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Irgendwo in Pernambuco

Fernando Caulyt / Jessie Serrão26. Mai 2014

Recife hat das abgelegenste Stadion der WM. Trotzdem mussten Menschen für den Bau ihre Wohnungen aufgeben. Aktivisten ziehen eine vernichtende Bilanz.

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Recife Luftaufnahme der Gegend um den Hafen (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wie viel das Stadion die Steuerzahler am Ende kostet, weiß bis heute noch niemand genau. Zwar wurde die Arena Pernambuco bereits im Mai 2013 eingeweiht, doch das Finanzierungsmodell ist so kompliziert, dass die öffentlichen und privaten Kosten des PPP (Private-Public-Partnership) noch nicht abschließend berechnet werden können. Das Bürgerkomitee zur Weltmeisterschaft (Comitê Popular da Copa) in Recife schätzt jedenfalls, dass es rund 250 Millionen Euro sein dürften, also etwa 100 Millionen mehr als ursprünglich veranschlagt.

Fest steht dagegen, dass kein Stadion der WM 2014 so weit vom Zentrum der Gastgeberstadt entfernt liegt wie das von Recife: 22 Kilometer weit muss man vom Stadtzentrum in die Arena Pernambuco fahren, wo Deutschland in der Vorrunde auf die USA trifft. Bereits beim Confederations Cup beschwerte sich der uruguayische Nationalspieler Diego Lugano über 1,5 Stunden Anfahrt vom Hotel zum Stadion.

Dennoch könnte man denken, die Standortwahl sei ein genialer Clou der Stadtplaner, um den Verkehr in der Millionen-Metropole zu entlasten und die dicht bebauten innerstädtischen Flächen zu schonen.

Tausende Zwangsumsiedlungen

Doch für 2000 Familien war der Ort nicht abgelegen genug. Sie wurden umgesiedelt - teilweise zwangsweise und das ohne rechtmäßige Entschädigung, sagt Rudrigo Rafael, Koordinator des Bürgerkomitees der Weltmeisterschaft (Comitê Popular da Copa) in Recife: "Ihre Situation ähnelt denen von Flüchtlingen: Manche sind bei Verwandten untergekommen, andere müssen übergangsweise Wohnungen mieten, die sie sich gar nicht leisten können, um nicht auf der Straße zu leben."

Stau auf einer Kraftfahrtstraße in Recife (Foto: D. Garcia/AFP/Ghetty Images)
1,5 Stunden Anfahrt vom Hotel zum StadionBild: D.Garcia/AFP/GettyImages

Das will der zuständige Staatsanwalt Francisco Luiz Viana Nogueira so nicht stehen lassen: "Bei 65 Prozent der Enteignungen haben die Bewohner das Angebot der Behörden akzeptiert." Die anderen seien per Gerichtsbeschluss enteignet und rechtmäßig entschädigt worden.

Kein echter Fortschritt

Probleme mit den WM-Vorbereitungen haben allerdings deutlich mehr als 2000 Familien. Denn mit dem Stadionbau außerhalb der Stadt haben die Verantwortlichen auch die Notwendigkeit umgangen, effektive Transportlösungen zu schaffen.

Auf diese Weise wurde in Recife etwa eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau der Infrastruktur investiert, ohne ein zukunftsfähiges Mobilitätskonzept zu haben, meint Rudrigo Rafael vom Bürgerkomitee: "Es wurden vor allem bestehende Omnibusspuren ausgebaut." Das könne nach der WM vielleicht die Fahrtzeit auf dem einen oder anderen Weg verkürzen, räumt Rafael ein, "doch an der Logik des prekären öffentlichen Personennahverkehrs wird das nichts ändern."