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Indische Zensur verbietet renommierten Film

Ulrich von Schwerin / (fro)26. August 2004

Bei den diesjährigen Berliner Filmfestspielen gefeiert, in Indien auf dem Index. So ist es dem indischen Regisseur Rakesh Sharma mit seinem Dokumentarfilm "Final Solution" (Endlösung) ergangen.

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Verboten: Dokumentarfilm über die Unruhen in Gujarat im Frühjahr 2002Bild: AP
Rakesh Sharma
Regisseur Rakesh SharmaBild: AP

"Final Solution" hat Rakesh Sharma seine vierteilige Dokumentation genannt: "Endlösung". Der Titel ist provokativ, der Film politisch brisant. Detailliert zeichnet er Ursachen und Hintergründe der Unruhen von Gujarat auf, bei denen im Februar 2002 über zweitausend Muslime ermordet und Hunderttausende vertrieben wurden.

Anschlag oder Unfall?

Die Unruhen begannen, als ein muslimischer Mob einen Zug mit Hindu-Aktivisten überfiel und in Brand setzte: 58 Menschen, meist Frauen und Kinder, kamen in den Flammen ums Leben. So stellten es zumindest die radikalen Hindu-Nationalisten dar, denn bis heute ist nicht geklärt, ob es sich tatsächlich um einen gezielten Anschlag oder nur um einen Unfall handelte.

Unruhen in Gujarat 2002
Unruhen in GujaratBild: AP

Ob Anschlag oder Unfall, es war der geeignete Anlass für die Hindu-Nationalisten ihre Pläne zur Vertreibung der muslimischen Minderheit in die Tat umzusetzen. Denn es erwies sich schnell, dass die Unruhen keineswegs spontan waren. Die Banden radikaler Hindu-Aktivisten, welche plündernd und mordend durch die Straßen zogen, waren gut ausgerüstet, diszipliniert und gingen systematisch vor.

Die Regierung schaut zu

Während Muslime in ihren Häusern verbrannt, auf offener Straße vergewaltigt und grausam ermordet wurden, schaute die Polizei zu. Über Wochen unternahm die Regierung nichts, um das Morden zu beenden. Rakesh Sharma lässt in seinem Film keinen Zweifel daran, dass die Regierung von Gujarat direkt für die Unruhen verantwortlich war. Die Regierung in Gujarat wird von der hindu-nationalistischen Bharatija Janata Party (BJP) gestellt, wie damals auch die Zentralregierung in Neu Delhi.

Die BJP bildet den politischen Arm der radikalen Hindu-Nationalisten. Deren anderer Arm, die militante Freiwilligenorganisation Rhastriya Swayamsevak Sangh (RSS), war die Hauptantriebskraft der Unruhen. Daher zeigte sich die Regierung auch in der Folgezeit nicht an der Aufklärung der Verbrechen interessiert. Die Täter wurden bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen.

Angespannte Lage

Dies werde sich nun ändern, glaubt Kamal Roy, Filmdirektor des "Berlin Asia-Pacific Film Festivals". Denn seit den Parlamentswahlen im Mai regiert in Delhi die säkulare und pro-muslimische Kongresspartei. Sie hat versprochen, die Täter der Unruhen von Gujarat zur Verantwortung zu ziehen. Doch angesichts der weiterhin gespannten Lage zwischen Hindus und Muslimen möchte der Kongress alles vermeiden, was die Stimmung zusätzlich anheizen könnte. So erkläre sich auch das Verbot von "Final Solution" durch die Zensur, meint Kamal Roy: "Eigentlich ist das Thema sehr wichtig und muss gezeigt werden. Doch der Zeitpunkt ist im Moment, denke ich, nicht günstig. Wenn man es erst mal ruhen lässt, glaube ich, ist das für die Allgemeinheit vorteilhaft."

Kritische Filme über das eigene Land

Ein weiterer Film über die Unruhen in Gujarat ist im Juni 2004 in den indischen Kinos angelaufen: "Dev". "Dev" ist keine Dokumentation, sondern ein Spielfilm, der die Geschichte eines Polizisten erzählt, der entgegen dem Befehl der Politiker bei den Unruhen einschreitet. "'Dev' war eigentlich ein sehr schöner Film, und viele haben das sehr gut gefunden, dass der Regisseur den Mut hatte, den Minister direkt zu zeigen und zu sagen, dass es seine Befehle waren", sagt Roy

Vom breiten Publikum jedoch ist er reserviert aufgenommen worden. Offensichtlich werden in Indien kritische Filme über das eigene Land nicht nur von den Politikern nicht gern gesehen.