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Investieren in Indien – Bundespräsident Horst Köhler in Pune

5. Februar 2010

Bundespräsident Köhler hat die Arbeit deutscher Firmen in Indien gelobt. Bei seinem Staatsbesuch besichtigte er ein heimisches Familienunternehmen und einen deutschen Großkonzern. Erneut betonte er das Thema Klimaschutz.

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Horst Köhler und Ehefrau in einem VW-Werk (Foto: AP)
Bild: AP

Bundespräsident Horst Köhler gerät fast ins Schwärmen. Am Donnerstag (04.02.2010) hat er die Firma Thermax im indischen Pune besucht, ein Familienbetrieb, der Kühl- und Klimaanlagen, Dampfabzüge und Boiler herstellt. "Ich fühle mich fast zuhause mit dieser Kultur", sagt er über die Firma, die von einer Familie geführt werde, "die sie auch in schweren Zeiten unterstütze und darüber hinaus viel für ihre Mitarbeiter und für die Gemeinde" tue.

Die Firma Thermax ist zwar ein Familienunternehmen, aber sie ist inzwischen weltweit tätig. Auch nach Deutschland hat sie schon mehr als 100 Anlagen geliefert. Zu ihren Kunden gehören unter anderem die Autobauer Audi und Mercedes. Thermax beschäftigt mehr als 3000 Ingenieure und - darauf ist die Firmenleitung besonders stolz - sie hat noch nie Schulden gemacht. Dafür bezahlt sie ihren Angestellten die Kosten im Krankheitsfall, bildet Kinder aus den Slums aus und hat ein Gemeindezentrum und einen Kindergarten eingerichtet. Bundespräsident Horst Köhler ist beeindruckt.

"Das ist ein brillantes Beispiel für Entwicklung", sagt er. Es zeige, dass man falsch liege, wenn man Indien nur mit Armut und Chaos identifizieren würde. Auch auf dem Subkontinent mit seinen 1,2 Milliarden Menschen und großer Armut gäbe es soziale Verantwortung und Fortschritt.

Autowerk, wo früher Hippies Sinn suchten

Ein Polo im VW-Werk im indischen Pune (Foto: AP)
Der Polo aus Pune ist auf indische Bedürfnisse ausgerichtetBild: AP

In Pune, dem früher als Poona bekannten Paradies für Sinnsucher und Hippies, ist auch das neue VW-Werk angesiedelt. In blitzblanken Werkhallen werden weiße und rote Autos zusammengesetzt. Letztes Jahr im Mai hat man hier mit der Serienproduktion des Skoda Fabia begonnen und im Dezember mit der Serienproduktion des Polo.

Ein VW-Mitarbeiter zeigt dem deutschen Staatsoberhaupt und seiner Delegation voller Stolz die Werkshalle. "Was Sie hier sehen, ist genau die gleiche Technologie wie in Deutschland, Spanien und Mexiko", erklärt er. Zurzeit arbeite man im VW-Werk Pune mit 1400 Mitarbeitern in einer Schicht. Die Zahl der Mitarbeiter soll aber auf 2500 erhöht werden, die dann in zwei täglichen Schichten pro Jahr 110.000 Autos produzieren sollen.

Der Polo, der hier vom Band läuft, ist auf die speziellen Bedürfnisse des indischen Marktes ausgerichtet, erläutert Firmensprecher Kurt Rippholz. So sei er wegen der hohen Temperaturen in Indien serienmäßig mit einer Klimaanlage ausgestattet, er habe eine lautere Hupe als der Polo in Europa und er habe etwas mehr Abstand zum Boden, um den schlechten Straßen in Indien Rechnung zu tragen.

VW will Mittelschicht erobern

Horst Köhler vor einem roten Polo (Foto: AP)
VW will sich einen Anteil am wachsenden Automarkt sichernBild: AP

VW will mit diesem Konzept eines robusten Kleinwagens die neu entstehende indische Mittelschicht erobern. Sie benötigt preiswerte und kleine Fahrzeuge. In den nächsten zehn Jahren erwartet man eine rasante Zunahme der jährlichen Zulassungen. Derzeit gibt es in Indien 45 Millionen Autos. Bis zum Jahr 2030 soll diese Zahl auf 200 Millionen steigen. VW möchte sich daran einen Anteil von acht bis zehn Prozent sichern. In Pune haben die Wolfsburger mit 580 Millionen Euro bisher mehr investiert als jede andere deutsche Firma in Indien. Der Großteil dieser Summe sei für die Fabrik und die Anlagen drum herum ausgegeben worden. In erster Linie habe man dabei auf indische Zulieferer gesetzt. Manche Maschinen habe man aber in Deutschland und Europa gekauft, erklärt Rippholz.

Bundespräsident Horst Köhler freut sich über dieses Engagement. Er will der deutschen Wirtschaft Mut machen, in Indien zu investieren. Er beobachte derzeit eine Umorientierung der deutschen Wirtschaft, weg von der ausschließlichen Konzentration auf China und hin zum ebenso bevölkerungsreichen, aber demokratisch verfassten Indien.

"Mir scheint, die deutsche Wirtschaft hat erkannt, hier gibt es große Chancen", sagte Köhler, darüber sei er froh. Chancen gibt es aber nicht nur für die Autobauer. Indien sei auch bereit für neue und intelligente Verkehrskonzepte, so der Bundespräsident. Denn im Angesicht des Klimawandels könne man sich nicht wünschen, dass es für mehr als eine Milliarde Inder keine Alternative zum Auto gäbe.

Autor: Bettina Marx

Redaktion: Michael Borgers