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Irans Atomprogramm als Belastungsprobe

Taher Shir Mohammdi 9. Juli 2012

Bei seiner ersten Nahost-Reise seit 7 Jahren hatte Russlands Präsident Putin Israel besucht. Im Mittelpunkt der Gespräche stand Irans Atomprogramm.

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Putin besucht Israel (Foto:Jim Hollander, Pool/AP/dapd)
Putin besucht IsraelBild: AP

Mit fünf Ministern, einer 300-köpfigen Delegation und vier Flugzeugen kam Putin Ende Juni nach Israel. Der israelischen Regierung ist die nukleare Aufrüstung des Mullah-Regimes ein Dorn im Auge. Israels Ministerpräsident Netanjahu bekräftigte seine Forderungen an den Iran: Teheran müsse die Anreicherung von Uran stoppen, alles angereicherte Material außer Land bringen und die Atomanlage Fordo schließen.  Auch Russland schien von der uneingeschränkten Solidarität mit Teheran abgesehen zu haben.

Russische Touristen können ohne Visum nach Israel reisen. (AP Photo/Tara Todras-Whitehill)
Russische Touristen können ohne Visum nach Israel reisen.Bild: AP

Vladimir Sajin, Professor am Orient-Institut in Moskau, bestätigte, dass Russland den Iran nicht mehr unterstützen werde. Früher habe Russland die arabischen Länder einseitig unterstützt, so der russische Nahost-Experte. Nach dem Zerfall der UDSSR hätten sich die russischen Beziehungen zu Israel viel verbessert. "Russen und Israelis können ohne Visum in die jeweiligen Länder einreisen. Die Anzahl russischer Touristen in Israel liegt unmittelbar hinter den Amerikanern auf dem zweiten Platz."

Russland-Affinität israelischer Politiker

Circa 1,5 Millionen Menschen sprechen in Israel Russisch.  Viele waren nach der Wende 1990 Emigranten von der Sowjetunion. Einer von ihnen ist der israelische Außenminister Avigdor Liebermann. 1999 gründete er die Partei "Israel unser Haus", die ihre Sympathisanten im russischsprachigen Bevölkerungsanteil findet. Die Partei hat aktuell 11 von 120 Sitzen in der Knesset. Laut Umfrage könnte Liebermanns Partei nach den nächsten Wahlen 2013 sogar mit 20 Sitzen im Parlament vertreten sein.

Diese politische Elite verfolgt aufmerksam jede kleine Neuausrichtung der russischen Außenpolitik, vor allem die der russisch-iranischen Beziehungen, und gestaltet aktiv Israels Politik mit. 

Dolmetscher sind für Putins Staatsbesuch eigentlich nicht notwendig.  Neben dem Außenminister sprechen auch der israelische Minister für Information und Diasporaangelegenheiten, Juli-Joel Edelstein, und der Koalitionsvorsitzende Ze´ev Elkin Russisch. Beide wurden in der ehemaligen Sowjetunion geboren und gehören dem regierenden Parteienbündnis Likud an.

Holocaust als Messlatte

Auf diese politische Konstellation muss Putin besondere Rücksicht nehmen. Er forderte in Israel, der Holocaust dürfe sich nie wiederholen. In den Augen des russischen Experten Sajin war Putins Aussage ein Warnschuss Richtung Teheran.  "Mit diesen Worten stellte sich Putin gegen Ahmadinedschads Holocaustverleugnung." Öffentlich bezeichnet der iranische Präsident den Holocaust immer noch als "Lüge". Dies löst bei jeder neuen Auflage heftigste Reaktionen in Israel und weltweit aus. 

Menashe Amir: Keine Kursänderung in Sicht. (Foto: Amir)
Menashe Amir: Keine Kursänderung in SichtBild: DW/O’Brien

Für Amir Menashe, einen israelischen Experten aus Jerusalem, war die Aussage Putins jedoch nicht eindeutig genug, um eine russische Kursänderung festzustellen: "Wäre der Einfluss jüdischer Lobbyisten in Moskau groß genug, dann hätte Russland den Iran und Syrien nicht so massiv unterstützen können." In Russland bekleidet noch kein Jude ein hohes politisches Amt.  Politisch sind sie dafür nicht aktiv genug.

Putin zeigt noch kein außenpolitisches Profil

Insgesamt verhält sich Putin im Moment außenpolitisch sehr bedeckt, glaubt Hans-Henning Schröder, Forschungsgruppenleiter Russland/GUS der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. "Sowohl gegenüber den USA als auch Europa macht Putin eine Reihe von Gesten, die verdeutlichen, dass er nicht wirklich an einer Zusammenarbeit interessiert ist. Vor diesem Hintergrund ist der Israel-Besuch interessant gewesen. Und natürlich ist der Iran besorgt, dass es möglicherweise eine politische Richtungsänderung geben könnte."  Im Nahost wolle Russland weiter ein Akteur bleiben und die Kontakte zu Israel und Iran aufrechterhalten.

Prof. Dr. Hans-Henning Schröder von der SWP. (Foto: SWP)
Prof. Dr. Hans-Henning Schröder von der SWPBild: SWP

Dennoch lassen sich die russischen Beziehungen zu den arabischen Ländern nach dem arabischen Frühling nur schwer gestalten, denn Russland habe den Rückhalt in vielen Ländern verloren.  "Die Zuwendung zu Israel ist nicht neu.  Aber Moskau wird keine Politik führen, die sie vom Iran entfremdet", so Schröder.

Israels Präsident Schimon Peres äußerte nach Putins Besuch seine Überzeugung, Russland werde eine Bedrohung durch das iranische Atomprogramm nicht zulassen. Gemeinsam mit Putin weihte Peres in der israelischen Küstenstadt Netanja ein Denkmal ein, das an den Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg über Nazi-Deutschland erinnert. Trotz dieser optimistischen Geste gab es bisher noch kein weiteres Zeichen für eine ernsthafte Änderungen in Putins Iran-Politik.

Peres: Putin wird eine iranische Bedrohung nicht zulassen. (Foto: EPA/YIN DONGXUN/dpa)
Peres: Putin wird eine iranische Bedrohung nicht zulassen.Bild: picture-alliance/dpa