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Informationssteuerung in der Hauptstadt

Wolter von Tiesenhausen17. September 2004

Darf man über Politiker reden? Selbstredend! Aber nach Möglichkeit doch so, wie es die Politiker gerne hätten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

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Wolter von Tiesenhausen
Wolter von Tiesenhausen

Grundsätzlich haben Politiker nichts dagegen, wenn in der Öffentlichkeit über sie geredet wird. Im Gegenteil: je häufiger desto besser. Schließlich ist ein Politiker auf den guten Willen und die daraus resultierende Unterstützung seiner Mitmenschen angewiesen. Ohne das Votum der Wähler wäre zum Beispiel Gerhard Schröder weder Abgeordneter noch Bundeskanzler, sondern lediglich ein sicherlich tüchtiger aber relativ unbekannter Rechtsanwalt in Hannover.

Einstweilige Verfügung als Prophylaxe

Doch der öffentlichen Beschäftigung mit seiner Person setzt der Kanzler Grenzen. So ließ er durch ein Gerichtsurteil die Beschäftigung mit der Qualität und insbesondere der Farbechtheit seiner Haupthaare untersagen. Jetzt kam eine einstweilige Verfügung gegen das Kinderhilfswerk "terre des hommes" hinzu. Ihr wurde bereits im Vorfeld einer Pressekonferenz verboten, sich öffentlich zu der Adoption eines dreijährigen russischen Mädchens durch Ehepaar Schröder zu äußern.

Alles Private tabu?

Diese Informationssteuerung könnte Schule machen. Alles Private wäre dann tabu, nur das in Amt und Mandat begründete darf nachgefragt werden. Von der Kosmetik über das Familienleben, die Freizeitgestaltung und etwaige Wehwehchen bis hin zur Zusammensetzung des Freundeskreis. all' dieses verfiele der Zensur. Nur das Amtlich-Vordergründige würde sich in Schlagzeilen wiederspiegeln. Die Journalisten hätten ein leichtes Leben, die Leser, Hörer, Zuschauer würden vor Langeweile gähnen und darüber möglicherweise das Wählen vergessen. Und das - bei allem Respekt - kann auch der Kanzler eigentlich nicht wollen.