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Industriekultur an Rhein und Main

dpa/(pg)3. Juni 2002

Das Image des Rhein-Main-Gebiets ist das einer Dienstleistungsgesellschaft. Deutlichstes Symbol dafür: die Frankfurter Bankentürme. Die Industriegeschichte der Region interessiert niemanden. Das soll sich jetzt ändern.

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Das Herz der Region: Frankfurt/M.Bild: AP

Eine "Route der Industriekultur" soll das industrielle Erbe an Rhein und Main künftig wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken. Bis zu 150 Industrie-Denkmäler sollen künftig mit Hinweistafeln versehen und in Broschüren erläutert werden - und über eine Route erwandert, per Rad, S-Bahn, Bus oder Auto erkundet werden. "Für die Industrie-Epoche interessiert sich bisher kaum jemand – im Unterschied zu Barockschlössern und Fachwerkhäusern", sagt der Frankfurter Kunsthistoriker und Fachmann für Industriekultur, Peter Schirmbeck, der die Idee zu einer Route hatte: "In der Region ruht ein großer Schatz, der im Dornröschenschlaf liegt."

Idee muss populär gemacht werden

Der Planungsverband Frankfurt Region RheinMain will diesen Schatz nun heben. Er hat die Idee Schirmbecks aufgegriffen und treibt sie voran. Schirmbeck und das Architekturbüro ABS Frankfurt haben eine Pilotstudie zu einer "Route der Industriekultur" gemacht, wie es sie seit 1999 bereits im Ruhrgebiet gibt. Darin haben sie festgestellt, dass industrielle Produktion "eine wenig geeignete Basis für Stolz und Identifikation ist, wie wir sie aus dem Handwerk kennen". Im Revier ist Industriekultur allerdings sehr präsent. 19 Industrie-Denkmäler, darunter der Gasometer in Oberhausen und die Zeche Zollverein in Essen, sind zu einer Route zusammengeschlossen. Was die Rhein-Main-Route einmal kosten wird, ist noch völlig unklar. "Es geht jetzt zunächst darum, die Idee populär zu machen", sagt Verbandssprecher Franz Blum.

Ausstellung zeigt mögliche Standorte auf

Unter den potenziellen Standorten zwischen Aschaffenburg und Bingen sind Fabriken, Handels- und Umschlagplätze, Eisenbahnbrücken, Siedlungen, Kraftwerke - erbaut ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu den Orten zählen die Farbmühle der ehemaligen Cassella-Werke in Frankfurt, die Dyckerhoff-Zementwerke in Wiesbaden, der Peter-Behrens-Bau der ehemaligen Farbwerke Höchst, die Mainwerft in Gustavsburg und die Eisenbahnbrücke in Mainz-Kostheim.

Einige der Standorte werden noch genutzt, andere liegen brach, wieder andere sind umgenutzt worden - wie die Naxoshalle in Frankfurt, eine alte Fabrikhalle, in der früher Schleifmittel produziert und heute Theater gespielt wird. Vom 21. Januar an zeigt eine Ausstellung in der Frankfurter Industrie- und Handelskammer zwei Wochen lang auf Fotos und Karten 66 Objekte.

Route soll Einheimische und Touristen anlocken

Mit der Erstellung der Route sollen Kultur- und Freizeitangebote entwickelt werden, damit Besucher vor Ort Industriearchitektur, Technik und Arbeitswelt, Wirtschafts- und Sozialgeschichte erfahren können, wie Schirmbeck erläutert. So könnten in derzeit leer stehenden Fabrikhallen Ausstellungen stattfinden.

Die Route soll auch einen Beitrag zu einem stärkeren Regionalbewusstsein leisten. Dies sei gerade in einem schärfer werdenden Standortwettbewerb wichtig, weil Aufgaben der Region in enger Kooperation gelöst werden müssten, sagt der Staatssekretär im hessischen Wirtschaftsministerium, Herbert Hirschler (FDP). Zudem soll die Route Touristen anlocken - Planungsverbandsdirektor Alfons Faust sieht in den Orten der Industriekultur ein "schlummerndes Potenzial".