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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Herbert Peckmann22. Dezember 2007

Mehr Reisefreiheit in Europa

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Freie Fahrt ohne Grenzkontrollen durch 24 europäische Länder: Seit Freitag ist Schluss mit den Binnenkontrollen an den Grenzen weiterer neun EU-Mitgliedstaaten, die dem Schengen-Abkommen beigetreten sind. Freude über die neue Reisefreiheit aber auch Befürchtungen spiegeln sich in den Kommentaren der internationalen Presse.

So stellt die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau fest:

„Es ist ein epochales Ereignis. … Die Mitgliedschaft in der EU bringt uns vorerst mehr Vor- als Nachteile, und die Bewegungsfreiheit auf dem Alten Kontinent ist ein weiterer Beleg dafür. Wird die Abschaffung der Grenzen bewirken, dass wir weniger Polen und mehr Europäer werden? Keine Angst - unser Polentum wird sich wegen Beseitigung einiger Schilder nicht in der Luft auflösen. ... Wir werden freier sein, auch wenn sich das pathetisch anhört.“

Dagegen zeigt die Pariser LE MONDE mehr Verständnis für Warnungen. Das französische Blatt schreibt:

„Es ist wahrscheinlich, dass Kriminelle, Mafiosi und Dealer aller Art versuchen, von der neuen Situation zu profitieren. Alles wird nun davon abhängen, wie das Schengen-System funktioniert. Dieses System sieht nicht nur verstärkte Kontrollen an den neuen EU-Außengrenzen vor, sondern auch eine verbesserte polizeiliche Zusammenarbeit der beteiligten Staaten. In diesem Bereich bleiben die Ergebnisse aber noch weit hinter den erklärten Ambitionen der Europäer zurück. Nicht immer gibt es den nötigen politischen Willen zur Kooperation.“

Die Wiener Zeitung DIE PRESSE indessen hält Ängste nach der Schengen-Erweiterung für übertrieben. Dort lesen wir:

„Die Öffnung der Grenzen birgt ein Risiko. Aber dieses wurde von Boulevard-Medien und Politik in die Höhe getrieben. Bis nun alle Angst haben. Keine Frage: Mehr Menschen in einem Raum bringen immer auch ein höheres Risiko. … Dennoch ist die ... Angst weit übertrieben. Die Furcht etwa vor einem massenhaften Ansturm illegaler Einwanderer ist bei genauer Analyse nicht zu begründen. Das Potenzial an solchen Migranten erhöht sich durch offene Grenzen nicht.“

Die spanische Zeitung EL PERIÓDICO DE CATALUNYA aus Barcelona konstatiert:

„Die traditionelle Form der Souveränität ist veraltet. Nur die Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane in den EU-Ländern kann die notwendigen Erfolge bringen. Es macht daher immer weniger Sinn, dass Großbritannien und Irland bei der Schengener Konvention durch Abwesenheit glänzen. Sie sind die Verfechter einer nicht mehr zeitgemäßen Vorstellung von Souveränität. Sie zeigen damit, dass sie dem politischen Zusammenschluss Europas misstrauen und sich lieber dem Diktat der USA unterwerfen.“

Zum Schluss nach Italien und zur Mailänder Zeitung CORRIERE DELLA SERA:

„Man kann die tragischste Grenze Europas - die zwischen Deutschland und Polen, wo Millionen Menschen im Kampf gestorben sind - mit den Händen in der Manteltasche überqueren, ohne auch nur ein Dokument vorzeigen zu müssen. ... Dabei haben weder Deutschland noch Polen einen Krieg gewonnen. Gewonnen hat die Europäische Union. ... So fallen Jahrhunderte alte Mauern. Dies ist das endgültige Ende des Eisernen Vorhangs, der einst vom Baltischen Meer bis zur Adria die Grenze des Kalten Krieges markierte.“