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Politik

Insiderin beschreibt russische Trollfabrik

Juri Rescheto
19. Februar 2018

Ljudmila Sawtschuk heuerte einst bei der berüchtigten russischen Trollfabrik in St. Petersburg an, um sie zu entlarven. Im DW-Interview spricht sie über die Menschen, gegen die in den USA Anklage erhoben wurde.

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Computer-Tastatur
Bild: picture-alliance/dpa/J. Lübke

DW: Kennen Sie einen der 13 Russen aus der sogenannten Trollfabrik in St. Petersburg, gegen die nun in den USA Anklage erhoben worden ist, weil sie unter anderem versucht haben sollen, über soziale Netzwerke die dortige Präsidentschaftswahl 2016 zu beeinflussen?

Ljudmila Sawtschuk: Vor meiner Einstellung kannte ich drei Namen: Prygoschin, Burtschik und Bystrow (mutmaßliches Spitzenpersonal der Trollfabrik, Anm. d. Red.). Medien schrieben bereits 2014 über sie. Was die anderen der 13 Angeklagten betrifft, so habe ich mir ihre Profile in sozialen Netzwerken angeschaut. Sie sind mit Menschen befreundet, denen ich in der Trollfabrik begegnet bin.

Was sind das für Menschen, die jetzt in den USA angeklagt werden?

Ich glaube, dass das ganz gewöhnliche Mitarbeiter sind, von denen es viele gab. Es sind Leute, die sehr schnell Karriere machten und das Programm umsetzten, das von oben kam.

Wie ist die Arbeit einer Trollfabrik geregelt? Was gibt es für Abläufe? 

Ljudmila Sawtschuk
Aussteigerin aus der Trollfabrik: Ljudmila SawtschukBild: DW/W.Izotow

Wenn jemand zur Arbeit erscheint, wartet am Rechner schon die Aufgabe auf ihn. Es gibt eine tägliche Themenliste, die USA sind immer eines der Top-3 oder Top-5 Themen, jederzeit. Wer sich um Kommentare in Medien oder sozialen Netzwerke kümmert, bekommt seine Aufgaben mündlich.

Wie viele Mitarbeiter sind da beschäftigt?

Man kann nicht sagen, da waren rund tausend Mitarbeiter. Das ist die Zahl, die diejenigen nennen, die dort bis vor kurzem gearbeitet haben. Aber diese Fabrik ist nicht die einzige. Die Firma auf der Sawuschkina Straße ist die bekannteste - sie zieht übrigens um. Mitarbeiter in Moskau sind weniger bekannt als die in St. Petersburg. Vielleicht ist in St. Petersburg die größte Trollfabrik. Es gibt auch Leute, die von zu Hause aus arbeiten.

Was wissen Sie über die einfachen Mitarbeiter?

Es waren meistens junge Leute, um die 20. Sie kamen, um Geld zu verdienen. Die Gehälter dort waren vergleichsweise gut. Man arbeitet zwei Tage und hat dann zwei Tage frei. Ich habe mich umgehört und herausgefunden, dass es dort auch Menschen aus anderen Städten gab und ebenso aus der Ukraine. Sie brauchten Geld, um die Preise für Mietwohnungen in St. Petersburg bezahlen zu können.

Der Vorwurf in den USA heißt Einmischung in die Wahlen. Ist es möglich, ist es plausibel oder ist es eine Übertreibung?

Niemand weiß, wie stark sie die Wahlen beeinflusst haben, wie stark der eine oder der andere US-Amerikaner seine Wahlentscheidung unter dem russischen Einfluss geändert hat. Es gab diese Einmischung zweifellos. Auch wenn nur eine einzige Person gegen Geld für das US-amerikanische Publikum etwas auf Englisch in sozialen Netzwerken geschrieben hätte, wäre das ein Einmischungsversuch. Ich habe keine Zweifel, dass die USA mit der Anklage das Richtige tun. Natürlich waren es keine 13 und keine 130 Personen. Dahinter steckt eine umfassende Arbeit, die immer noch fortgesetzt wird. Ich schätze, gegen die Menschen auf der Liste gab es ausreichend Beweise für eine Anklage.

Das Gespräch führte Juri Rescheto.