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Irak lässt den Schwarzen Peter wandern

Daniel Scheschkewitz / (mas)17. September 2002

Angesichts eines drohenden Kriegs will Irak erstmals seit vier Jahren wieder Waffeninspektoren ins Land lassen. Die internationale Gemeinschaft begrüßte Bagdads Einlenken, verlangt jedoch vor allem Taten statt Worte.

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Eine 28-Minuten-Rede mit Wirkung: US-Präsident Bush vor der UNO-VollversammlungBild: AP

"Ich kann Ihnen bestätigen", teilte UNO-Generalsekretär Kofi Annan in New York in der Nacht zum Dienstag (17. September 2002) mit, "dass ich einen Brief der irakischen Regierung erhalten habe, in dem die Erlaubnis für eine Rückkehr der UN-Waffeninspekteure in den Irak übermittelt wird - und zwar ohne jede Bedingung. Gleichzeitig wird darin mitgeteilt, dass man auch bereit sei, sofortige Verhandlungen über die technischen Modalitäten für eine solche Rückkehr zu beginnen." Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarik Asis bestätigte am Dienstag in Bagdad das Einlenken seines Landes.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Annan telefonisch zu seinem Vermittlungserfolg gratuliert und seine Erleichterung über das Einlenken des Irak zum Ausdruck gebracht. Wie das Bundespresseamt am Dienstag in Berlin mitteilte, hat Schröder zugleich angeboten, auf Wunsch deutsche Experten für Inspektionsteams zu entsenden.

Arabische Schlüsselrolle

Kofi Annan
UNO-Generalsekretär Kofi Annan (Archiv)Bild: UNO

Annan zufolge hat die Rede von US-Präsident George W. Bush vor der UN-Vollversammlung am Donnerstag das Regime in Irak zu diesem Schritt bewegt. Bush habe mit seiner Ansprache "die internationale Gemeinschaft elektrisiert". Fast jeder Sprecher während der Vollversammlung habe Irak daraufhin gedrängt, die Waffenkontrolleure wieder einreisen zu lassen. Bush hatte in seiner Rede eine ultimative UN-Resolution verlangt, mit der Bagdad zur Abrüstung verpflichtet werden solle. Andernfalls würden die USA im Alleingang handeln.

Der UN-Generalsekretär betonte zudem die "Schlüsselrolle" der Arabischen Liga beim Einlenken Bagdads. Annan dankte ausdrücklich dem Generalsekretär der Liga, Amr Mussa, für dessen Bemühungen, Irak von einer Rückkehr der UN-Inspektoren zu überzeugen. Annan hatte gemeinsam mit Mussa und Sabri am Montag in New York über die Irak-Frage beraten.

Reaktionen

Die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf das Angebot Bagdads fielen unterschiedlich aus. Das Weiße Haus wertete die Ankündigung als einen zum einen zum Scheitern verurteilten taktischen Schachzug, mit dem der UN-Sicherheitsrat an einem "entschlossenen Handeln" gehindert werden solle. Auch die britische Regierung reagierte skeptisch: Machthaber Saddam Hussein habe in der Vergangenheit bereits des öfteren "Spielchen gespielt" und mehrere UN-Resolutionen missachtet, sagte eine Sprecherin in London.

BGSH Saddam Hussein
Wie ernst ist ihm das Angebot an die UNO wirklich? Iraqs Präsident Saddam Hussein (Archiv)Bild: AP

Der frühere Chef der UN-Waffeninspekteure, Richard Butler, warnte vor weiteren Täuschungsmanövern Iraks. Bagdad habe während seiner Tätigkeit eine "Mauer der Täuschung und Geheimhaltung" aufgebaut und könnte dies nun wieder versuchen, sagte Butler dem australischen Rundfunksender ABC. Es müsse abgewartet werden, ob die UN-Experten ungehinderten Zugang zu allen relevanten Bereichen in Irak bekämen.

Erfolg der US-Diplomatie

Der russische Außenminister Igor Iwanow begrüßte die irakische Entscheidung, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax meldete. Auch der australische Außenminister Alexander Downer sprach von einer "vielversprechenden Entwicklung". Saddam Hussein müsse nun beim Wort genommen werden, forderte der französische Außenminister Dominique de Villepin. Die neuseeländische Regierungschefin Helen Clark sagte, ihr Land sei zur Entsendung von Rüstungsexperten bereit.

Dem Einlenken Bagdads waren verstärkte Bemühungen der US-Diplomatie für ein notfalls militärisches Vorgehen gegen Irak auf Grundlage einer UN-Resolution voraus gegangen. Dabei rückten zunehmend auch die arabischen Länder von Bagdad ab. So hatte der saudiarabische Außenminister Saud El Faisal am Sonntag erstmals die Kooperation seines Landes angedeutet, wenn es ein UN-Mandat für einen Angriff auf Irak gebe.