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US-Soldat tötet Zivilisten in Kandahar

11. März 2012

Ein US-Soldat soll mehrere Zivilisten in der südafghanischen Provinz Kandahar erschossen haben, darunter auch Frauen und Kinder. Die ISAF bestätigte den Vorfall.

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Soldaten in Afghanistan
Bild: AP

Der Vorfall hat sich in dem Dorf Sangawat in der südafghanischen Provinz Kandahar ereignet. Ein US-Soldat soll gegen ein Uhr morgens am Sonntag (11.03.2012) in vier Häuser im Bezirk Panjwaiee eingedrungen sein, so Haji Agha Lalai, der Bezirksvertreter im Provinzrat von Kandahar. Er war nach eigenen Angaben vor Ort und konnte mit den betroffenen Menschen sprechen. "In vier Häusern hat er sechzehn Bewohner erschossen und fünf weitere verletzt. Unter den Opfern sind neun Frauen und vier Jugendliche sowie drei erwachsene Männer."

Ein Bewohner des Dorfes Sangawat berichtet zudem, dass der Angreifer einige seiner Opfer angezündet hat. "Seht euch diese Leichen an. Die meisten sind Frauen und Kinder. Der Angreifer hat einige Leichen mit Decken bedeckt und sie dann angezündet." Der Dorfbewohner verlangt von der afghanischen Regierung und von der internatonalen Gemeinschaft, für Gerechtigkeit in Afghanistan zu sorgen.

Proteste gegen die Regierung

Die Bewohner des Dorfes sind nach dem Vorfall auf die Strasse gegangen und haben gegen die afghanische Regierung und ausländische Soldaten lautstark protestiert. Der Bezirksvertreter Haji Agha Lalai erklärte gegenüber der Deutschen Welle, er und die Sicherheitsbeamten Kandahars hätten den Dorfbewohnern davon abgeraten, mit ihrem Protestzug in die Provinzhauptstadt zu ziehen: "Die Dorfbewohner haben mit uns per Telefon Kontakt aufgenommen. Ich habe den Polizei- und Armeechef der Provinz Kandahar nach Sangawat begleitet. Wir haben uns vor Ort ein Bild von dem Vorfall gemacht."

Der afghanische Präsident ist eingeschaltet

Der afghanische Präsident Hamid Karzai soll persönlich versucht haben, die Dorfbewohner per Telefon zu beruhigen, erklärt Haji Agha Lalai. Der Präsident habe den Dorfbewohnern eine lückenlose Aufklärung versprochen, so Lalai. Kabul hat in einer ersten Reaktion den Vorfall offiziell verurteilt und von der Tat eines "internationalen Mörders" gesprochen.

Carsten Jacobson (Foto: DW)
ISAF-Sprecher Jacobsen versprach eine gründliche Untersuchung der Umstände der TatBild: DW

Der ISAF-Sprecher in Afghanistan, General Carsten Jacobson, bestätigte gegenüber der Deutschen Welle den Vorfall. Über die genaue Zahl der Opfer lägen noch keine endgültigen Informationen vor, so der General: "Nach den der ISAF vorliegenden Informationen hat ein US-Soldat im Verlauf der letzten Nacht seinen Außenposten verlassen, sich in die naheliegenden Ortschaften begeben und dort unschuldige Zivilisten erschossen. Der Täter hat sich anschließend in seiner Basis gestellt und befindet sich zurzeit in Gewahrsam. Die Untersuchungen laufen, um das Ausmaß der Tat der letzten Nacht vollständig erfassen zu können."

Die NATO-geführte Afghanistan-Schutztruppe ISAF bedauere den Vorfall sehr und werde gemeinsame mit den afghanischen Behörden den Vorfall untersuchen, so Jacobsen. Auch die US-Botschaft in Kabul verurteilte die Tat und versprach, den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Tötung afghanischer Zivilisten durch ausländische Soldaten sorgt immer wieder für erhebliche Spannungen zwischen der ISAF und der afghanischen Bevölkerung und Regierung in Kabul. Vor rund zwei Wochen hatte zudem die Verbrennung von Koran-Exemplaren durch US-Soldaten auf dem US-Stützpunkt Bagram im ganzen Land tagelange Massenproteste ausgelöst. Dabei waren mehr als 30 Afghanen getötet worden. Der neue Vorfall könnte Bevölkerung erneut in Aufruhr versetzen, befürchten Experten in Kabul.

Protestierende (Foto: reuters)
Bereits nach der Verbrennung von Koranschriften durch US-Soldaten kam es zu schweren Protesten in AfghanistanBild: Reuters

Autor: Ahmad Wali Achakzai
Redaktion: Andrea Lueg