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In Spanien Mutter, in Deutschland nichts

Ines Neumann15. Juli 2012

Für gleichgeschlechtliche Paare ist die Ehe in Deutschland noch nicht geöffnet. Andere Länder sind weiter, etwa Spanien. Doch wenn ein spanisch-deutsches Frauenpaar nach Deutschland zieht, kommt es zu Problemen.

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Patricia und Katharina, ein spanisch-deutsches Lesbenpaar mit ihrem Sohn; Copyright: Ines Neumann
Binationale PartnerschaftBild: Ines Neumann

Strahlend hält Patricia ihr Baby im Arm. In ihrem Heimatland ist die Spanierin eine verheiratete Frau - und Mutter eines acht Monate alten Jungen. Hier in Deutschland jedoch nennt sich ihr Familienstand "eingetragene Lebenspartnerschaft". Das Kind ist lediglich der Sohn ihrer deutschen Partnerin Katharina. Vor drei Jahren haben die beiden in Spanien geheiratet, "wo das auch ganz offiziell möglich ist. Die haben eine sogenannte geschlechtsneutrale Ehe, mit allen dazugehörigen Rechten“, erklärt Katharina. "Wenn ein Kind in diese Ehe hineingeboren wird, ist es automatisch das Kind der beiden Partner."

In Spanien Mutter

Die Deutsche Katharina brachte den Jungen in Spanien zur Welt. Dort lebte die Mutter-Mutter-Kind-Familie ganz offiziell. Patricias Mutterschaft wurde selbstverständlich anerkannt und nie in Frage gestellt. Wichtig sei eine deutliche Gesetzeslage, die besagt, dass auch gleichgeschlechtliche Beziehungen gleichwertig zu behandeln seien, meint Katharina. Das spürte die junge Familie auch im Alltag. "Man merkt gleich, dass es einen völlig anderen Rückhalt gibt, in einer eher konservativen Bevölkerung", erzählt Katharina. 

Patricia und Katharina, ein spanisch-deutsches Lesbenpaar mit ihrem Sohn; Copyright: Ines Neumann
Mutter-Mutter-Kind-Familie in Spanien, in Deutschland nur "eingetragene Lebenspartnerschaft"Bild: Ines Neumann

Dabei ist Spanien nicht das einzige Land, das die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet hat. Auch in Belgien, den Niederlanden, Schweden und Norwegen können homosexuelle Paare heiraten. In Deutschland wird solch eine Ehe nur als eingetragene Lebenspartnerschaft anerkannt. Und die ist sowohl im Steuer-, als auch im Familienrecht der Ehe zwischen Mann und Frau nicht gleichgestellt. Ärzte dürfen zum Beispiel keine künstliche Befruchtung durchführen und wird ein Kind in die Partnerschaft hineingeboren, dann ist es offiziell nur das Kind der leiblichen Mutter. Leider konnten Katharina und Patricia nicht in Spanien bleiben. Aus beruflichen Gründen zogen sie nach Deutschland. Dort begannen die Probleme.

In Deutschland begannen die Probleme

Die deutschen Behörden konnten mit den spanischen Papieren nichts anfangen. Auf der Geburtsurkunde des Kindes standen nämlich zwei Frauen. "Es hieß erst, Patricia sei nicht seine Mutter, dann hieß es, ich sei nicht seine Mutter." Wenn Katharina über diese Zeit spricht, redet sie schnell und aufgeregt. Denn vorübergehend hatte ihr Kind offiziell keine Eltern, bis zumindest sie selbst wieder als Mutter eingetragen wurde.

Wer denkt, Katharina und Patricia seien ihre Familienplanung ahnungslos angegangen, der irrt. Gemeinsam mit Kathrin Darlatt, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Leipzig, waren sie alle denkbaren Szenarien vorher durchgegangen. Katharina und Patricia hätten sich in alle möglichen Richtungen belesen und informiert, beteuert Kathrin Darlatt, aber manchmal offenbare die Praxis dann unvorhergesehene Dinge. Die Gleichstellungsbeauftragte kann Paaren wie Katharina und Patricia zum Beispiel damit helfen, indem sie berät oder direkt andere zuständige Ämter anruft. Damit erspart sie lange und offizielle Wege.

