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Israel droht mit Großoffensive

18. November 2012

Ein Ende des Gaza-Konflikts ist nicht in Sicht: Raketen fliegen weiter vom Gazastreifen auf israelische Städte, Israel bombardiert zurück. Die Zahl der Toten steigt, ebenso wie die der mahnenden Stimmen.

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Zerstörtes Haus im Gazastreifen (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Es gab heute einen kleinen Hoffnungsschimmer für einen Waffenstillstand als ein ranghoher Palästinenservertreter sagte, es gebe "ernsthafte Gespräche" und eine Einigung sei noch am Sonntag oder Montag möglich. Außerdem verhandelt offenbar ein hochrangiger israelischer Gesandter in Kairo. Er sei am Sonntag mit einem Privatflugzeug aus Tel Aviv in der ägyptischen Hauptstadt gelandet, berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Flughafenkreise. Ägyptische Kreise bestätigten die Angaben. Ägypten sei in intensiven Gesprächen mit beiden Seiten, hieß es demnach. Israels Präsident Schimon Peres begrüßte die ägyptischen Bemühungen am Sonntag im britischen Sender Sky News. Zugleich warf er der Hamas vor, die Vorschläge zu torpedieren.

Zahl der Toten steigt

Auf der anderen Seite steigt die Zahl der Toten stetig an: Seit Mittwoch haben laut israelischen Angaben militante Palästinenser mehr als 600 Raketen auf Israel abgefeuert. 240 seien abgefangen worden. Israel griff seinerseits mehr als 900 Ziele im Gazastreifen an. Laut Hamas wurden in dem Konflikt bisher mehr als 60 Palästinenser getötet, Israel beklagt drei tote Zivilisten. Hinzu kommen mehr als 500 Verletzte, fast alle auf palästinensischer Seite.

Gaza-Konflikt fordert immer mehr Opfer

Palästinenser fliehen aus ihren Häusern

Allein am Sonntag wurden bei Bombardements in Gaza sowie im Norden und Zentrum des Gazastreifens 20 Palästinenser getötet, wie Rettungskräfte des Palästinensergebietes mitteilten. Damit handelte es sich um den bislang blutigsten Tag der Offensive.

Augenzeugen berichten, dass Tausende Bewohner des Gazastreifens aus Furcht vor einer israelischen Bodenoffensive aus ihren Häusern in Richtung des Zentrums fliehen würden. Am frühen Morgen hatten israelische Kampfjets die Hamas-Regierungszentrale und andere wichtige Verwaltungsgebäude in Gaza-Stadt zerbombt. Außerdem wurden nach palästinensischen Angaben mindestens sechs Journalisten verletzt, als die israelische Luftwaffe in der Nacht die Mediengebäude der Fernsehsender Al-Kuds TV und Al-Aksa TV angriff, die der radikalislamischen Hamas nahestehen.

Tel Aviv weiter unter Beschuss

Den vierten Tag in Folge stand die Küstenmetropole Tel Aviv unter Beschuss. Die Raketen konnten jedoch weitestgehend von der Raketenabwehr abgefangen werden. Die radikal-islamische Hamas bekannte sich auch diesmal zu dem Angriff. In einem Vorort Tel Avivs wurde ein Auto von Raketentrümmern getroffen und ging in Flammen auf. Außerdem trafen Raketen mehrere Gebäude in den Städten Aschkelon, Beerscheva und Sderot.

"Bereit, weiter zu gehen"

Grund zur Sorge vor einer israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen gab auch eine Äußerung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu: "Die Operation im Gazastreifen geht weiter und wir sind dazu bereit, sie noch bedeutend auszuweiten", warnte er. Die Vorbereitungen laufen, 75.000 israelische Reservisten sind einsatzbereit, außerdem hat Israel an der Grenze zum Gazastreifen Panzer stationiert.

Porträt von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (Foto: AP)
Benjamin Netanjahu setzt auf sein Recht zur SelbstverteidigungBild: dapd

Weltweite Warnungen und Friedensbemühungen

Ein Szenario, das Angst macht:  Denn seit dem Arabischen Frühling werden viele arabische Länder von Islamisten regiert, so dass ein Krieg in Gaza zu einem Flächenbrand werden könnte. Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte daher die Araber und insbesondere Ägypten, mäßigend auf die Hamas einzuwirken und dafür zu sorgen, dass aus Gaza keine Raketen mehr abgefeurt werden. Denn das ist die Voraussetzung der Israelis für einen Waffenstillstand. 

Der britische Premierminister David Cameron drängte den israelischen Ministerpräsidenten in einem Telefonat, "alles nur Mögliche zu tun", um die Krise zu beenden. Sein Außenminister William Hague ermahnte Israel, von einer Bodenoffensive abzusehen: Zivile Opfer seien nicht zu verhindern und ein solcher Einsatz werde Israel internationale Unterstützung und Sympathien kosten, so Hague.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama betonten beide das Recht des israelischen Staates auf Selbstverteidigung. Zugleich telefonierten beide Staatschefs mit der israelischen Regierung und sagten, es müsse alles getan werden, um schnellstmöglich einen Waffenstillstand zu erreichen.

 Kundgebungen und Aktionen

Mit einer überraschenden Aktion meldete sich die Hackergruppe Anonymous zu dem Gazakonflikt. Nach eigenen Angaben griff die Gruppe aus Protest gegen die Militäroffensive israelische Internetseiten an. Mehr als 650 private und öffentliche Einrichtungen seien von der Attacke betroffen. So sei die Website des israelischen Außenministeriums kurzfristig lahmgelegt und der Datenbestand der Bank of Jerusalem, eines der größten Finanzhäuser des Landes, sei gelöscht worden.

In Berlin nahmen etwa 250 Menschen an einer Solidaritätsdemonstration für Israel statt. Unter anderem warb der Zentralrat der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, für Israels Recht auf Selbstverteidigung. Zu einem israel-kritischen Protestmarsch kamen rund 700 Demonstranten, darunter zahlreiche Palästinenser und verschiedene linke Gruppierungen.

nem/as (afp, dpad, dpa, rtr, kna)