1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Iran weiter auf dem Weg zur Atommacht

Peter Philipp26. Oktober 2004

Ist es nun bald soweit? Der Iran steht laut einem Mitglied seiner Atomenergiebehörde kurz vor dem Ziel, Uran selbst anzureichern, damit den "Kreislauf zu schließen" und die nukleare Autarkie zu erreichen.

https://p.dw.com/p/5lY3
Atomanlage im iranischen IsfahanBild: AP

Mohammad Ghanadi von der iranischen Atomenergiebehörde erklärte am Sonntag (24.10.2004), die Anlagen bei Isfahan, in denen die Anreicherung von Uran vorgenommen werden soll, seien bereits zu 70 Prozent einsatzbereit. Im Staatsfernsehen erklärte Ghanadi, man habe die Aufbauarbeiten in Isfahan in weniger als vier Jahren "durchgezogen".

Uran-Anreicherung möglich

Iran Revolution Jahrestag Präsident Mohammad Khatami
Präsident Mohammad Khatami gab Uran-Vorkommen bekanntBild: AP

Parallel zum Aufbau der Anlage in Isfahan hat der Iran die Suche nach Uran intensiviert. Erst Anfang des Jahres hatte Präsident Khatami offiziell bekannt gegeben, dass man im Landesinneren Uran gefunden habe. Die Mine von Saghand werde – so ergänzte jetzt Mohammad Ghanadi – Mitte nächsten Jahres produzieren und man suche auch in anderen Teilen des Landes nach Uran. Insgesamt habe man bisher vier Vorkommen gefunden.

Wenn diese Suche erfolgreich ist und Isfahan in Betrieb genommen wird, kann der Iran Uran-"Yellowcake" in Uran-Hexafluorid umwandeln – ein Gas, das für den Uran-Anreicherungsprozess benutzt wird. Und wenn der Iran Uran selbst anreichert, dann hängt es im Grunde nur noch von der Güte dieses angereicherten Urans ab, ob es nur für zivile Zwecke oder auch für den Bau von Atomwaffen verwendet werden kann.

Israel droht mit Angriffen

Der Iran besteht offiziell weiter darauf, dass seine Nuklearprojekte ausschließlich friedlichen Zwecken dienten: Man wisse, dass die Öl- und Gasvorkommen begrenzt seien und man wolle deswegen rechtzeitig Vorkehrungen für die Energieversorgung der Zukunft treffen. Die Vereinigten Staaten behaupten demgegenüber, der Iran bastle an Atomwaffen, und Israel hat dies bereits wiederholt zum Anlass genommen, dem Iran mit einem Angriff auf seine Atomanlagen zu drohen.

Die Außenminister Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands hatten sich aus Sorge vor solch einer Eskalation vor einem Jahr erfolgreich in Teheran dafür eingesetzt, dass der Iran das Zusatzprotokoll des Nichtverbreitungsabkommens unterzeichnet. Wenig später erklärte Teheran aber, es habe sich nicht auf Dauer zur Aussetzung seiner Projekte zur Erlangung einer nuklearen Selbstständigkeit verpflichtet. Und man warf den Europäern vor, sie seien wortbrüchig geworden und hätten dem Iran keine Technologie im Austausch für die Zurückhaltung geliefert.

Am 25. November soll nun darüber befunden werden, wie man mit dem Iran umgehen will. Die Europäer plädieren weiterhin für Zurückhaltung, ebenso die UN-Atomenergie-Behörde IAEA, die USA verstärken aber ihren Druck, den Iran vor den UN-Sicherheiratsrat zu zerren.

Keine fremde Abhängigkeit

In einem Versuch in letzter Minute bemühen sich die Europäer um einen Kompromiss, bisher aber erfolglos: Erst am Wochenende wies der Iran ein europäisches Angebot über einen Technologie-Transfer mit der Begründung ab, es sei zu einseitig und niemand könne vom Iran den Verzicht auf Uran-Anreicherung verlangen. Das Land werde sich nicht erneut in fremde Abhängigkeit begeben, sondern es werde die Selbstständigkeit zu erhalten versuchen.

In der Tat verlangt das Nichtverbreitungsabkommen keinen Verzicht auf Uran-Anreicherung und außerdem hat der Iran in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht mit internationaler Zusammenarbeit: So begannen deutsche Firmen zwar den Bau des ersten Atomreaktors stellten die Arbeiten aber mit der Islamischen Revolution ein. Der Reaktor wurde inzwischen mit russischer Hilfe fertig gebaut und ist fast betriebsbereit.

Angst vor Eskalation

Je näher man der Inbetriebnahme der wichtigen Atomanlagen kommt, desto mehr wächst auch der Argwohn, dass Israel versucht sein könnte, diese Anlagen zu bombardieren. Dies wird freilich heute nicht mehr so leicht sein wie einst im Irak: Obwohl die Israelis heute vielleicht vom Irak aus starten könnten - und sich damit den langen und riskanten Anflug sparen würden – müssten sie doch eine Vielzahl von Zielen gleichzeitig angreifen und nicht nur eines wie einst im Irak. Und sie müssten auch versuchen, gleichzeitig den Abschuss der neuen iranischen Mittelstreckenraketen (Shihab III) zu verhindern, mit denen der Iran mühelos Ziele in Israel treffen könnte.