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Die virtuelle Währung

Marc von Lüpke25. April 2013

Das Netz schafft sich seine eigene Währung: Die digitale Währung Bitcoins findet immer mehr Anhänger. Doch können sich die Bitcoins als Online-Zahlungsmittel durchsetzen?

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Ein Sicker im Fenster einer Berliner Kneipe signalisiert, dass hier Bitcoins als Zahlungsmitten angenommen werden (Photo by Sean Gallup/Getty Images)
Digitale Währung bitcoinBild: Getty Images

Das Bier nach Feierabend zahlt man gewöhnlich mit Bargeld. Einige Berliner Kneipen sind über dieses Stadium allerdings weit hinaus. Hier kann man seine Zeche auch mit Bitcoins begleichen - einer virtuellen Währung. Erhältlich ist dieses Geld weder in Münzen noch in Scheinen: Bitcoins sind eine reine Schöpfung des Internets. Jede Bitcoin-Einheit besteht lediglich aus ein paar Zeilen Programmiersprache. Eine steigende Zahl von Unternehmen wie Online-Versandhäuser akzeptieren Bitcoins mittlerweile als Zahlungsmittel. Und mit Bitcoins kann man auch Gutes tun - als Spende bei der Umweltschutzorganisation BUND.

Bitcoin: Die Währung aus dem Netz

An den Handelsplätzen ist die virtuelle Währung begehrt, doch erfordert eine Investition in Bitcoins zurzeit auch starke Nerven. Der Kurs für einen Bitcoin (BTC) stürzte Anfang April von über 200 Dollar auf knapp 90 Dollar ab. Was angesichts der langfristigen Kursentwicklung aber noch immer ein gutes Geschäft ist - vor einem Jahr dümpelten die Bitcoins bei knapp fünf Dollar.

Eine Frage des Vertrauens

Der Aufschwung der Bitcoins ist eine direkte Folge der weltweiten Wirtschaftskrise. "Währungen leben vom Vertrauen in die Institutionen, die dahinter stehen", weiß der Kölner Wirtschaftspsychologe Erik Hölzl. Doch damit ist es bei den etablierten Währungen derzeit schlecht bestellt. Der Euro-Raum wankt von Krise zu Krise, die Angst vor einer hohen Inflation wächst.

Bei Bitcoins ist das alles kein Problem. "Das Schicke bei Bitcoins ist, dass die Gesamtmenge an Bitcoins, die geschaffen werden kann, begrenzt ist", meint Ulrich Leuchtmann, Devisenexperte bei der Commerzbank. Höchstens 21 Millionen Bitcoins können hergestellt werden. Mehr lassen die Algorithmen, mit denen diese Währung produziert wird, nicht zu. Etwa die Hälfe dieser Menge wurde bislang erzeugt. Der Begriff Bitcoin selbst setzt sich zusammen aus den Wörtern "bit“, der digitalen Grundeinheit, und dem englischen "coin" für Münze. 2008 kam in Hackerkreisen die Idee zu einem solchen anonymen und egalitären Zahlungsmittel auf, ein Jahr später entstanden die ersten Bitcoins.

Selbstgemachtes Geld

Keine Regierung und keine Notenbank hat Einfluss auf die Entstehung und Verbreitung der Bitcoins. Im Gegenteil: Jeder Computernutzer kann selbst Bitcoins herstellen. Dazu benötigt er nur einen leistungsstarken Computer und eine Internetverbindung. "Das ist ein ganz cleverer Mechanismus" meint Andreas Bogk, Mitglied des Chaos Computer Clubs, der größten Hackervereinigung Europas. Alle im Bitcoin-Netzwerk verbundenen Rechner versuchen, hochkomplexe Rechenaufgaben zu lösen. Der Computer, der die Aufgabe zuerst löst, "produziert" digitale Bitcoins. Für 25 Bitcoins braucht die Netzwerkgemeinde etwa zehn Minuten. "Sie werden also quasi aus dem Nichts, aus der Luft geschaffen", erläutert Andreas Bogk. "Mining“, zu deutsch: schürfen, nennt sich dieses Vorgehen.

Virtuelle Brieftasche

Natürlich kann man auch auf anderen Wegen in den Besitz von Bitcoins gelangen. Wer sie nicht selbst herstellen möchte, kann sie ganz einfach erwerben. Diesem Geschäft widmen sich virtuelle Marktplätze, wie zum Beispiel die deutsche Seite bitcoin.de. Inhaber Oliver Flaskämper erklärt: "Bitcoin.de ist ein Marktplatz für den Kauf und Verkauf von Bitcoins. Dafür bekommen wir eine Provision." Bezahlt werden die Bitcoins hier zum Beispiel mit Euros oder Dollar.

Danach wandern die virtuellen Münzen in eine virtuelle Brieftasche, wo der Besitzer sie sammeln und verwalten kann. Wie das echte Portemonnaie ist diese digitale Geldbörse jedoch auch die Schwachstelle des Systems. Andreas Bogk sagt dazu: "Das Bitcoin-Verfahren selbst gilt als relativ sicher. Ewas anderes sind die Rechner, auf denen die Bitcoins dann gespeichert werden." Auf private Computer und Online-Börsen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Hackerangriffen und Diebstählen.

Hat die virtuelle Währung eine Zukunft?

Viele Bitcoin-Enthusiasten sind von der Berg- und Talfahrt des Bitcoin-Kurses der letzten Wochen desillusioniert. "Solche stark schwankenden Preise sind genau das, was der, der den üblichen Währungen nicht vertraut, nicht haben will", sagt Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. Eine Zukunftsprognose für die Bitcoins und die weiteren gerade in der Planung befindlichen digitalen Währungen ist schwierig. Chaos Computer-Experte Alexander Bogk meint: "Bitcoins existieren deswegen, weil genug Leute glauben, dass man davon was kaufen kann."

Letztlich hängt ihre Zukunft stark davon ab, wie viele Unternehmen die virtuelle Währung als Zahlungsmittel akzeptieren werden. Dazu gibt es einen starken Anreiz, wie der Wirtschaftpsychologe Erik Hölzl sagt: "Bei diesen anderen Zahlungsformen zeigt sich, dass die Menschen risikobereiter sind, dass sie weniger umsichtig mit ihren Budgets umgehen." Und vielleicht entscheidet sich dann auch der eine oder andere Kneipenbesucher, noch auf ein Bierchen länger zu bleiben - um mit Bitcoins zu zahlen.