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In aller Freundschaft

Nastassja Steudel18. November 2014

Eine abgehörte Kanzlerin und enttarnte Spione: Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist emotional aufgeladen wie selten. Der aktuelle Anti-Amerikanismus in Deutschland war großes Thema einer Preisverleihung in Frankfurt.

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Symbolbild: Ein Smartphone, auf dem der Bundesadler in den deutschen Nationalfarben abgebildet ist, steht neben einer US-Flagge (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Manchmal ist es gut, wenn man die Dinge von oben betrachtet, denn aus der Vogelperspektive erscheint vieles klarer. Der 49. Stock eines Frankfurter Wolkenkratzers schien deshalb der ideale Ort zu sein für eine Veranstaltung, bei der viel über unterschiedliche Sichtweisen gesprochen wurde. Die Steuben-Schurz-Gesellschaft (SSG) hatte zur Verleihung ihres Medienpreises eingeladen.

Gegründet 1930 in Berlin, setzt sie sich seit 84 Jahren für die deutsch-amerikanische Freundschaft ein. Ihre Präsidentin, Gräfin zu Solms-Wildenfels, bezeichnet die Institution als "stetiges und stabiles Bollwerk" gegen die scheinbar stetig wachsende, ablehnende Haltung der Deutschen gegenüber den Vereinigten Staaten. "Die Verbindung zu den USA ist für unser Leben wichtiger als wir glauben", sagte sie. "Besonders seit der Wind aus Osten kälter weht." Gerade in solchen Zeiten sei man angewiesen auf Journalisten, die beide Länder liebten und diese den Menschen erklären könnten - Journalisten wie Melinda Crane. Für ihre hervorragende journalistische Darstellung der deutsch-amerikanischen Beziehungen erhielt sie deshalb den 17. Medienpreis der SSG.

Das Schlüsselwort heißt "Dialog"

Die gebürtige Amerikanerin kam 1983 für ihre Doktorarbeit nach Deutschland und ist bis heute geblieben - wegen der Familie, Freunden, aber auch wegen der Leidenschaft für ihre Arbeit. Anfang der 1990er Jahre begann Crane, für die Deutsche Welle in Köln zu arbeiten. Für die Sendungen "Across the Atlantic" und "European Journal" schickte man sie quer durch die Welt. Sie berichtete von der Auflösung der Franco-Diktatur in Spanien und vom Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag. Inzwischen ist sie politische Chefkorrespondentin der Deutschen Welle, moderiert die Polit-Talkshow "Quadriga" und ist gefragter Gast in vielen Sendungen - vor allem wenn es um transatlantische Themen geht.

Melinda Crane vor dem Brandenburger Tor
Melinda Crane moderiert die DW-Sendung "Quadriga"

Es ist ihr wichtig, dass die USA und Deutschland in einem guten Verhältnis zueinander stehen, "denn viele Themen kann man nur angehen, in dem man zusammenarbeitet". Gerade im Hinblick auf die Ukraine-Krise und das, was sich in Syrien und dem Irak abspielt, sei das sehr wichtig. Das Schlüsselwort heißt für sie deswegen "Dialog". Beide Nationen teilen ihrer Meinung nach den Willen, mit dem Anderen zu reden und sich auszutauschen. In ihrem Jura-Studium habe sie außerdem gelernt, dass erst durch den Zusammenstoß von Ideen eine Annäherung an die Wahrheit herauskommt.

"Das Leben im Ausland schärft den Blick"

In ihren Sendungen verkörpere sie oft eine amerikanische Stimme, sagt Crane. Dabei versuche sie, differenzierte Perspektiven zu skizzieren. Besonders aber wenn sie Themen kommentiere, merke sie, wie wichtig es sei, den Menschen Grauzonen und Vorurteile vor Augen zu führen. "Viele Leute projizieren etwas, was es vielleicht gar nicht gibt und sind dann emotional enttäuscht. Ihr Wandeln zwischen zwei Welten betrachtet sie dabei als Vorteil. "Das ist ein ganz interessanter Blick, den man entwickelt. Man gehört weder in die USA, noch ganz nach Deutschland. "Durch die vielen Jahre im Ausland und auch durch die Erfahrungen als Reporter, schärfe sich aber der Blick, so Crane - zum Teil verfremdet, aber man könne dadurch Dinge erkennen, die nicht für jeden sichtbar seien.

Melinda Crane spricht bei der Preisverleihung (Foto: DW/Steudel)
Melinda Crane steht nicht nur zwischen beiden Flaggen - sondern irgendwie auch zwischen beiden LändernBild: DW/N. Steudel

Mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede

Am Ende müssten sich beide Seiten - Deutschland und die USA - einfach wieder auf ihre Gemeinsamkeiten besinnen, meint John B. Emerson, Botschafter der Vereinigten Staaten in Deutschland. "Junge Menschen in Amerika und junge Menschen in Deutschland sind sich nämlich eigentlich sehr ähnlich, vor allem in ihrer Sicht auf die Welt", meint Emerson. Es bereite ihm deswegen große Sorgen, wenn er wie vor kurzem lesen müsse, dass manche Deutsche die Vereinigten Staaten in einen Topf mit Russland würfen. Es sei von großer Bedeutung, dass beide Seiten starke Bindungen zueinander hätten. "Egal ob es um Ebola, die Ukraine, den mittleren Osten oder den Klimawandel geht: Eine gute deutsch-amerikanische Beziehung ist bei all diesen Themen extrem wichtig."

US-Botschafter John B. Emerson spricht bei der Preisverleihung (Foto: DW/Steudel)
US-Botschafter John B. Emerson betont die Gemeinsamkeiten beider NationenBild: DW/N.Steudel

Zusammenarbeit statt Misstrauen

Das sieht auch Melinda Crane so. Nach 25 Jahren als "interkultureller Interpret" wisse sie aber, dass die transatlantischen Beziehungen sehr widerstandsfähig seien. Auch in schweren Zeiten ginge die konstruktive Zusammenarbeit weiter. Dies deutlich zu machen, gehöre zu den Botschaften, die sie immer wieder mitteilen wolle, so Crane. Für sie sei es ein Privileg, am Dialog zwischen Deutschland und den USA beteiligt zu sein. "Wenn meine Arbeit ein wenig dabei hilft, die schwierigen Zeiten zu überbrücken, freue ich mich."