfristige Zukunft gab es damals keinen Platz. Dass sich dieser Gedanke aber durchaus lohnt, versucht die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gemeinsam mit der vietnamesischen Regierung den Bauern mit Hilfe eines Sparbuchs schmackhaft zu machen.

80.000 Hektar Wald

Mit dem aus deutscher Entwicklungshilfe eingezahlten Geld werden die Bauern belohnt, wenn sie sich an der Aufforstung beteiligen und sich um den Wald kümmern. "Jeder Familie überträgt die vietnamesische Regierung maximal zwei Hektar Land, mit einem 50-jährigen Nutzungsrecht. Pro Hektar zahlt Deutschland 170 Euro auf das Sparkonto ein", erklärt Ha Van Hung, der das Projekt für die KfW betreut und das vietnamesische Landwirtschafts- und Forstministerium berät. "Derzeit beteiligen sich rund 60.000 Familien an dem Projekt. In acht Provinzen des Landes - überwiegend in Nord- und Zentralvietnam - sollen so bis zu 80.000 Hektar neuer Wald entstehen." Insgesamt kostet das Projekt 28 Millionen Euro. Jedes Sparbuch ist auf acht Jahre angelegt.

Gute Pflege zahlt sich aus

Die Idee mit dem Sparbuch hat in Vietnam Pionier-Charakter, denn früher funktionierten deutsche Aufforstungsprojekte noch anders: Die Bauern wurden bereits innerhalb von drei Jahren voll ausbezahlt. Das Verfahren hat sich jedoch nicht bewährt, sagt Klaus Müller, der in Hanoi das Büro der Kreditanstalt für Wiederaufbau leitet. Ein großes Problem bei den Forstprojekten sei immer gewesen, dass die Überlebensrate der Pflanzen relativ niedrig war. "Durch eine anreizbezogene Bezahlung der Bauern für eine gute Pflege konnte jetzt eine sehr, sehr hohe Überlebensrate gesichert werden."

Zwar können die Bauern mit dem Geld vom Sparbuch nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten, aber es bietet in der erntefreien Zeit eine Überbrückung. Werden die Bäume gut gepflegt, dürfen die Bauern Geld abheben - in den ersten beiden Jahren jeweils 15 Prozent und in jedem weiteren Jahr 10 Prozent des Sparbetrages. Hinzu kommen die Zinsen. Nach acht Jahren ist das Konto dann leer.

Wald ist Rohstoff

Dao Cong Khanh ist im vietnamesischen Landwirtschafts- und Forstministerium für das "Grüne Sparbuch" zuständig: "Nach acht Jahren ist der Bestand schon so groß bzw. gut, dass man von ihm profitieren kann. Das heißt, Bäume für Brennholz und kranke Bäume können rausgenommen werden. Nur die guten Bäume lässt man stehen." An die leeren Stellen können dann neue Bäume gepflanzt werden. So erhöhen sich die Vielfalt der Baumarten und die Qualität des Bodens.

Angepflanzt werden Kiefern, Akazien und eine Reihe einheimischer Bäume. Aus den Kiefern gewinnen die Vietnamesen Harz. Daraus können unter anderem Lacke und Farben, aber auch Räucherstäbchen hergestellt werden. Viel lieber ist ihnen jedoch die Akazie, denn hier verspricht das Holz nach zwölf Jahren gute Gewinne.

Erste Erfolge

In den Provinzen Lang Son und Bac Giang im Nordosten Vietnams ist gerade das erste Aufforstungsprojekt zu Ende gegangen. Jetzt läuft eine dreijährige Nachbereitungsphase an. "Für eine abschließende Beurteilung des Projektes ist es noch zu früh, aber man hat festgestellt, dass sich unter anderem die Wasserqualität verbessert hat, der Boden feuchter geworden und die Vegetation zurückgekommen ist," bilanziert Khanh. Auch habe bei den Bauern eine Bewusstseinsänderung stattgefunden. Sie hätten verstanden, dass sie langfristig auf mehreren Ebenen vom Wald profitieren können, so Khanh weiter.

Das liegt vielleicht auch daran, dass die Bauern von Beginn an in jeden Schritt des Programms eingebunden sind. Sie lernen die Bäume zu züchten, zu pflegen und zu schützen. Dennoch gibt es - wenn auch weniger als ein Prozent - Bauern, denen die acht Jahre bis zur ersten Ernte zu lang ist und die früher abholzen. In diesem Fall wird umgehend das Sparbuch eingezogen und das Land muss zurückgegeben werden.