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In der Krise an die Weltspitze

18. Februar 2010

Die deutschen Werkzeugmaschinenbauer sind Krisen gewöhnt - im letzten Jahr haben sie sich an Japan vorbei an die Weltspitze geschoben. Und sie fühlen sich bestens gerüstet für den nächsten Aufschwung.

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Zahnräder greifen ineinander (Bild: Profilabor)
Die deutschen Werkzeugmaschinenbauer bezeichnen sich gerne als das Herz der IndustrieBild: Profilator
Ein Ingenierur überprüft die Bohrungen am Kopfstück einer Pressenanlage (Archivbild: dpa)
Weltweit gefragt: Deutsche Präzision im WerkzeugmaschinenbauBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Die deutschen Werkzeugmaschinenbauer bezeichnen sich gerne als das Herz der Industrie. Denn sie bauen die Maschinen, mit denen andere dann Industrieprodukte herstellen. Deshalb spüren sie das Auf und Ab der Konjunktur besonders früh und besonders intensiv - und sie sind daran gewöhnt, sie können damit umgehen. 2009 haben sie 55 Prozent weniger Aufträge hereingeholt als ein Jahr zuvor. Doch seit September steigen die Auftragseingänge wieder, sagt Martin Kapp, Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken.

Und als Zugpferd erweist sich wieder einmal China. "Mit einem Zuwachs der deutschen Ausfuhren von elf Prozent ist der chinesische Markt für uns nun fast dreimal so groß wie die USA auf Platz zwei", sagt Kapp. Und noch ein Umstand hat den Deutschen geholfen, die Krise ohne eine einzige Insolvenz zu überstehen: Sie bauen vornehmlich kundenspezifische Spezialmaschinen, während die Japaner, mit denen sich die Deutschen seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, hauptsächlich Standardmaschinen liefern.

Stammbelegschaft retten

VDW- Vorsitzender Martin Kapp (Foto: dpa)
Warnt vor einer Kreditklemme: VDW- Vorsitzender Martin KappBild: picture-alliance / dpa

"Wir sind weit an den Japanern vorbeigezogen - in Japan ist die Produktion um 60 Prozent auf rund fünf Milliarden Euro doppelt so stark eingebrochen wie bei uns", sagt Kapp. Mit der Folge, dass sich die Deutschen mit einem Weltmarktanteil von über 21 Prozent jetzt Weltmarktführer nennen dürfen. Und diese Titel wollen sie behalten. Deshalb haben sie in der Krise - trotz eines Produktionseinbruchs von 30 Prozent - nur zehn Prozent der Stellen abgebaut. Jetzt arbeiten rund 66.000 Männer und Frauen bei den rund 350 Unternehmen der Branche. "Viele, wenn nicht alle Unternehmen wollen ihre Stammbelegschaft über die Krise hinweg retten, weil sie wissen, dass sie die qualifizierten Mitarbeiter für eine erfolgreiche Zukunft dringend benötigen."

Und von einer erfolgreichen Zukunft ist die Branche fest überzeugt. Sie hat in den Boomjahren bis 2008 ein dickes Polster angelegt, die Eigenkapitalquote stieg im Schnitt auf fast 36 Prozent. Deshalb sieht sich die Branche gut gerüstet für den nächsten Aufschwung. Strukturelle Probleme kann Martin Kapp jedenfalls nicht ausmachen: "Wir haben keine Herstellerkrise, die etwa auf strukturelle Schwächen zurückzuführen wäre, sondern eine Investitionskrise bei unseren weltweiten Kunden."

Verkehrter Ansatz

Ein Montageschlosser arbeitet an einer Werkzeugmaschine für den Automobilbau (Foto: dpa)
Von den Banken schlechter eingestuft: Maschinenbauer für die AutomobilindustrieBild: picture-alliance /ZB

Bleibt die Frage, ob das die Banken genauso sehen. Mit Sorge beobachtet Martin Kapp, dass der Anteil des Maschinenbaus im Kreditportfolio der Geschäftsbanken abnimmt. Wer Kunden in der Automobil- und Zulieferindustrie beliefert, werde pauschal schlechter eingestuft und bekäme schlechtere Konditionen, sagt er. Mitunter übten die Banken sogar Druck im Hinblick auf Personalanpassungen aus - und das alles mit dem Hinweis auf die schlechten Zahlen, die in der Bilanz des Jahres 2009 stünden. "Das ist genau der verkehrte Ansatz, weil die Zukunftsfähigkeit der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie überhaupt nicht mehr beachtet wird. Da geht es nur noch um Vergangenheitszahlen. Und wenn man das als alleiniges Kriterium nimmt für eine Kreditvergabe, dann ist das tödlich."

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Insa Wrede