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Rial flutet Afghanistan

Waslat Hasrat-Nazimi5. Oktober 2012

Der Verfall der Landeswährung Rial führt zu Unruhen und Protesten im Iran. Aber auch im Nachbarland Afghanistan löst die Inflation eine Welle der Besorgnis aus. Der grenzüberschreitende Handel droht zu kollabieren.

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Ein Iraner tauscht sein Geld in US-Dollar (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Auf dem Basar in Herat im Westen Afghanistans ist die Stimmung aufgeheizt. Der Verfall der iranischen Währung Rial hat auch auf dieser Seite der Grenze für viel Unruhe gesorgt. Herat ist die vermögendste Stadt Afghanistans, was insbesondere dem regen grenzübergreifenden Handel mit dem Iran zu verdanken ist. Vor allem Öl, Wasser und Lebensmittel werden aus dem Nachbarland importiert. Aber jetzt könnte die Währungskrise im Iran für Herats Ruin sorgen. Für die Händler in der Stadt ist die iranische Inflation wie ein Todesurteil, sagt Haji Khush, einer der Händler in Herat: "Der Verfall des Rial hat uns allen geschadet", erzählt er. Egal, ob Warenhandel, Benzinkäufe oder Geldumtausch: Alles sei zusammengebrochen. "Wir mussten alles aufgeben und sitzen nun zu Hause. Unser ganzes Geld ist weg." 

Kisten und Koffer voller Geld

Viele Iraner hatten versucht, der Inflation zu entkommen, indem sie gleich kistenweise ihre Rial nach Herat brachten, um sie hier in US-Dollar einzutauschen. "In einem Fall waren es um die 140.000 Euro, die man versucht hat, in einem Koffer über die Grenze zu bringen, und die bei uns beschlagnahmt wurden", erklärt General Sher Ahmad Maladani von der afghanischen Grenzpolizei. Im Westen von Afghanistan sind sowohl Rial als auch US-Dollar als "Schattenwährung" beliebter als das landeseigene Zahlungsmittel, der "Afghani". Doch weil der Markt in Herat förmlich mit Rial geflutet wurde, bleiben die afghanischen Händler nun auf großen Mengen iranischen Geldes sitzen, das quasi stündlich weiter an Wert verliert.

Ein afghanischer Geldwechsler bietet Afghani und US-Dollar an (Foto:ap)
Ob US-Dollar oder Afghani: alles ist den Iranern derzeit lieber als ihr eigener RialBild: AP

Um dem Ganzen Einhalt zu gebieten, hat die afghanische Regierung jetzt eine Obergrenze von 1.000 US-Dollar vorgeschrieben, die maximal über die Grenze in den Iran ausgeführt werden darf. Doch viele Experten bezweifeln, dass die Maßnahme der Regierung den afghanischen Markt vor einem möglichen Zusammenbruch schützt. So auch Mir Barez Hossaini, Wirtschaftsprofessor an der Universität Herat. "Wir haben eine lange Grenze mit dem Iran, die kaum zu kontrollieren ist", erklärt der Wirtschaftswissenschaftler. Schmuggler haben unter solchen Voraussetzungen Hochkonjunktur. "Die staatlichen Maßnahmen werden keine große Wirkung haben", ist Hossaini überzeugt, "aber sie sind legal und der Staat ist berechtigt, diese auszuführen."

Fallender Rial, steigende Preise

Vor allem in den westlichen, an den Iran grenzenden Provinzen Herat, Nimroz und Farah ist der iranische Rial im Umlauf. In einigen Gegenden wird sogar ausschließlich mit Rial gezahlt. Doch wenn der Dollar weiter steigt, werden die Menschen aufhören, den Rial als Zahlungsmittel zu verwenden, so Hossaini. Die Inflation der iranischen Währung habe schon jetzt erhebliche Auswirkungen: Die westafghanischen Märkte brechen ein, die Preise schießen in die Höhe. Jan Agha Farahi, ein Händler aus Herat, berichtet von dramatischen Folgen für den Wechselkurs: "Früher, als iranische Händler bei uns Kredite aufgenommen haben, war das Geld noch wenigstens etwas wert", beschwert sich der Händler: "Für eine Million Rial habe ich 40.000 Afghani bekommen. Jetzt sind es gerade einmal 15.000 Afghani. Die Menschen sind sehr verärgert." Da es nach islamischem Gesetz nicht erlaubt ist, mittels Zinsen Profit aus Schulden und Krediten zu schlagen, müssen sich die afghanischen Händler nach anderen Einkommensquellen umschauen. Viele von ihnen haben einen Großteil ihrer Aktivitäten jetzt in den Iran verlagert. Für spottbillige Preise kaufen sie nun dort Waren ein, um sie teuer wieder in Afghanistan zu verkaufen.

Ein Mann schlendert durch den Basar von Herat (Foto: Hoshang Hashemi / DW)
Der Basar in Herat ist in diesen Tagen deutlich leerer als normalBild: DW/Hashemi