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International + Interaktiv = Indymedia

Ali Akinci24. Mai 2002

Sie nennen sich "unabhängige Medienaktivisten" – die Mitarbeiter von indymedia. Ein internationales Netzwerk mit über 70 Standorten in Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika, Australien und den USA.

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Netzwerk mit Informationsanspruch

In sogenannten Independent Media Centern (ICP) – also unabhängigen Medienzentren – sind sie aktiv: Medienaktivisten aus aller Welt. Das international gesponnene Informationsnetz im World Wide Web besteht aus kleinen "Redaktionen". Aus der Mitte des Geschehens heraus berichten – das ist ihr Ziel, sagen die Macher bei indymedia. Hautnah dran sein - auch wenn es dabei mal blaue Flecken gibt. Ob beim Castor-Transport oder bei der Antiglobalisierungs-Demonstration in Genua: Immer sind die Journalisten von indymedia zwischen den Fronten – zwischen Polizeischlagstock und Demonstranten-Pflasterstein. "Medienmachen" müsse wehtun, glaubt man hier.

Filmen um jeden Preis

Gewalt-Gipfel
Demonstration gegen den G8-Gipfel in Genua 2001Bild: AP

Bei Demonstrationen – z. B. gegen Globalisierung - versuchen die self-made-Reporter von indymedia vor Ort Berichterstattungen zu organisieren. Perfekt koordiniert mit anderen IMCs bauen heimische indymedia-Gruppen bei Events Infrastrukturen auf: Darunter verstehen sie unter anderem Internetcafés oder Ausgabestationen für Kameras und andere Aufnahmegeräte. Doch die Technik und der logistische Aufwand sind teuer. Laptops müssen gekauft und auf Protestaktionen müssen ISDN-Leitungen gelegt werden. Wie finanziert man sich? Aus der eigenen Tasche, heißt es bei indymedia. Die Medienmacher bezahlen alles selbst oder durch Spenden. Schließlich kämpfe man gegen die kapitalistische Globalisierung – und das kostet was.

Castor Transport
Deutsche Polizisten bewachen den Castor-TransportBild: AP

Eine redaktionelle Hierarchie lehnen die indymedia-Redakteure ab. Sie wollen unabhängig bleiben, wie sie sagen. Dieses Motto hat Tradition. Stammen die meisten Mitarbeiter doch aus der linken Szene. Und genau das beunruhigt wiederum Verfassungsschützer und Polizei. Denn indymedia knüpft mit ihrer Struktur an das Konzept der "Gegenöffentlichkeit" aus den 1960er und 70er Jahren an. Die Medienwerkzeuge damals – hauptsächlich Studentenzeitungen linksorientierter Bewegungen - sahen die Einheit von Aktion und Berichterstattung vor. Das heißt: Eine Aktion organisieren und dann vor Ort davon berichten.

"Selbstgemachte" Berichte

Bei diesen "selbstgemachten" Aktionen kommt die Frage auf, wie seriös solche Berichterstattungen überhaupt sein können, wenn das Medium den Anlass des Berichts selbst konstruiert? Auf diese Weise will man aber die Trennung zwischen Sender und Zuschauer zugunsten eines gleichberechtigten Kommunikationsprozesses aufheben. Und eben hierfür sei das interaktive Medium Internet besonders geeignet, befürchten die Staatshüter. Vor allem gewaltbereite linke Gruppen nutzten gelegentlich den Webauftritt von indymedia als Kommunikations- und Planungsplattform.