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Heißer Herbst?

15. September 2011

Im Sommer waren Tausende den Aufrufen der Online-Community 'Revolution durch das soziale Netz' gefolgt. Gegen die Proteste ging das Regime von Lukaschenko hart vor. Nun sollen die Demos wieder aufgenommen werden.

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Plattenbauten in dieser Minsk (Foto: dpa)
Werden die Menschen in Minsk auf die Straße gehen?Bild: picture-alliance/ ZB

"Es macht keinen Sinn, sich über steigende Preise, die wahnsinnige Inflation, den Mangel an ausländischer Währung, über Unternehmensverluste und wachsende Armut der Menschen nur zu beschweren - man muss handeln!", heißt es auf der Internetseite "Revolution" im russischen sozialen Netzwerk 'Vkontakte' – zu deutsch 'In Kontakt'. Dort ruft die Online-Community 'Revolution durch das soziale Netz', der 25.000 Mitglieder angehören, dazu auf, am 21. September die Protestaktionen in Belarus wieder aufzunehmen.

Screenshot der Online-Gruppe "Revolution durch das soziale Netz" bei Vkontakte.ru
Die Seite der Online-Community bei Vkontakte

Die Online-Community hatte im Juni und Juli dieses Jahres politische Flashmobs unter dem Motto 'Schweigender Protest' organisiert. Die zwei ersten Aktionen verliefen noch ohne jegliche Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Damals verabredeten sich Dutzende Menschen über das Netzwerk 'Vkontakte' zu einem "Spaziergang ohne Plakate und Fahnen im Stadtzentrum". Später riefen die Organisatoren dazu auf, sich an zentralen Plätzen in Minsk und anderen belarussischen Städten zu treffen. Das Regime von Präsident Lukaschenko reagierte mit harter Hand. Etliche Teilnehmer wurden verhaftet. In anderen Städten wurden die Treffpunkte im Vorfeld abgeriegelt oder von Beamten in Zivil blockiert.

Ende des Schweigens

Ihre Aktionen im Herbst wollen die Internet-Revolutionäre nicht mehr schweigend abhalten. Die Demonstrationen sollen eher den schon bekannten Straßenprotesten der Opposition ähneln, mit dem Unterschied, dass sie wieder über das Internet organisiert werden. Die oppositionellen Bewegungen des Landes demonstrieren meist mit Fahnen und Transparenten. Ihre Anführer wenden sich auf Kundgebungen in Reden an die Menschen.

Das Motto für ihre nächsten Aktionen will die Community 'Revolution durch das soziale Netz' noch bekannt geben. Ihr Koordinator, Wjatscheslaw Dianow, ruft aber schon jetzt über das Internet die Teilnehmer der Aktionen dazu auf, bereit zu sein, "sich gegen die Banditen in Zivil zu verteidigen, die Menschen festnehmen und schlagen und dabei keine Dienstausweise vorzeigen".

Kritik an Online-Community

Ein Mitglied der Online-Community "Revolution durch das soziale Netz" wird von einem Polizisten abgeführt (Foto: dpa)
Polizisten gehen gegen "Internet-Revolutionäre" vorBild: picture alliance/dpa

Bei den Demos im Sommer seien viele Jugendliche auch von Sicherheitskräften in zivil verprügelt worden. Das habe Folgen für die Aktionen der Online-Community 'Revolution durch das soziale Netz', meint der belarussische Politologe Wladimir Rowdo. Er ist skeptisch, was die für September geplanten Aktionen angeht. "Aus den Flashmobs ist die Luft raus", sagte er. Die Bedeutung des Internets in der belarussischen Politik sollte man nicht überbewerten.

Zudem kritisiert Rowdo den Koordinator der Online-Community. Dianow rufe aus dem sicheren Ausland zu Protesten auf. Er solle nach Belarus zurückkehren und sich selbst an ihnen beteiligen, so der Experte. Dianow hatte sich im Dezember 2010 an den Protesten gegen die Wiederwahl von Präsident Lukaschenko beteiligt, die von Sicherheitskräften niedergeschlagen wurden. In den folgenden Tagen und Wochen verstärkten sich die Repressionen gegen Regimegegner. Dianow flüchtete nach Polen, von wo aus er jetzt gegen das Lukaschenko-Regime kämpfen will.

Autor: Pawljuk Bykowskij / Markian Ostaptschuk

Redaktion: Bernd Johann