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"Indien sucht Chancen für Software-Branche"

Mahesh Jha (hs)29. März 2016

Nach mehreren Anläufen findet am Mittwoch wieder ein Gipfeltreffen zwischen Indien und der EU statt. Rajendra K. Jain erläutert im DW-Gespräch die indischen Erwartungen.

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Modi beim Frankreich-Besuch November 2015 (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/C. Petit Tesson

Erstmals nach vier Jahren findet wieder ein Gipfeltreffen zwischen Indien und der EU statt. Sehen sie darin eine Wiederbelebung der bilateralen Zusammenarbeit?

Diese Zusammenarbeit hat nie aufgehört. Die verspätete Abhaltung des Gipfels hängt damit zusammen, dass der damalige Ministerpräsident Manmohan Singh sich konkrete Ergebnisse von dem für 2013 geplanten Gipfeltreffen gewünscht hatte, und zwar bezüglich eines Freihandelsabkommens. Danach gab es Parlamentswahlen in Indien, so dass der Gipfel abermals verschoben werden musste.

Ministerpräsident Modi (Artikelbild) war vergangenes Jahr sehr an einem Treffen mit EU-Vertretern interessiert, jedoch konnte das Treffen wegen der Frage der (beiden in Indien wegen der Tötung von indischen Fischern angeklagten) italienischen Marinesoldaten wiederum nicht stattfinden. Der bevorstehende Gipfel wird nun hoffentlich die bilateralen Beziehungen wieder ins rechte Gleis bringen.

Das Gerichtsverfahren gegen die zwei italienischen Soldaten in Indien hat die bilateralen Beziehungen beeinträchtigt, wie Sie sagen. Hat sich die Lage inzwischen verbessert?

Die Beziehungen zwischen Indien und der EU sind in erster Linie von Wirtschaft und Handel geprägt. Sie haben sich während des letzten Jahrzehnts zu einer strategischen Partnerschaft erweitert. Die Wirtschaftsbeziehungen sind intakt, trotz eines Rückgangs beim Handel aufgrund der Finanzkrise und des globalen Handelsrückgangs.

Darüber hinaus unterhält Indien starke Beziehungen zu vielen EU-Staaten, mit einer Reihe von deren Regierungschefs ist Ministerpräsident Modi bereits zuammengetroffen. Ministerpräsident Modi will jetzt eine Zwischenbilanz seines "Make in India"-Projekts ziehen. Indien sucht für seine Entwicklung und Modernisierung Unterstützung durch Europa. Die Zusammenarbeit mit einzelnen EU-Staaten hat in dieser Hinsicht bereits Fortschritte gebracht, nun wird man sehen müssen, welche zusätzlichen Impulse die EU als Ganzes diesem Projekt geben kann. Es gibt jedenfalls bereits Anzeichen dafür, dass Indien gute Anregungen von der EU ("best practice") für die Optimierung von Schlüsselprojekte im Rahmen von “make in India“ bekommen kann.

Rajendra K. Jain von der Jawaharlal Nehru University (Foto: privat)
Jain: "Indien-Politik der EU-Außenbeauftragten Mogherini wurde auch von EU-Seite kritisiert"Bild: privat

Die Lösung der Frage der italienischen Marinesoldaten wird beim Indien-EU-Gipfel ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Ist damit zu rechnen, dass die Frage auf dem Gipfel gelöst werden kann?

Ich glaube nicht, dass dieses Thema ganz oben auf der Tagesordnung stehen wird. Nachdem die Frage beim Obersten Gerichtshof Indiens anhängig war, liegt sie jetzt in der Zuständigkeit eines Gerichts in Hamburg. Es sei auch daran erinnert, dass die EU ihre außenpolitische Beauftragte Federica Mogherini kritisiert hat, weil letztere die gesamten Beziehungen zwischen der EU und Indien dem Konflikt um die Marinesoldaten untergeordnet hat. So lehnte sie vergangenes Jahr die Abhaltung eines Gipfels ab, trotz der anderslautenden Empfehlung des EU-Kommissionspräsidenten. Danach wurde Druck auf sie ausgeübt, die Gespräche nicht länger hinauszuzögern.

Zwischen Indien und der EU gibt es auch Meinungsverschiedenheiten zum Thema Freihandel. Wird es hier einen Durchbruch geben?

Diese Differenzen gibt es, sie lassen sich aber überbrücken. Bereits jetzt haben beide Länder manche Einfuhrzölle gegenseitig auf null gesenkt. Die EU hat dementsprechend eine große Marktpräsenz in Indien. Was Indien sich konkret von dem Feihandelsabkommen wünscht, sind konkrete Möglichkeiten für seine Software-Firmen. Darüberhinaus sollen indische Software-Ingenieure die Möglichkeit haben, in den EU-Märkten zu arbeiten. Es gibt sogenannte "rote Linien" für beide Seiten, aber es geht auch nicht um ein perfektes Abkommen. Bei ausreichendem politischem Willen sollte es schon bald möglich sein, ein Abkommen zu erzielen.

Nach dem Termin in Brüssel wird Ministerpräsident Modi zu einer Konferenz über Atomsicherheit in Washington erwartet. Dieses Thema hat nach den jüngsten Terroranschlägen in Brüssel erneute Dringlichkeit bekommen. Auch die Atomanlagen Pakistans könnten zum Ziel von Anschlägen werden. Wird auch das ein Thema der Gespräche Modis in Brüssel sein?

Indien ist um die Sicherheit der pakistanischen Atomanlagen sehr besorgt. Allerdings ist dies eine Angelegenheit, in der die USA größere Möglichkeiten haben als die EU. Insofern können hierzu auch bilaterale Gespräche zwischen Indien und der EU nicht viel beitragen, aber ich denke, es wird einen Informationsaustausch auch zu diesem Thema zwischen beiden Seiten geben.

Rajendra K. Jain leitet das Programm für Europäische Studien an der Jawaharlal Nehru University in Neu Delhi.

Das Gespräch führte Mahesh Jha.