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Israel in Sorge

Tania Krämer24. Juli 2012

Israel verfolgt den Bürgerkrieg in Syrien aufmerksam. Das Chemiewaffenarsenal des Nachbarn könnte Israel zu einem militärischen Eingreifen verleiten, um eine Weitergabe an militante Gruppen zu verhindern.

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Fotomontage von den Golanhöhen von israelischer und syrischer Seite (Foto: dapd/AP/DW)
Die syrisch-israelische GrenzeBild: picture-alliance/dpa/AP

Mit wachsender Sorge verfolgt Israel die Geschehnisse in Syrien. Israelische Medien machen fast täglich mit neuen Meldungen aus dem Nachbarland auf. Das Land fürchtet einen Ansturm von syrischen Flüchtlingen auf die von Israel besetzten Golanhöhen. Aber noch mehr fürchtet Israel, dass im politischen Chaos ein Teil der syrischen biologischen und chemischen Waffen in falsche Hände geraten könnten. Israel überlegt nun seit einigen Tagen laut und öffentlich, den möglichen Transfer solcher Giftgaswaffen militärisch zu verhindern.

Nach Premier Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak äußerte sich nun auch Staatspräsident Schimon Peres ungewöhnlich deutlich in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CNN: Israel könne nicht gleichgültig bleiben, wenn Chemiewaffen weitergegeben werden, die auf das Land gerichtet werden könnten.

Israels rote Linie 

Ein Plakat von Ahmadinedschad, Assad und Nasrallah (Foto: AP)
Enge Kontakte - Ahmadinedschad, Assad und Nasrallah (von links)Bild: AP

Für Israel wäre ein Waffentransfer an die pro-iranische Hisbollah, die ihre Stellungen nur unweit der Demarkationslinie im Norden Israels hat, besonders gefährlich. So kursieren bereits Spekulationen um einen möglichen israelischen Luftangriff auf geheime syrische Waffenlager. Jeder Versuch, einen Waffentransfer militärisch zu unterbinden, wäre allerdings ein kriegerischer Akt. Ein Militärschlag Israels gegen die Hisbollah wiederum könnte einen neuen Krieg mit dem Libanon entfachen, so die Diskussion in den israelischen Medien.

Auch die USA, Jordanien und die Türkei teilen die Sorge um das giftige Waffenarsenal. Israelische Medien gehen davon aus, dass die Staaten bereits eng kooperieren, um mögliche Waffentransporte zu beobachten und zu verhindern. "Die Erklärungen Netanjahus und Baraks kann man auch als Druck auf die internationale Gemeinschaft sehen", meint Experte Eyal Zisser. Dabei könne Israel im Moment nur abwarten, wie sich die Situation entwickelt. Aber es täte gut daran, gemeinsam mit regionalen oder internationalen Akteuren an einer Lösung zu arbeiten. Noch gehe man jedenfalls davon aus, dass die Waffen unter Kontrolle des Assad-Regimes seien, zitieren israelische Medien einen israelischen Sicherheitsberater. Die Situation aber kann sich schnell ändern.

Golanhöhen als neuer Konfliktherd

Israel macht sich neben einem möglichen Waffentransfer aber noch ganz andere Sorgen: Jahrelang herrschte relative Ruhe auf den Golanhöhen. Ein Sturz des Assad-Regimes könnte dies schlagartig ändern: "Es würde bedeuten, dass wir statt einer relativ ruhigen Grenze künftig eine instabile Grenze haben, und die Golanhöhen könnten zu einem neuen Sinai werden", meint Eyal Zisser. Gemeint ist damit die instabile Situation an Israels südlicher Grenze zu Ägypten. Das Gebiet sei seit dem Sturz von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak zu einem Sammelpunkt für militante und radikale Gruppierungen geworden, heißt es in israelischen Sicherheitskreisen. Mehrmals schon gab es von dort Angriffe von Militanten auf israelische Ziele. Sollte nun das Regime in Damaskus die Kontrolle verlieren, dann könnten global agierende Dschihadisten das politische Chaos nutzen, um auch im Norden Israels aktiv zu werden, so die Befürchtung.

Gewinner und Verlierer

"Israel gewinnt und verliert bei einem Sturz Assads", meint auch Syrien-Kenner Eyal Zisser. Denn letztlich könnte ein Fall Assads auch bedeuten, dass die politisch-militärische Brücke zwischen dem Iran und Syrien durchbrochen wird. Damaskus wäre dann nicht mehr das Tor des Iran zum Nahen Osten.

Auch wenn derzeit die Sorgen Israels dem syrischen Nachbarn gelten – auch die nukleare Bedrohung durch den Iran bleibt das große Thema. Die Situation in der Region, schreibt Kommentator Amos Harel in der israelischen Tageszeitung Haaretz, werde von Minute zu Minute komplizierter – und auch gefährlicher.