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Islamexperte Rohe: "Unsere Freiheit verteidigen"

Stefan Dege8. September 2014

Viele Menschen in Deutschland habe eine Grundangst vor dem Islam und fühlen sich bedroht, vermutet der Erlanger Islamkenner Mathias Rohe.

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Rechtswissenschaftler und Islamkenner Mathias Rohe
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Herr Rohe, wie bewerten Sie die Ereignisse von Wuppertal?

Mathias Rohe: Die Burschen haben erreicht, was sie erreichen wollten - mit minimalem Aufwand maximale Aufmerksamkeit erlangen. Die Empörung, die entstanden ist, haben sie einkalkuliert. Ich nehme an, sie zielen ab auf ein jugendliches Publikum, das sich über so eine Protesthaltung freut. Vielleicht versuchen sie noch ein paar Leute zu rekrutieren. Das ist das Problematische an der Sache.

Gibt es eine Grundangst vor religiösem Fanatismus in Deutschland?

Mit Sicherheit. Das bestätigen alle Statistiken und Umfragen. Schon vor Sarrazin gab es eine Mehrheit in der Bevölkerung, die eine starke Skepsis hat - interessanterweise nicht vor den Muslimen, die hier leben, sondern vor dem Islam an sich. Eine abstrakte Bedrohung, die sich jetzt konkretisiert durch diese Terrorbanden von IS. Der Begriff Scharia lässt natürlich sofort alle roten Lampen blinken - unabhängig davon, ob es um so schreckliche Dinge geht wie Hände abhacken oder das Verbot von Glückspiel oder Alkoholgenuss.

Wie kann man solchen Provokationen die Spitze nehmen oder auch Ängste aus der Welt schaffen?

Es gibt drei wichtige Handlungsebenen - etwa die rechtliche: Wo gegen geltendes Recht verstoßen wird, muss man der Sache Einhalt gebieten. Da bin ich für niedrigschwellige Eingriffe. Allerdings sollte man sich immer wieder auf rechtsstaatliche Prinzipien besinnen, d.h. man muss gucken, was haben die sich jetzt konkret zu Schulden kommen lassen? Wenn das wenig oder nichts war, muss man entsprechend milde reagieren.

Wichtig scheint mir die gesellschaftliche Reaktion: Deutlich zu machen, dass wir hier eine freiheitliche Gesellschaft sind, die wir auch verteidigen möchten. Darüber brauchen wir eine gesellschaftliche Debatte.

Die dritte Ebene ist die innermuslimische Diskussion. Da spielen Muslime als Einzelpersonen oder als Organisation eine wichtige Rolle, die sie nach meinem Eindruck auch schon übernommen haben: Nämlich sehr deutlich zu machen: 'Das passt nicht zu uns!' Mir ist wichtig, dass eine innermuslimische Debatte entsteht, die auch von den Medien rezipiert wird. Da gibt es bei manchen einen gewissen Nachholbedarf. Wenn immer wieder eingefordert wird, Muslime mögen doch bitte Stellung nehmen zu diesem oder jenem - sie tun das unentwegt! Aber es wird häufig nicht transportiert.

Der Rechtswissenschaftler und Islamexperte Mathias Rohe ist Gründungsdirektor des Erlanger Zentrums für Islam und Recht in Europa.