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Indien wartet auf Samstag

14. Mai 2009

Über einen Monat haben sich die Parlamentswahlen in Indien hingezogen. Jetzt sind die Wahllokale geschlossen. Und das Land wartet nach der Mammut-Abstimmung auf die Ergebnisse, die für Samstag angekündigt sind.

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Frauen stehen Schlange
Am Wochenende wissen die Inder, wen sie gewählt habenBild: UNI

"In diesem Land ist alles möglich." Das sagt ein Mann, der aus Erfahrung spricht. Er heißt Anil Maheshwari, und er hat für die Hindustan Times, für eine der größten Tageszeitungen des Landes, schon viele Wahlschlachten beobachtet.

Einen ganzen Monat lang dauerte die Wahl zum Nationalen Parlament, das ist tatsächlich einmalig auf der Welt. Die Wahlen für das indische Unterhaus wurden aus Sicherheitsgründen und aus organisatorischen Gründen in fünf Runden abgehalten. Überhaupt ist die Statistik dieser Mammutwahl in der zahlenmäßig größten Demokratie der Welt ziemlich einzigartig und kaum fassbar. Rund 714 Millionen Wähler gaben ihre Stimme für über 4600 Kandidaten ab, die wiederum für eine von über 300 Parteien antraten.

Bilanz nach fünf Wahlphasen

Es gab mehr als 820.000 Wahllokale, in denen weit über eine Million elektronische Wahlmaschinen standen. Die haben nach Angaben der Wahlkommission im Großen und Ganzen gut funktioniert. Weitere Terrorattacken, die nach den Anschlägen von Mumbai im November befürchtet worden waren, blieben aus. Trotzdem hat es im Wahlverlauf Anschläge und gewalttätige Ausschreitungen gegeben, bei denen nach unterschiedlichen Angaben bis zu 50 Menschen ums Leben gekommen sind.

Der indische Premierminister Manmohan Singh
Der indische Premierminister Manmohan SinghBild: UNI

Die offiziellen Ergebnisse der Parlamentswahlen gibt es an diesem Samstag. Erst dann wird das Milliardenvolk der Inder wissen, wer sie in den nächsten 5 Jahren regieren wird. Noch aber tun sich selbst Experten schwer mit einer Prognose. "Ich bin kein Wahrsager", drückt Politik-Veteran Anil Maheshwari von der Hindustan Times es aus, "und am Anfang hätte ich nicht gedacht, dass die BJP mehr als 100 Sitze bekommen würde. Aber jetzt könnten daraus bis zu 170 werden". Das wiederum würde bedeuten, dass die BJP eine Regierung der Nationalen Allianz anführen könnte.


Schwierige Machtverhältnisse

Junge mit BJP-Symbol im Gesicht
Dieser Junge kann zwar noch nicht selbst wählen, outet sich aber schon als BJP-AnhängerBild: UNI

Fast alle Beobachter sind sich darin einig, dass die säkulare Kongress-Partei von Sonia Gandhi und Premierminister Manmohan Singh und die hindu-nationalistische BJP mit ihrem Spitzenkandidaten Advani die besten Chancen haben. Ganz alleine wird aber keine von beiden regieren können. Denn die indische Politik leidet darunter, dass die Parteienlandschaft regional und lokal sehr zersplittert ist. Außerdem spielen Kasten- und Religionszugehörigkeit eine entscheidende Rolle. Die Kongress-geführte Regierung von Manmohan Singh hat in den letzten Jahren 12 Koalitionspartner gebraucht und dazu noch von außen die Unterstützung der kommunistischen Partei. Auch der Wahlkampf hat gezeigt, wie zerfasert die indische Innenpolitik ist. Nationale Themen wie Sicherheits- oder Wirtschaftspolitik, in denen sich Kongresspartei und BJP kaum unterscheiden, haben kaum eine Rolle gespielt. Es geht den Menschen um lokale Themen, die sie unmittelbar betreffen.

Die große Mehrheit der Inder lebt nach wie vor auf dem Land. Das sind rund 700 Millionen Menschen, von denen viele bitterarm sind. Hoffnungen, dass sich für ihn persönlich nach der Parlamentswahl etwas ändert, hat dieser Wasserverkäufer aus einem Dorf vor den Toren von Delhi jedenfalls nicht. "Mir ist ganz egal, wer diese Wahl gewinnt. Arm bleibt arm. Wir haben nicht genug zu essen, wir haben noch nicht mal genug Reis. Wir brauchen eine Regierung, die sich um die Armen kümmert."



Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Esther Broders