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Iranisches Drama "Frauen ohne Männer"

30. Juni 2010

Die Regisseurin Shirin Neshat gilt als eine Grenzgängerin der Kunst. Die Fotografien und Videos der Iranerin beschäftigen sich mit Erotik und Gewalt. Jetzt kommt ihr Film "Frauen ohne Männer" in die deutschen Kinos.

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Shirin Neshat beim Filmfestival in Cannes (Foto: AP)
Shirin Neshat beim Filmfestival in CannesBild: AP

Eine betrogene Ehefrau, eine unglücklich Verliebte, eine Prostituierte und eine Selbstmörderin – vier iranische Frauen finden in einem verwunschenen Garten zusammen. Er ist Dschungel und Wüste, aber auch Schutzraum zugleich. Hier erzählen die unterschiedlichen Frauen ihre Geschichten von Widerstand und Unterdrückung während der Machtübernahme des Schahs im Jahr 1953. In subjektiven Bildern und Metaphern voller Wucht beschwört Regisseurin Shirin Neshat ambivalente Zustände und traumhafte Stimmungen von Hoffnung und Ausweglosigkeit, Schmerz und Aufbruch. "In diesem Film wollte ich zeigen, dass das Leben im Iran in den 50er-Jahre bunter war als jetzt. Man sah westlich orientierte Menschen, religiös Gläubige, Prostituierte und so weiter. Anders als jetzt, wo alle gezwungen werden, religiös zu sein.“

Fotos- und Videoinstallation

Schwarz-weiß-Fotografie von Shirin Neshat in einer Ausstellung in Frankfurt (Foto: dpa)
Provokant: Shirin Neshat stellt die Rolle der Frauen in FrageBild: dpa

Die Künstlerin selbst ist zwar Muslimin, wuchs aber in einer westlich orientierten Familie auf und besuchte ein katholisches Internat in Teheran. Sie verließ 1979 den Iran, um Kunst zu studieren und ging in die USA. Zeitgleich kam Ayatollah Khomeini durch die iranische Revolution an die Macht. Shirin Neshat blieb in den USA, beschäftigte sich in ihrer Kunst aber immer wieder mit dem Iran, etwa in ihrer Fotoserie "Woman of Allah", die sie in den 90er-Jahren bekannt machte.

"Iraner kann man aus dem Iran vertreiben, aber nicht den Iran aus den Iranern. Nach so vielen Jahren Aufenthalt im Westen bin ich immer noch gefühlsmäßig Iranerin. Aber auf der anderen Seite fühle ich mich auch westlich, so wie ich denke, wie ich mich kleide, wie ich wohne", betont Neshat. Eine klare politische oder religiöse Position zu beziehen, hat die Künstlerin viele Jahre lang bewusst vermieden. Ihre Werke sollen für sich sprechen, sagt sie. In ihren Videos und Kunstinstallationen hinterfragt sie nicht nur die islamischen, sondern auch die christlichen Wertvorstellungen.

Kein Protest

"Ich zähle mich zu den Muslimen, bin aber nicht so gläubig, dass ich jeden Tag bete", erzählt die 53-jährige. Respektlosigkeit gegenüber dem Islam interessiere sie nicht. "Ich bin der Meinung, dass Glaube eine persönliche Entscheidung ist, die von den Anderen respektiert werden muss. Mit diesem Film wollte ich nicht den Islam in Frage stellen oder dagegen protestieren. Damit wollte ich zeigen, was ich sehe. Ich finde es nicht interessant, wenn Künstler ihre Werke als eine Art Protest darstellen."

Unterstützung für die grüne Revolution

Die Regisseurin mit ihrer Auszeichnung, dem silbernen Löwen, bei den 66. Internationalen Filmfestspielen in Venedig (Foto: AP)
Preisgekrönt: In Venedig erhielt Neshat den Silbernen Löwen für ihren FilmBild: AP

Seit dem Sommer 2009 aber hat Shirin Neshat ihre Zurückhaltung aufgegeben. Die friedliche Revolution junger Iraner habe sie verändert, erzählt die Regisseurin. Sie habe sich damals verpflichtet gefühlt, diese Jugend zu unterstützen. Schließlich kämpfe sie für etwas, an das sie selbst fest glaube: Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Die Parallelen zwischen der Revolution 2009 und 1953 sind für Neshat unübersehbar, vor allem im Hinblick auf die Frauen. "Was politische Aktivitäten angeht, unterscheiden sich Frauen von Männern. Ich glaube, Frauen handeln da emotionaler als Männer, und das ist positiv. Frauen mögen keine Gewalt und können sie nicht ertragen. Männer mögen auch keine Gewalt, aber ertragen sie", analysiert Neshat.

Parallelen zu 1953

Bei dem Aufstand vergangenen Sommer im Iran habe man gesehen, dass sich Frauen auch für die Protestierenden eingesetzt hätten, als diese von Polizisten verprügelt worden sind. "Und genau das sehen wir in meinem Film, wo die Darstellerin Munis einen sterbenden Soldaten in die Arme nimmt und bitter weint."

Mit ihrem Film "Women without men - Frauen ohne Männer" möchte Neshat an die Menschen erinnern, die schon 1953 für Freiheit und Demokratie im Iran kämpften. Die Iraner müssten sich an den kurzen Zeitraum erinnern, in dem sie eine Demokratie gelebt hätten, sagt die Künstlerin. Das gebe ihnen auch heute ein Stück Würde zurück.

Autorin: Sabine Damaschke

Redaktion: Stephanie Gebert