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Internationaler Kampf um die Bilder

Christiane Wolters11. Juni 2005

Wie man zur globalen Meinungsmacht wird, hat der amerikanische Fernsehsender CNN vorgemacht. Sein Erfolg provoziert Nachahmer: Nun wollen sich Russland und Frankreich internationale Nachrichtensender leisten.

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Das CNN-Hauptquartier: Bekommt der Medienriese Konkurrenz?Bild: AP

"Russland wird häufig anders dargestellt, als es eigentlich ist", erklärte Margarita Simonjan, designierte Chefredakteurin des geplanten Senders Russia Today TV (RTTV). Ende des Jahres soll der englischsprachige Nachrichtenkanal auf Sendung gehen und dann 24 Stunden täglich die russische Sicht auf innenpolitische und internationale Themen vermitteln.

Kritiker befürchten freilich, dass das staatlich finanzierte Russia Today TV in erster Linie der Imagepflege für "Mütterchen Russland" dienen soll. Denn als Initiatoren des Projekts gelten Alexej Gromow, der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, und der frühere Presseminister Michail Lessin. Präsident Putin selbst hatte seine Beamten schon häufiger aufgefordert, für ein positiveres Bild Russlands im Ausland zu sorgen. Denn das ist nach Tschetschenien-Krieg und zuletzt dem umstrittenen Urteil gegen Yukos-Gründer Michail Chodorkowski arg ramponiert.

Wladimir Putin Fernsehansprache
Präsident Putin: Fernsehsender für Imagekampagne?Bild: AP

Ob im Programm von RTTV Platz für unabhängige Berichterstattung bleibt, erscheint daher äußerst fraglich: "Alle wissen, dass es dort eine strikte Zensur geben wird", sagt der Direktor des Internet-Fernsehkanals RBK, Juri Rowenski.

CNN à la française

Die jüngsten Pläne der französischen Regierung rufen naturgemäß weniger kritische Stimmen hervor. Schon seit Jahrzehnten habe es immer wieder Ambitionen für ein eigenes internationales Nachrichtenfernsehen - ein "CNN à la française" - gegeben, erklärt der Essener Medienforscher Oliver Zöllner. Bisher scheiterte das Projekt jedoch immer an der konkreten Ausgestaltung.

Das soll jetzt anders werden. Am Dienstag (7. Juni 2005) hat die Europäische Kommission die staatlichen Beihilfen für den geplanten Sender CFII (Chaîne française d´information internationale) genehmigt. Damit scheint der Weg frei für den von höchster Stelle gewünschten CNN-Konkurrenten, der im Frühjahr 2006 auf Sendung gehen soll.

Bereits 2002 hatte Präsident Jacques Chirac gesagt: "Wir müssen den Ehrgeiz haben, einen großen internationalen Nachrichtensender in französischer Sprache auf gleicher Höhe mit der BBC und CNN zu schaffen." Frankreich müsse im "Kampf um die Bilder" stärker vertreten sein.

Diplomatie über die Mattscheibe Diesen Wunsch verfolgt nicht nur Frankreich - auch andere Länder betreiben laut Oliver Zöllner vermehrt internationale Fernsehsender als Mittel der "public diplomacy". So strahle etwa der chinesische Sender CCTV Nr. 9 rund um die Uhr reinstes Propaganda-Fernsehen - unter dem Deckmantel eines englischsprachigen Nachrichtenprogramms. Auch Indien oder Pakistan hätten internationale Fernsehsender - ebenso Simbabwe, das allerdings aus finanziellen Gründen nur regional beschränkt sendet.

Für den internationalen französischen Nachrichtensender CFII sehen Experten durchaus Erfolgsaussichten. Gerade in den ehemaligen französischen Kolonien, wo immer noch viel Französisch gesprochen werde, sei der Bedarf für unabhängige politische Berichterstattung gegeben, erklärt Oliver Hahn vom Wissenschaftszentrum für Internationalen Journalismus in Dortmund. Allerdings nur, wenn der Sender nicht bloß "die Stimme der Heimat im Ausland" verkörpere.

Ausschlaggebendes "Schlüsselmoment", das Projekt CFII wieder voranzutreiben, sei für Chirac der zweite Irak-Krieg gewesen, glauben Beobachter. Hier habe Frankreich zwar eine andere Meinung als die Weltmacht USA vertreten, diese international aber kaum hörbar machen können.

Paradigmenwechsel beim Auslandsfernsehen

Frankreichs Präsident Jacques Chirac
Frankreich soll beim "Kampf um die Bilder" dabei seinBild: AP
Das Interesse an einem eigenen internationalen Fernsehsender komme in einer Art "Wellenbewegung" alle paar Jahre wieder hoch, sagt Hahn. "Immer wenn es eine internationale Krise gibt, wollen mit etwas zeitlicher Verzögerung alle einen eigenen Sender." So sei es auch nach dem ersten Irakkrieg 1991 gewesen. Zwei Jahre später ging der europäische Kanal "Euronews" auf Sendung.

Allgemein habe das westliche Auslandsfernsehen in den vergangenen Jahren einen "Paradigmenwechsel" durchlaufen, so Hahn: "Der Trend geht immer mehr weg vom Instrument der auswärtigen Kulturpolitik hin zum Mittel der Krisenkommunikation."