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Iran-Sanktionen greifen

Torsten Schäfer5. März 2007

Die Sanktionen gegen den Iran haben die interne Kritik am Regime verstärkt. Fachleute befürchten aber, dass schärfere Schritte die Reformer auf die Linie der Regierung einschwören könnten.

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In Anlagen wie dem Reaktor Bushehr treibt Iran sein Atomprogramm voran, Quelle: AP
In Anlagen wie dem Reaktor Bushehr treibt Iran sein Atomprogramm voranBild: AP

Weil Irans Präsident Ahmadinedschad im Atomstreit blockiert, wo es nur geht, verabschiedete der UN-Sicherheitsrat kurz vor Weihnachten die Resolution 1737. Sie fordert von Teheran den Stopp der begonnenen Urananreicherung und verbietet Staaten den Export von Materialien und Technologien in den Iran, die dessen Nuklearprogramm unterstützen könnten. Auch wird das Vermögen von daran beteiligten Unternehmen und Personen eingefroren. Die EU zog nach und übernahm die Forderungen - doch Teheran ignorierte alle Beschlüsse. Die Internationale Atomenergie-Behörde stellte daraufhin fest, dass der Iran gegen Resolution 1737 verstoßen hat. Und nun basteln die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats samt Deutschland an einer neuen Resolution mit neuen Sanktionen.

Die USA haben den Iran schon seit 1979 mit Sanktionen belegt. Rüstungslieferungen und der Export von Militärtechnologien sind längst untersagt. Im Januar verbot Washington nun US-Firmen Geschäfte mit der iranischen Großbank Sepah. Bereits 2006 wurden europäische, an der US-Börse notierten Unternehmen aufgefordert, die Finanzbeziehungen mit dem Iran aufzugeben. Die Bankhäuser gaben dem Druck nach. Inzwischen versorgen nur noch eine Hand voll arabischer Kreditinstitute Teheran mit Dollar-Devisen.

Details der neuen UN-Resolution noch unklar

Geschwächter Demagoge: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, Quelle: AP
Geschwächter Demagoge: Irans Präsident Mahmud AhmadinedschadBild: AP

Welche Sanktionen eine neue UN-Resolution bringt, ist noch unklar. Das Spektrum reicht von einem Öl-Boykott bis zu weicheren Instrumenten wie neuen Handelshindernissen. US-Außenamtssprecher Sean McCormack räumte bereits ein, dass die neue Sanktionen weniger drastisch sein würden, als von Washington gewünscht. Experten wie Bahman Nirumand, Autor zahlreicher Iran-Werke, befürworten das: "Ich bin gegen schärfere Sanktionen, weil damit die regierungskritische Haltung im islamischen Lager zu Gunsten der Landesverteidigung aufgegeben wird."

Die desolate wirtschaftliche Lage und die zunehmende Isolation des Landes haben im Iran die Kritiker auf den Plan gerufen: Lehrer und Arbeiter protestieren auf offener Straße gegen die galoppierende Inflation, für die Präsident Ahmadinedschad schon bei den Kommunalwahlen im Dezember abgestraft wurde. Konservative Zeitungen nehmen ihn wegen seiner aggressiven Linie im Atom-Streit aufs Korn, wegen derer ihn das Parlament im Januar mehrheitlich verurteilte. Und selbst das geistliche Oberhaupt Ajatollah Chamenei hat den Präsidenten in aller Öffentlichkeit ermahnt. "Eine solche direkte Kritik des Revolutionsführers an der Regierung hat es bislang nicht gegeben", sagt Bahman Nirumand.

Sanktionen führen zu erheblichem Investitionsrückgang

Dem Präsidenten fehle es am wirtschaftlichen Sachverstand, erklärt Nirumand. "Doch auch der westliche Boykott hat ihn in Bedrängnis gebracht. Die Wirtschaftslage hat sich auch dadurch verschlechtert." Es gebe zwar Verstöße gegen die Exportverbote von Nukleartechnologien. Die Sanktionen hätten insgesamt aber gegriffen und dazu geführt, dass in den vergangenen Monaten praktisch keine ausländischen Investitionen mehr getätigt worden seien.

Ungewohnte Kritik: Religionsführer Ajatollah Chamenei, Quelle: AP
Ungewohnte Kritik: Religionsführer Ajatollah ChameneiBild: AP

Dringend nötige Investitionen seien ausgeblieben, um die veralteten Ölförderanlagen zu erneuern, erklärt Achim Vogt, Iran-Experte der Friedrich-Ebert-Stiftung. Deshalb könne der Iran seine Förderkapazitäten nicht mehr ausschöpfen. "Das bedeutet Verluste zwischen fünf und zehn Milliarden Dollar im Jahr", sagt Vogt. Geld geht auch durch eine massive Kapitalflucht verloren, die nach den Sanktionen eingesetzt hat. "Die Unternehmer haben Angst, ihr Geld durch neue Sanktionen oder einen Krieg zu verlieren", sagt Bahman Nirumand.

Die Sanktionen haben ihre politische Wirkungen nicht verfehlt. Sie bringen aber auch Nachteile für europäische Unternehmen mit sich: Eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer zeigt, dass für viele deutsche Unternehmen der Handel mit dem Gottesstaat deutlich schwieriger geworden ist; die Umsätze sind rückläufig. Auch die Bürgschaften der Bundesregierung für Exporte sind zurückgegangen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) kritisierte die Unsicherheit, die durch die Sanktionen entstanden sei. So fehlt es etwa an klaren Regeln, welche iranischen Handelspartner für westliche Unternehmen tatsächlich tabu sind.

Harte Sanktionen treffen vor allem die Bevölkerung

Das Regime hat die Unterstützung der Massen - doch sie schwindet, Quelle: dpa
Das Regime hat die Unterstützung der Massen - doch sie schwindetBild: AP

Bei deutlich schärferen Sanktionen könnten die Preise weiter steigen. Ein westlicher Öl-Boykott oder der Exportstopp von Benzin, das Iran nur begrenzt herstellen kann, würden das Land besonders empfindlich treffen. Solche Schritte müssen nach Expertenansicht vermieden werden, weil sie regelmäßig die boykottierte Regierung stärken, wie Untersuchungen der schweizerischen Universität Fribourg zeigen. Umfassende Sanktionen könnten die nationale Einheit im Iran fördern, urteilt auch Peter Rudolf von der Stiftung Wissenschaft und Politik in der "Zeit." Harte Wirtschaftssanktionen treffen vor allem aber die breite Bevölkerung. Beispiel Irak: Mehr als eine Millionen Menschenleben hat das UN-Embargo nach Angaben des irakischen Gesundheitsministeriums gekostet.

"Zu scharfe scharfe Sanktionen sind in alle Richtungen kontraproduktiv", sagt Bahman Nirumand. Auch Achim Vogt betont, dass die Wirkungen der bisherigen Sanktionen nicht ins Gegenteil verkehrt werden dürften. "Sie haben die Regierung geschwächt." Diese Situation müsse man für neue Verhandlungen nutzen, fordert Vogt. "Man braucht Geduld. Die Verhandlungen mit Nordkorea haben sechs Jahre gedauert, bis es nun zu einem Ergebnis kam."