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Politik

"Uribes Erfolg"

Claudia Herrera Pahl3. Juli 2008

Die Politik des kolumbianischen Präsidenten Uribe hat sich ausgezahlt. Aber wie geht es weiter mit der FARC? Carsten Wieland von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kolumbien im Gespräch mit DW-WORLD.

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FARC-Guerillakämpfer
Immer mehr FARC-Rebellen ergeben sich der ArmeeBild: AP

DW-WORLD.DE: Hat sich die Politik von Alvaro Uribe im Kampf gegen die FARC auszahlt?

Carsten Wieland: Ich denke, dass die letzten Monate einer der größten Erfolge der "demokratischen Sicherheit", der Politik Alvaro Uribes in Kolumbien sind. Die Regierung fährt viel mehr als früher eine Doppelstrategie: Einerseits, weiterhin militärische Härte, die sich ausgezahlt hat, und andererseits Anreize für FARC-Kämpfer sich friedlich zu stellen und mit den Behörden zu kollaborieren - und dafür unter anderem auch hohe Belohnungen ausgezahlt zu bekommen.

Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe und Ingrid Betancourt bei der Pressekonferenz nach ihrer Befreiung.
Freiheit für sie, Erfolg für ihnBild: AP

Ich denke, die großen Popularitätswerte von Uribe, die über 80 Prozent liegen, werden nun noch weiter nach oben schnellen.

War die Befreiung Betancourts zu erwarten?

Die FARC hat in den vergangenen Wochen und Monaten starke Schläge erlitten und ist zersplittert. Sie können sich im Land kaum noch richtig bewegen. Es ist auch eine große Behinderung, wenn man über eine Vielzahl von Geiseln verfügt. Neben diesen 15 befreiten Geiseln, sind noch 42 andere politische Geiseln in der Haft der FARC und mehrere hundert andere Kolumbianer. Es war sicherlich nicht mehr möglich, die Geiseln so flink zu bewegen und in Tagesmärschen durch den Urwald zu bewegen, so dass die Armee die Spur verliert.

Glauben Sie, dass die anderen Geiseln auch in Kürze befreit werden?

Es ist eine Frage der Zeit, bis einige Geiseln freikommen - vielleicht weniger durch militärische Befreiung als durch Verrat. Einige FARC-Kämpfer werden sich jetzt nochmal überlegen, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Wir hatten in den vergangenen Wochen eine Reihe von prominenten Desertationen. Jede Woche übergeben nach Regierungsangaben 54 FARC-Kämpfer ihre Waffen an die Regierung. In diesem Jahr waren es schon mehr als 1500. Das ist eine Erosion in der FARC, die natürlich auch dazu führen kann, das Geiseln frei kommen.

Welches Gewicht haben in diesem Kontext die Intervention des französischen Präsidenten Sarkozy oder von Venezuelas Präsident Chavez?

Der französische Präsident hat - wie man spätestens jetzt sieht - auf das falsche Pferd gesetzt. Er hat nämlich vor allem auf Chavez gesetzt. Letztlich hat sich aber herausgestellt, dass die Bemühungen aus Venezuela eher destruktiv gewirkt haben auf die Beziehungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC. Solange die FARC und Chavez im Einklang waren, war sicher, dass es keine Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla geben wird. Inzwischen hat sich Chavez anders geäußert - wie tief der Sinneswandel geht, sei dahingestellt. Das heißt aber auch, Chavez ist für die Verhandlungen über Geiselbefreiungen wertlos geworden.

Könnte dieser Schritt zur Beendigung des jahrzehntelangen Konflikts in Kolumbien führen?

Wir sind an einer Schwelle, wo man noch ein Fragezeichen setzen muss, ob dies das Ende der FARC ist. Wir sind aber bei einer neuen Qualität des Konfliktes angelangt: Wir haben nicht mehr die drei typischen Akteure - Paramilitärs, Guerilla und ein schwacher Staat. Wir haben einen Staat, der nicht nur militärisch stark ist, sondern auch das große Vertrauen der Bevölkerung genießt. Und auf der anderen Seite sind illegale Gruppen, sowohl Paramilitärs oder Ex-Paramilitärs und Drogenbanden, aber auch die Guerilla. Wir wissen, dass es zahlreiche Verbindungen zwischen der FARC und ihren ehemaligen Feinden, den Paramilitärs, gibt, wenn es darum geht, den Drogenanbau zu sichern. Da haben wir keine politischen Komponenten mehr in dem Konflikt.

Wie geht es mit der FARC weiter?

Carsten Wieland
Carsten Wieland vertritt die Konrad-Adenauer-Stiftung in KolumbienBild: kas

Es könnte sein, dass die FARC in einigen Monaten oder Jahren nur noch aus ein paar hundert Kämpfern besteht, die zwar existieren, aber für die Politik und die Bevölkerung des Landes nicht mehr relevant sind. Das ist die optimistische Variante. Die vorsichtigere Variante wäre, dass der neue Führer der FARC Alfonso Cano - ein sehr politischer Kopf, ein Stratege - eventuell beginnt, die urbanen Fronten wieder zu beleben. Wir hatten in den letzten drei Wochen ein paar kleinere Attentate in Bogota. Ein paar Bombenwürfe, die aber keine besonders große Empörung und auch keinen Schock verursacht haben. Die Gewalt im Lande ist stark gesunken, die Kolumbianer haben den Konflikt zum Teil in den Hintergrund gedrängt, zumindest in den großen Städten. Aber vom Ende des Konflikts kann man sicher noch nicht sprechen.

Carsten Wieland ist Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Kolumbien.