 Patricia muss in Deutschland adoptieren

Schnell war klar, dass die Spanierin Patricia nach deutschem Recht den Jungen ihrer Lebenspartnerin adoptieren muss. Durch eine sogenannte Stiefkindadoption ist das in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft möglich und eigentlich kein großes Problem. Im Durchschnitt dauert eine Stiefkindadoption in Leipzig ungefähr ein Jahr. Nur bei Katharina und Patricia klappte das nicht, denn Patricia ist momentan erwerbslos. Das sei aber bei Wissenschaftlern immer so, erklärt Katharina, man habe mal einen Postdocvertrag, verdiene nicht viel und müsse viel umziehen. Doch leider müsse der, der adoptieren will, nachweisen, dass er für den Unterhalt des Kindes aufkommen kann. „Das ist in Prinzip unlogisch, denn Patricia ist diejenige, die sich um ihn kümmert,“ Katharina schüttelt entschieden den Kopf. Sie hat momentan einen kleinen Job und Patricia ist, würde man es im traditionellen Familienbild ausdrücken, Hausfrau und Mutter. Die Familie hat sich eingespielt und solange nichts passiert, funktioniert diese Familie. Doch Katharina macht sich Sorgen: „Wenn irgendetwas mit ihm ist, Patricia kann keine Entscheidungen treffen. Sie zählt offiziell nichts.“

Patricia und Katharina, ein spanisch-deutsches Lesbenpaar mit ihrem Sohn; Copyright: Ines Neumann
In ihrem Heimatland hat die Spanierin Patricia den Sohn ihrer Partnerin adoptiertBild: Ines Neumann

Deutsches und spanisches Recht treffen aufeinander

Thomas Rauscher von der Universität Leipzig hält Patricias Arbeitslosigkeit nicht für problematisch. Denn hinter dem von dem Leipziger Behörden geforderten Unterhaltsnachweise verberge sich der Gedanke, dem Jungen keinen anderen Elternteil wegzunehmen, der finanziell besser in der Lage wäre, für das Kind zu sorgen, weiß der Jurist. In Katharinas und Patricias Familie gibt es aber keinen Kindsvater, sondern nur einen anonymen Spender. Juristisch schwieriger dagegen ist die spanische Ehe der beiden. Denn: Bei einer Stiefkindadoption gilt das Heimatrecht derjenigen, die adoptieren will. Und in Spanien ist Patricia bereits die Mutter. Thomas Rauscher schlussfolgert: „Das spanische Recht hilft uns in Ansehung dieser Adoption nicht, weil es sagen würde: Diese Adoption ist ja gar nicht nötig.“ Sie ist nicht nötig, weil eine Mutter ihr eigenes Kind weder adoptieren kann noch muss. Trotzdem bewertet Thomas Rauscher Katharinas und Patricias Situation durchaus positiv. Grundsätzlich sehe er keinen Grund die Adoption zu verweigern, „ich denke eher, dass hier kollisionsrechtliche Fehler begangen worden sind, die man gerade rücken sollte“, schätzt er die Lage ein.

Einfach nur eine Familie sein

Um diese Fehler gerade zu rücken, bräuchten Katharina und Patricia einen Anwalt, sprich: viel Geld, Zeit und Kraft. Und davon haben sie in den letzten Monaten schon reichlich ausgeben. Kurz haben sie mit dem Gedanken gespielt, wieder nach Spanien zurückzukehren. Aber dort sei die Arbeitsmarktlage gerade schwierig, gibt Katharina zu bedenken. Patricia und Katharina wirken resigniert. Denn eigentlich wollen sie nur die Zeit mit ihrem Kind genießen.