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Irland stellt Milliarden-Sparplan vor

24. November 2010

Wie erwartet will Irlands Regierung in den nächsten vier Jahren den Haushalt um 15 Milliarden Euro entlasten. Das ist Voraussetzung für Hilfen aus dem Rettungsschirm des Internationalen Währungsfonds und der EU.

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Symbolbild "Sparen" (Quelle: Fotolia/mipan)
Irland muss den Gürtel enger schnallenBild: Fotoli/mipan

Die "Vier-Jahres-Strategie" ist der erste Schritt auf dem Weg zur Vorstellung des Haushalts am 7. Dezember. Der irische Ministerpräsident Brian Cowen plant bis 2014 Einsparungen in Höhe von zehn Milliarden Euro und will zudem mit Steuererhöhungen fünf Milliarden Euro zusätzlich in die Staatskasse leiten. Auf jeden Einwohner kämen damit im Schnitt 3700 Euro mehr Steuern zu.

Unter anderem sieht das 160 Seiten umfassende Programm vor, die Mehrwertsteuer von derzeit 21 auf 23 Prozent zu erhöhen. Ab 2014 müssen die Iren erstmals ihr Trinkwasser bezahlen. Der Mindestlohn sinkt um einen Euro auf 7,65 Euro. Knapp 25 000 Jobs im öffentlichen Dienst werden wegfallen. Die von vielen EU-Ländern kritisierte niedrige Unternehmenssteuer tastet Dublin nicht an: Sie bleibt bei 12,5 Prozent.

Irlands Premierminister Brian Cohen (Foto: AP)
Setzt den Rotstift für sein Land an: Irlands Premier CohenBild: AP

40 Prozent oder sechs Milliarden Euro des Gesamtpaketes sollen bereits 2011 wirksam werden. Das Vorhaben eines Sparpakets im Volumen von 15 Milliarden Euro hatte Irland erstmals im Oktober bekanntgegeben. Damals war von EU- und IWF-Hilfen noch keine Rede.

Cowen erwartet 85 Milliarden aus Rettungsfonds

Die Höhe des internationalen Rettungspakets für sein Land bezifferte Cowen am Mittwoch (24.11.2010) auf etwa 85 Milliarden Euro. Über diese Summe sei gesprochen worden, die Zustimmung von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) stehe aber noch aus, sagte Cowen am Mittwoch vor Abgeordneten in Dublin. Er bezog sich damit auf irische Medienberichte, in denen von diesem Umfang des Rettungsschirms die Rede war.

Nach Angaben der Bundesregierung steht dagegen die Höhe der Finanzhilfe noch nicht fest. Die Summe stehe erst nach Abschluss der Gespräche zwischen der Regierung in Dublin und der EU-Kommission sowie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) fest, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Irlands Bonität herabgestuft

Die Finanzkrise hat Irlands Banken besonders hart getroffen. Die Lage im Bankensystem Irlands ist einem Zeitungsbericht zufolge so kritisch, dass die Institute schon am Wochenende Not-Gelder erhalten sollen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's stufte die Kreditwürdigkeit des Landes erneut herunter, während an den Finanzmärkten die Furcht vor einem Staatsbankrott zunahm.

Die Summe der Bürgschaften und Kapitalspritzen, die die irische Regierung zur Stützung des Bankensektors vorsieht, ist fast drei Mal so hoch wie die Wirtschaftsleistung des Landes. Das derzeit mit der Regierung in Dublin verhandelte EU-Rettungspaket für Irland soll zusätzliche Milliarden zur Stabilisierung des Bankensektors beinhalten.

Streiks und Proteste

Aus Protest gegen Sozialkürzungen und Steuererhöhungen planen Gewerkschaften, Studenten, Rentner und andere Gruppen am Samstag eine Großdemonstration in der Hauptstadt Dublin. Einige Gewerkschaften hatten gewarnt, eine zu rigide Rotstiftpolitik könnte - ähnlich wie in Griechenland - zu Unruhen führen.

An den Finanzmärkten erhöht die irische Schuldenkrise den Druck auf andere hochverschuldeten Länder der Euro-Zone. Nach Einschätzung der Marktteilnehmer wächst wegen des finanziellen und politischen Notstands in Irland die Gefahr, dass auch Portugal und Spanien in den Strudel der Krise geraten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: dapd)
Will notfalls auch private Gläubiger zur Kasse bitten: Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: dapd

Merkel und Barroso uneins

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte angesichts der Schuldenkrise eine stärkere Angleichung der europäischen Wirtschaftspolitik. Die Europäische Union sei bereits "auf dem Weg, eine gemeinsame, kohärente Wirtschaftspolitik zu schaffen", sagte Merkel am Mittwoch in der Generaldebatte über den Bundeshaushalt 2011. In der EU müsse zudem ein permanenter Euro-Krisenmechanismus geschaffen werden, bei dem notfalls auch private Gläubiger zur Kasse gebeten werden, bekräftigte die Kanzlerin.

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso kritisierte das deutsche Pochen auf die Mithaftung des Privatsektors bei künftigen Schuldenkrisen. Er habe schon auf dem EU-Gipfel Ende Oktober vor dem Risiko gewarnt, dass dieses Thema "ohne richtige Vorbereitung und Erklärungen" angepackt werde, sagte Barroso am Mittwoch vor dem EU-Parlament.

Autor: Hajo Felten (rtr, ap, dpa)
Redaktion: Martin Schrader