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Revolte der iPhoner

Manfred Götzke8. November 2007

Es sieht gut aus, kann außer Kaffee kochen fast alles und ist vor allem – exklusiv. Das iPhone, das am Freitag auf den deutschen Markt kommt, kann ausschließlich mit einem Vertrag der Telekom genutzt werden. Eigentlich.

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Das Apple iPhone (Archiv, Quelle: AP)
Jetzt auch ohne Exklusivvertrag: das iPhoneBild: AP

Dirk Bresinsky ist einer von Hunderttausenden Apple-Fans in Deutschland, mancher bezeichnet ihn als Apple-süchtig. In seiner Freizeit schaut er Apple-TV, er hat einen Apple-Rechner, einen Apple-Laptop, einen Apple-iPod. Es fehlte lediglich das passende Kommunikationsutensil mit dem Apfel drauf – das iPhone.

Aber auch das nennt er längst sein Eigen - obwohl das Gerät erst am Freitag (9.11.2007) auf den Markt kommt, und zwar exklusiv mit einem ziemlich teuren Zwei-Jahres Vertrag der Deutschen Telekom. Der 25-jährige Student telefoniert, spielt und surft damit schon seit drei Monaten und zwar weitaus günstiger, bei seinem alten Mobilfunkanbieter. "Ich hab mir das iPhone aus Amerika mitgenommen und mit ein wenig Hilfe aus dem Internet aktiviert bekommen", sagt er schmunzelnd. "Wenn man ein wenig Ahnung von Computern hat, ist der Code in einer halben Stunde geknackt".

Lieblingsziel der Hacker

Zwei US-Amerikaner warten vor dem Apple Store auf ihr iPhone. (29.6.2007, Quelle: AP)
Warten auf das iPhone in den USA - in Deutschland haben es viele vor der MarkteinführungBild: AP

Wie in Deutschland bringt Apple das iPhone auch in anderen EU-Ländern und den USA nur mit Exklusivverträgen an den Mann und wurde so schnell zu einem Lieblingsziel der weltweiten Hackergemeinde. Auf Seiten wie macworld.com wird bereits das "I-Phone-Hacking-Kit" der "zweiten Generation" angepriesen, zum kinderleichten Entsperren des Telefons für Jedermann. Kunden, die das iPhone so hacken wollen, ersteigern es sich bei Internethändlern oder kaufen es - wie Dirk - persönlich in den USA. Zwar steckt auch dort die Sim-Karte des Exklusivanbieters im Gerät, den Vertrag mit dem Anbieter AT&T schließt man dort aber online ab – oder eben nicht.

Finanziell lohnt sich das Hacken auf jeden Fall. Selbst im günstigsten Tarif kostet der offizielle iPhone-Vertrag 50 Euro im Monat. Vergleichbare Leistungen bieten andere Anbieter für weit weniger Geld an. Dirk wollte sich das Gerät ursprünglich offiziell besorgen. "Ich dachte mir, dann muss ich es nicht ständig hacken. Bis ich von den Preisen erfahren habe – die sind unverschämt."

Enttäuschung in der Apple-Szene

Wie er waren viele Apple-User, die in den Produkten mit dem Apfel drauf traditionell mehr sehen, als einfach nur Technik, enttäuscht. In Foren mokieren sich die Apfel-Freunde über die "Abzockermentalität" des Konzerns, der neben Geräten schließlich auch einen Lebensstil mitverkauft und für viele die "gute" Alternative zum Computer-Riesen Microsoft darstellt. "Vielen Usern wird durch die iPhone-Vermarktung klar, dass Apple ein Unternehmen wie jedes andere ist, das vor allem Geld scheffeln will", sagt Dirk. "Vorher war das immer ein Kompromiss aus guter Leistung und anständigen Preisen." Ein Fünftel, aller amerikanischen Apfel-Handy-Nutzer revoltiert denn auch schon gegen ihren Lieblingskonzern durch das Knacken des iPhones - so jedenfalls eine Umfrage der "New York Times".

Nachteile bringe die inoffizielle Nutzung des Telefons ja auch kaum mit sich, erzählt Dirk. Die Programme und Updates ließen sich in "modifizierter Version" zwar erst einige Wochen später nutzen, ansonsten hätte man aber sogar Vorteile: "Man kann sich so zusätzliche Spiele und Programme auf das Telefon laden, die es bei Apple nicht gibt. Das iPhone hat unverständlicherweise keinen Voicerecorder, den hab ich mir jetzt draufladen können."

Apple-Chef Steve Jobs bei der Präsentation seines Handys im Januar (Quelle: AP)
Apple-Chef Steve Jobs bei der Präsentation seines HandysBild: AP

Telekom und Apple sehen das freilich anders. "Es macht aus unserer Sicht gar keinen Sinn, sich ein geknacktes Handy zu besorgen, da man damit gar nicht alle Funktionen nutzen kann. Man hat dann einen überteuerten iPod zum Angeben auf dem Kneipentisch, aber kein richtiges iPhone", sagt T-Mobile-Sprecher Alexander von Schmettow. Apple selbst warnt sogar davor, dass durch das Knacken des Handys die Software beschädigt und das Telefon so lahm gelegt werden könnte. "Dafür sehen wir uns dann nicht verantwortlich. Im Gegenteil, wir warnen da ausdrücklich vor", sagt Georg Albrecht, Sprecher von Apple Deutschland. Welchen finanziellen Schaden die gehackten Handys bei Telekom und Apple verursachen, wollen die Unternehmen nicht kommentieren. Rechtliches Vorgehen gegen die Hacker? "Kein Kommentar. Aber jeder muss wissen, dass er sich mit so einem geknackten Handy im Graubereich befindet", so Schmettow.

"Sie können damit machen, was sie wollen"

Der Rechtsanwalt Max Leon Keller, der sich auf IT-Recht spezialisiert hat, kann an dieser Praxis gar nichts Graues finden. "Wenn man dieses iPhone gekauft hat, kann man damit machen, was man will. Man kann es zerstören, sich darüber lustig machen oder es eben knacken." Die Ansprüche des Herstellers erschöpften sich, wenn der Verbraucher es habe, sagt er. Die Gewährleistung für die Geräte könne aber in der Tat erlöschen, ist das Gerät erst einmal manipuliert.

Dirk Bresinsky hat auch nicht das Gefühl, seinen Lieblingshersteller ausgetrickst zu haben. "Ich habe das Gerät ganz offiziell bei einem Händler in den USA gekauft, warum sollte ich da ein schlechtes Gewissen haben?" Auch wenn seine Faszination für das Unternehmen Apple durch die iPhone-Vermarktung nicht grade zugenommen hat – vom Gerät selbst ist er begeistert. "Es funktioniert wunderbar, sehr schön zu benutzen." Dem geneigten Käufer rät er aber trotzdem: "Wer kann, sollte sich eins in den USA bestellen – sonst ist das selbst für Technik-Freaks einfach zu teuer."