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Israel kurz vor einseitiger Waffenruhe

17. Januar 2009

Ministerpräsident Ehud Olmert will offenbar einen einseitigen Waffenstillstand im Gazakrieg verkünden. Am Sonntag ist in Kairo ein weiterer Gipfel zur Konfliktlösung geplant. Daran nimmt auch die Bundeskanzlerin teil.

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Israelische Soldaten und Panzer an der Grenze zu Gaza (Quelle: AP)
Bald sollen im Gazakonflikt die Waffen schweigenBild: AP

Das israelische Sicherheitskabinett will am Samstagabend (17.01.2009) zusammenkommen - wie die Nachrichtenagentur AFP aus Sicherheitskreisen in Jerusalem erfuhr, wird Ministerpräsident Ehud Olmert einen einseitigen Waffenstillstand im Gazakrieg verkünden. Olmert werde aber zugleich festlegen, dass israelische Soldaten im Fall von Angriffen der Hamas zurückschießen, hieß es.

Die Hamas-Führung hatte signalisiert, dass sie keine Vereinbarung "unter israelischen Bedingungen" akzeptieren werde. Der Exil-Sprecher der Hamas, Osama Hamdan, sagte, eine von Israel ausgerufene einseitige Waffenruhe habe keine Bedeutung, solange israelische Truppen im Gazastreifen blieben. "Solange zionistische Soldaten Gaza besetzen, wird die Konfrontation weitergehen", erklärte er in Beirut. Voraussetzung für eine Waffenruhe sei außerdem die Aufhebung der der israelischen Blockade des Gazastreifens, fügte er hinzu.

Gipfel in Ägypten soll Auswege finden

Zerstörte Gebäude an verwüsteter Straße (Foto: AP)
So oder ähnlich sieht es derzeit an vielen Orten im Gazastreifen ausBild: AP

Deutschland, Frankreich und Großbritannien sicherten derweil Israel und Ägypten ihre Unterstützung für einen dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen zu. In einem am Samstag in Berlin veröffentlichten Schreiben hieß es, alle drei Länder setzten darauf, dass einem dauerhaften Waffenstillstand "eine neue Dynamik für einen bleibenden Frieden im Nahen Osten" folge. Die gleichlautenden Briefe von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister Gordon Brown wurden demnach durch die Botschaften in Jerusalem und Kairo übergeben.

Die drei Länder seien bereit, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, "die zum Ende des Waffenschmuggels nach Gaza beitragen sollen". Dazu habe es in den vergangenen Tagen eine enge Abstimmung gegeben. Die Zusammenarbeit mit den Regierungen Israels und Ägyptens solle fortgesetzt werden, "um diese Maßnahmen zu konkretisieren".

Ägypten will am Sonntag einen internationalen Krisengipfel zur Lage im Gazastreifen organisieren, um über Auswege aus dem jüngsten israelisch-palästinensischen Konflikt zu beraten. Dazu seien Vertreter aus Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien, der Türkei sowie UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der palästinensische Präsident Mahmud Abbas in den Badeort Scharm el Scheich am Roten Meer eingeladen worden, verlautete aus Regierungskreisen in Kairo. Unter den Teilnehmern sind auch Merkel, Sarkozy und Brown. Ägypten bemüht sich seit Tagen um die Vermittlung einer Waffenruhe im Gaza-Konflikt.

Israelische Offensive fortgesetzt

Wenige Stunden vor dem Zusammentritt des Sicherheitskabinetts setzte Israel seine Angriffe im Gazastreifen fort. Artilleriegranaten schlugen am frühen Morgen nahe einer Schule des UN-Hilfswerks UNRWA im Norden des Küstenstreifens ein. Mindestens drei Zivilisten, eine Frau und zwei Kinder im Alter von sieben und fünf Jahren, wurden dabei getötet, berichteten Helfer und Augenzeugen.

In der Nacht hatte die israelische Luftwaffe rund 50 Ziele angegriffen, wie ein Militärsprecher in Tel Aviv bestätigte. Den tödlichen Zwischenfall bei der Schule kommentierte das Militär zunächst nicht.

Insgesamt wurden am Samstag bei israelischen Angriffen 13 Palästinenser getötet. Die Zahl der seit Beginn der Offensive am 27. Dezember Getöteten stieg damit nach palästinensischen Angaben auf 1305. Mehr als 5320 Menschen wurden demnach verletzt. Auf israelischer Seite starben 13 Menschen, darunter drei Zivilisten, bei Raketenangriffen oder Kämpfen im Gazastreifen.

Angela Merkel, Nicolas Sarkozy, Gordon Brown, im Hintergrund eine EU-Flagge (Bildmontage: DW)
Merkel, Sarkozy und Brown wollen einen Waffenstillstand tatkräftig unterstützenBild: AP Graphics/DW

Am Samstag wurden vier israelische Soldaten schwer verletzt, als sie nach ersten Erkenntnissen versehentlich von eigenen Truppen beschossen wurden, wie ein Militärsprecher mitteilte. Militante Palästinenser schossen 14 Raketen auf den Süden Israels ab.

War Angriff auf Schule ein Kriegsverbrechen?

In der von Israel angegriffenen Schule hatten sich zum Zeitpunkt des Zwischenfalls 1800 Menschen zusammengedrängt, die vor den Kämpfen aus ihren Häusern geflohen waren. Der UNRWA-Sprecher Chris Gunness sagte dazu: "Es muss herausgefunden werden, ob es sich um ein Kriegsverbrechen handelt."

Bereits am 6. Januar waren bei einem israelischen Angriff auf eine UNRWA-Schule in Gaza mehr als 30 Menschen getötet worden. Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hatte damals von "schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts" in Gaza gesprochen. Diese könnten auch ein "Kriegsverbrechen" darstellen, das strafrechtlich geahndet werden könne.

Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg flog am Samstag für die Europäische Union zu Vermittlungsgesprächen nach Kairo. Er wollte dort zunächst mit dem ägyptischen Amtskollegen Ahmed Abul Gheit sprechen, teilte das Außenministerium in Prag mit. Themen seien die angestrebte Waffenruhe und humanitäre Hilfe. Schwarzenberg war schon Anfang Januar im Namen der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft mit einer EU-Delegation in Ägypten, Israel, Ramallah und Jordanien.

Wieder Proteste in vielen Städten

Demonstration gegen Israel in Berlin (Foto: AP)
Auch an den vergangenen Wochenenden gab es zahlreiche Demonstrationen gegen das israelische VorgehenBild: AP

In vielen Städten Europas gab es am Samstag erneut Protestaktionen gegen die Gewalt im Gazakonflikt. In London versammelten sich mehrere tausend Demonstranten auf dem Trafalgar Square. Redner riefen die britische Regierung auf, ihren Botschafter aus Israel abzuziehen. In Birmingham machten mehr als 5000 Demonstranten ihrem Ärger Luft und riefen "Freiheit für Palästina".

Auf der größten deutschen Demonstration in Berlin zogen nach Polizeiangaben rund 6000 Teilnehmer Richtung Brandenburger Tor. Auf Transparenten und in Sprechchören verurteilten sie das Vorgehen Israels und gaben Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Mitschuld an dem Konflikt im Nahen Osten.

Auch in Rom protestierten am Samstag Tausende von Menschen auf einer Kundgebung "Pro Palästina" gegen die israelischen Angriffe. (gri)

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