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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Ursula Kissel1. März 2008

Parteienlandschaft im Umbruch

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Mit dem Einzug der Linkspartei in immer mehr Parlamente ist die deutsche Parteienlandschaft in Bewegung geraten. CDU und SPD müssen sich nach den Landtagswahlen in Hamburg und Hessen nach neuen Bündnispartnern umsehen. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Bundespolitik, meinen die Kommentatoren der ausländischen Tagespresse.

Die Mailänder Zeitung CORRIERE DELLA SERA sieht die große Koalition in einer Krise:

"Zum befürchteten Zusammenbruch ist es nicht gekommen, aber es hat sich etwas verändert und noch mehr wird sich in Zukunft verändern. Die Wahlen von Hamburg haben der großen Koalition, die in Deutschland regiert, einen weiteren Schlag versetzt: (...) Jetzt muss die Hamburger CDU vielleicht eine noch nicht dagewesene Koalition mit den Grünen ausprobieren. Die SPD hat bereits wissen lassen, dass sie an einer großen Koalition nicht interessiert ist. Beobachtern zufolge ist damit auch das Modell, das Deutschland regiert, in eine Krise geraten: Viele glauben, dass es in Zukunft auch für das ganze Land eine schwarz-grüne Regierung geben wird."

Der liberale Wiener STANDARD kommentiert die Öffnung der SPD zur Linkspartei:

"Zwar ist es von (SPD-Parteichef Kurt) Beck äußerst unklug und auch ziemlich dreist, nach einer Wahl bezüglich der Linkspartei völlig anderer Meinung als vorher zu sein. Dieses Gezerre in Hessen zeigt ja auch, wie schwer sich die SPD mit den Linken tut. Wesentlich besser wäre es gewesen, die Debatte über Kooperationen sachlich und in Ruhe zu führen - und nicht mitten in einem Wahlkampf. Grundsätzlich aber ist es richtig, dass sich SPD und CDU in den Ländern nach neuen Partnern umsehen. Wer dauernd betont, dass er die große Koalition nicht mehr will, sollte - anstatt in ewigem Jammern zu verharren - an eine Alternative denken. Peinlich ist es allerdings, wenn derlei neue Farbenspiele nur aus der Kiste geholt werden, wenn es um den Machterhalt geht. Von gemeinsamen Zielen spricht ohnehin keiner mehr."

Auch die konservative Wiener Zeitung DIE PRESSE schreibt:

"Becks Schwenk gegenüber der Linken, der parteiintern nicht abgesprochen war, trägt ihm - konkret auf Hessen bezogen - den Vorwurf des Wortbruchs ein und hat in den eigenen Reihen viele Kritiker auf den Plan gerufen. (...) Auf jeden Fall ist zu erwarten, dass der in der SPD schon lang schwelende Konflikt über den Umgang mit der Linken jetzt offen geführt wird. Diese gilt als erstes Stimmungsbarometer für einen möglichen Strategiewechsel der SPD. Die Debatte scheint dringend notwendig, zumal die Linkspartei dabei ist, sich auch im Westen als dauerhafte Erscheinung zu etablieren. Beck hat zwar den Zeitpunkt schlecht gewählt, inhaltlich aber ein entscheidendes Thema angeschnitten."

Abschließend äußert sich die NEUE ZÜRICHER ZEITUNG aus der Schweiz über die wachsende Zustimmung in der Bevölkerung zur Linkspartei:

"Wenn in Hamburg jede 15. Stimme an eine Partei geht wie 'Die Linke', ist das eine Schande. Bis jetzt haben die Exponenten dieser unappetitlichen Neuschöpfung in Westdeutschland hauptsächlich Angst und Verachtung gesät und die Verunsicherung eines Teils der Bevölkerung gezielt verstärkt. Schlimm ist, dass so viele Leute auf dieses pseudoprogressive Palaver hereinfallen. Noch schlimmer ist, dass die sozialdemokratische Volkspartei offenbar keinen anderen Weg zur Profilierung findet, als der Linken mit einer immer ausgeprägteren ideellen Anbiederung das Wasser abzugraben. Und die christlichdemokratische Volkspartei fährt mit, weil es ihr am Mut fehlt, nicht auf der Woge des kollektiven Trotzes zu gleiten."