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In Thailand sinkt das Engagement im Kampf gegen Aids

Nicola Glass, Bangkok15. November 2005

Viele Jahre galt Thailand als Erfolgsmodell im Kampf gegen HIV und Aids. Aktivisten warnen aber davor, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Es fehle an langfristigen politischen Konzepten.

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AIDS-Hospiz in ThailandBild: dpa

Aids-Aktivisten kritisieren, dass die Zahl der rund 20.000 Neuinfektionen pro Jahr (1991: 140.000) immer noch viel zu hoch sei. Vor allem unter den jungen Erwachsenen in Thailand droht sich HIV immer mehr auszubreiten. Der Grund: Die Aufklärungskampagnen der 1990er Jahre sind an der jungen Generation spurlos vorüber gegangen. Manche von ihnen fragen sogar nach, ob es Aids überhaupt noch gebe.

Dass Aids im Alltag buchstäblich verdrängt wird, habe vor allem mit mangelnder Aufklärung zu tun, meint Senator Jon Ungpakorn, ein langjähriger Aids-Aktivist: "Es gibt immer noch Menschen, die mit HIV und Aids leben, die sich nicht bewusst sind, dass sie das Recht auf entsprechende Medikamente haben, und die in der Gesellschaft stigmatisiert und diskriminiert werden."

600.000 Infizierte

Thailand gehört zu den Ländern, die seit vielen Jahren so genannte Generika produzieren. Das sind preisgünstige Kopien jener Marken-Präparate, die in Industrieländern um ein Vielfaches teurer sind. Diese anti-retroviralen Medikamente ermöglichen es den Infizierten, relativ beschwerdefrei mit ihrer Krankheit zu leben. Kostenpunkt der Kombinationspille pro Monat: Nur etwa 1200 Thai-Baht - umgerechnet knapp 30 US-Dollar.

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Sextourismus (Hochburg: Pattaya) fördert das HIV-RisikoBild: dpa

Rund 600.000 Menschen in Thailand sind nach offiziellen Schätzungen mit HIV infiziert - bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 65 Millionen. Mehr als 80.000 HIV-Erkrankte kommen derzeit in den Genuss einer anti-retroviralen Behandlung. Kürzlich hatten Thailands Politiker sogar allen Erkrankten einen Zugang zur entsprechenden medizinischen Versorgung versprochen.

Doch dieses Zugeständnis reicht langfristig nicht aus. Es fehle an Maßnahmen, die verhinderten, dass es überhaupt zur Ansteckung komme, sagt die Aktivistin Pawana Wienrawee: "Wir müssen die Ressourcen selbst beschaffen. Wir bekommen sie von internationalen Gebern oder von den privaten und lokalen Gemeinschaften hierzulande. Die Unterstützung der Regierung hat abgenommen. Früher gab es die Kondome für Sex-Arbeiter umsonst sowie einen regulären Gesundheitscheck, das alles gibt es jetzt nicht mehr."

Verhandlungen über Freihandelsabkommen

Und noch etwas bereitet den Nicht-Regierungs-Organisationen Sorge: die Verhandlungen Thailands mit den USA über ein Freihandelsabkommen. Weil die Amerikaner dafür bekannt sind, bei solchen Abkommen auf den Schutz von geistigem Eigentum zu pochen, sehen Beobachter für die Herstellung weiterer Generika in Thailand schwarz.

Neue, preisgünstige Präparate aber würden dringend gebraucht, sagt Senator Jon Ungpakorn: "Die Medikamente drohen immer teurer zu werden für Menschen, die sich als resistent gegen die erste Generation erwiesen haben. Und das wird den Zugang zu neuen Produkten erschweren, wenn wir keine entsprechenden Maßnahmen schaffen, wie zum Beispiel die Pflicht-Lizensierung für die Produktion neuer Generika."

Auf all diese Probleme wollen die Aktivisten demnächst bei ihrem "People's Aids Forum" aufmerksam machen, das zwischen dem 23. und 25. November in Bangkok stattfindet - kurz vor dem Welt-Aids-Tag am 1. Dezember.