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Institut für Nationales Gedenken stellt Ermittlungsverfahren im Fall Kardinal Wyszynski ein

8. April 2003
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Krakau, 7.03.2003 DZIENNIK POLSKI, poln

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In den nächsten Tagen wird die Ermittlungsabteilung des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) das Ermittlungsverfahren wegen der rechtswidrigen Inhaftierung des ehemaligen Primas von Polen, Kardinal Stefan Wyszynski, durch die Behörden der Volksrepublik Polen in den Jahren 1953-1956 einstellen.

Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wird damit begründet werden, dass niemand mehr am Leben sei, den man deswegen anklagen könnte. In der Begründung dieser Entscheidung werden jedoch alle rechtswidrigen Taten der damaligen Behörden aufgelistet, erfuhr die Polnische Presseagentur (PAP).

Das Ermittlungsverfahren wurde von der Ermittlungsabteilung des IPN im Oktober 2000 eingeleitet. Es wurden Zeugen gehört, u.a. Mitglieder der Familie von Primas Wyszynski. Es wurde auch ein Bevollmächtigter der Bischofskonferenz ernannt, der die Interessen der Geschädigten vertritt.

Primas Wyszynski wurde am 25. September 1953 aufgrund eines Beschlusses der Regierung der Volksrepublik Polen ohne jegliche Anklage für "unbestimmte Zeit interniert". (...)

Kardinal Wyszynski bezeichnete während seiner Verhaftung den Beschluss, der von dem damaligen Ministerratsvorsitzenden Kazimierz Mijal unterzeichnet wurde, als rechtswidrig und weigerte sich, ihn zur Kenntnis zu nehmen.

Der Primas wurde in den Klöstern in Rywaldz, Stoczek Warminski (Springborn), Prudnik Slaski (Neustadt) und Komacza unter die Aufsicht des Staatsicherheitsdienstes UB gestellt. Im Oktober 1956, nachdem Wladyslaw Gomolka an die Macht gekommen war, wurde er freigelassen.

Im Jahr 2001 enthüllte das Institut für Nationales Gedenken, dass der Staatssicherheitsdienst UB ein Ermittlungsverfahren gegen den Primas plante und versuchte, mit der Drohung, den Primas als "fremden Agenten" zu beschuldigen, ihn zum Gehorsam gegenüber der Regierung der Volksrepublik Polen zu zwingen.

Warum dieser Plan nicht durchgeführt wurde, bleibt weiterhin ungeklärt. Der Leiter des Büros für öffentliche Bildung beim IPN, Pawel Machcewicz, wies damals darauf hin, dass die Inhaftierung des Primas bereits nach Stalins Tod erfolgte und "eine souveräne Entscheidung des Politbüros des Zentralkomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei war, die von Boleslaw Bierut persönlich getroffen wurde, der sie in Moskau nur abgestimmt hatte".

In der Zeit als die kommunistischen Repressalien zunahmen, setzte sich Kardinal Wyszynski für den Schutz der Religion ein und versuchte gleichzeitig, sich mit den kommunistischen Behörden zu arrangieren. 1950 unterzeichnete er eine Vereinbarung, in der die Beziehungen zwischen Staat und Kirche geregelt wurden.

Unter seiner Leitung wurde im Jahre 1965 der berühmte Brief der polnischen Bischofskonferenz an die deutschen Bischöfe verfasst: Die Worte "Wir vergeben und bitten um Vergebung" riefen eine scharfe Reaktion der damaligen Regierung der Volksrepublik Polen hervor. Zu den engen Mitarbeitern des Primas in den sechziger und siebziger Jahren zählte der ehemalige Erzbischof von Krakau, Karol Wojtyla.

In den Jahren 1980-1981 fungierte Kardinal Wyszynski als Vermittler zwischen der Gewerkschaft Solidarnosc und der Regierung der Volksrepublik Polen. Er starb am 28 Mai 1981. Im Jahre 1989 begannen die Bemühungen um seine Seligsprechung. (Sta)