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Deutsches Engagement im Irak

5. November 2009

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle glaubt zu wissen, dass die deutsche Wirtschaft für den Irak ein "Wunschpartner" ist. Ein "Business Forum" in Berlin soll für mehr Nähe sorgen.

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zerstörtes Haus in Bagdad nach Anschlag (Foto: AP)
Anschlag in BagdadBild: AP

Die Sicherheitslage im Irak ist weiter kritisch bis katastrophal, und die deutsche Wirtschaft hat die schwerste Krise der Nachkriegszeit noch lange nicht verkraftet: Sieht so ein wirtschaftliches Traum-Paar aus? Vielleicht ja, schaut man genauer hin: Erstaunlicherweise sind die deutschen Warenausfuhren in den Irak in den ersten sechs Monaten des Jahres nicht zurückgegangen, sondern haben einen Sprung nach oben gemacht, um über 96 Prozent im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum. Das ist umso erstaunlicher, weil es jahrelang nur nach unten ging. Bis jetzt.

Deutsche Kehrtwende?

Zwei Beispiele illustrieren den neuen Trend. Eine Tochterfirma von ThyssenKrupp liefert 30.000 Tonnen Schienen für die Erneuerung des Eisenbahn-Netzes. Der mittelständische Autoschildersteller-Hersteller UTSCH darf das KFZ-Zulassungssystem erneuern. Gibt es also einen irakischen Wiederaufbau „made in Germany“?

Portrait Wirtschaftsminister Brüderle (Foto: AP)
Rainer BrüderleBild: AP

Der neue, liberale Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle strotzt vor Selbstvertrauen: "Der Irak betrachtet uns als Wunschpartner." Er betont, dass Deutschland "die Erwartung, die an uns gerichtet werden", erfüllen wolle.

Angst vor dem Risiko Irak

Es gibt viel aufzuholen: denn während der deutsch-irakische Handel noch in den 80er Jahren mehr als vier Milliarden Euro betrug, dümpelte das gemeinsame Geschäft 2008 bei gerade einmal 300 Millionen Euro.

Steffen Behm ist beim Bundesverband der deutschen Industrie für den Nahen Osten zuständig. Er erklärt die Zurückhaltung mit Sicherheitsrisiken: "Wenn Unternehmen eigenes Personal, also deutsches Personal, in den Irak entsenden müssen, dann gibt es immer noch eine berechtigte Vorsicht.“

Schwerer Autobomben-Anschlag vor dem Justizministerium am 25.10.09 (Foto: AP)
Autobombe in BagdadBild: AP

Deutschland und der irakische Wiederaufbau

Damit der Wiederaufbau im Irak ins Rollen kommt, hat Deutschland auf irakische Schuld-Rückzahlungen von rund 5,4 Milliarden Euro verzichtet. Dafür sollen jetzt deutsche Firmen zum Zug kommen. Und damit sie stabile Investitionsbedingungen vorfinden, liegt derzeit ein unterschriftsreifes Abkommen in Bagdad, das deutschen Investoren bessern Rechtsschutz bieten soll.

Noch zeigt man in Bagdad keine Eile, die Unterschrift zu leisten. Auf dem "Irak Investment und Business Forum" in Berlin hofft man, durch persönliche Gespräche Überzeugungsarbeit in eigener Sache leisten zu können.

Auf Augenhöhe und direkt

Persönliche Gespräche seien ohnehin entscheidend, sagt der libanesische Verkäufer der Firma ABB Kraftwerke, Mohamad Chokr. Wer im Irak Geschäfte mit Hilfe von Planungstabellen, Tagesplänen und Blackberries abwickle, der sei zum Scheitern verurteilt: „Sie müssen erst mal nicht über Geschäfte reden, sondern mit den Leuten Essen gehen, ein bisschen freundlich sein und ein gewisses Vertrauen aufbauen." Erst danach sei der richtige Zeitpunkt gekommen, um über Geschäfte zu reden, fügt er lachend an. Diese Strategie "würde ich ihnen empfehlen."

Irakischer Arbeiter in einer Raffinerie in Kirkuk (Foto: AP)
Wiederaufbau und ÖlBild: AP

In Berlin wird aber trotzdem viel übers Geschäft geredet. Hinter dem irakischen Industrie- und Ressourcen-Minister Fawzi Al-Hariri reihen sich Vertreter sämtlicher irakischer Ministerien ein - und eine über 50-köpfige Gruppe irakischer Geschäftsleute. Die deutsche Delegation ist noch größer. Der irakische Markt lockt. Reden, zuhören und informieren ist ja noch kein Risiko.

Autor: Richard Fuchs

Redaktion: Sandra Petersmann