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Israel vor der Wahl

Peter Philipp10. Februar 2009

Die Israelis haben die Wahl: Insgesamt 34 Parteien und politische Gruppierungen treten am Dienstag (10.02.2009) zur vorgezogenen Parlamentswahl an. Ein Hintergrund von Nahost-Experte Peter Philipp.

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Symbolbild Wahl in Israel (Quelle: DW)
Bild: dpa/DW
Benjamin Netanjahu (Foto: AP)
Wahlsieg in Gefahr? Likud-Vorsitzender NetanjahuBild: AP

Der 59-jährige Führer des nationalistischen "Likud", Benjamin Netanjahu, konnte sich bis kurz vor den Wahlen beruhigt zurücklehnen: Die Meinungsumfragen sagten ihm sämtlich einen bequemen Wahlsieg voraus. Erst in den letzten Tagen verringerte sich der Abstand zur noch regierenden "Kadima"-Partei von Außenministerin Zipi Livni wieder, vor allem aber: Es wurde immer deutlicher, dass der "Likud" - wie alle anderen Parteien auch - Stimmen an eine andere Rechtspartei verlieren würde: die ultranationalistische "Israel Beitenu" ("Israel ist unser Haus")-Partei des umstrittenen Avigdor Lieberman. Zwar blieb Netanjahu überzeugt, dass er die meisten Stimmen und damit den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten würde, es war ihm aber anzusehen, wie unwohl ihm beim Gedanken war, ohne diesen rechten Konkurrenten nicht auszukommen.

Ultranationalisten: dritte Kraft?

Avigdor Lieberman (Foto: AP)
Im Aufwind: Ultranationalist LiebermanBild: AP

Liebermans Partei ist auf dem besten Weg, zur dritten Kraft in Israel aufzurücken. Auf diesem Platz hatte bisher die sozialdemokratische Arbeitspartei von Verteidigungsminister Ehud Barak schmollend von der Rückkehr vergangener Zeiten geträumt, als sie noch fast automatisch den Regierungschef stellte oder doch wenigstens Kopf an Kopf lag mit dem konkurrierenden rechten "Likud".

Schwierige Zeiten für Arbeitspartei

Ehud Barak (Foto: AP)
Konnte mit Gazakrieg nicht punkten: Ehud BarakBild: AP

Bei den letzten Umfragen vor den Wahlen war klar, dass der Niedergang der Arbeitspartei kaum aufzuhalten sein würde. Barak hatte in letzter Zeit noch gehofft, sich selbst und seiner unattraktiv gewordenen Partei zu neuem Aufschwung zu verhelfen, indem er sich als Verteidigungsminister der gegenwärtigen Regierung mit dem Gazakrieg zu profilieren versuchte. Der Krieg erwies sich in jeder Hinsicht als katastrophal. Nicht nur für die Einwohner des Gazastreifens, sondern auch für die in Israel, die sich - wie Barak - politische Vorteile davon versprachen. Natürlich gibt es weiterhin Zustimmung im Volk, es wächst aber die Unzufriedenheit, wieder einmal einen Krieg ohne Entscheidung und klares Ergebnis geführt zu haben.

Wenig Hoffnung auf Frieden

Und solch ein Gefühl nützt dem rechten Lager in Israel: Netanjahu und vor allem Lieberman. Dieses Lager hat zwar keine überzeugenden Alternativen anzubieten, seine extreme Haltung gegenüber den Palästinensern ist auch eher Garantie dafür, dass es keine friedliche Lösung gibt, aber einer wachsenden Zahl von Israelis scheint die Frage eines Friedens ziemlich gleichgültig geworden zu sein. Sie halten Frieden für unwahrscheinlich und setzen stattdessen auf vermeintliche Sicherheit, die nur mit Härte und Unnachgiebigkeit erreicht werden könne, nicht aber mit Verhandlungen und Konzessionen.

Scheidender Premier unterstützt Livni

Zipi Livni und Ehud Olmert (Foto: AP)
Kadima-Spitzenkandidatin Livni hofft, Nachfolgerin von Premier Olmert (r.) zu werdenBild: AP

Auf solche Gefühle Rücksicht zu nehmen, hat auch bei "Kadima" Priorität: Hatten Noch-Premier Ehud Olmert und Außenministerin Zipi Livni einst gewetteifert, wer von beiden die bessere Friedenspolitik verfolgt, so konkurrieren sie heute eher darum, wer Israels Sicherheit besser gewährleistet. Erst im letzten Moment fand Olmert sich bereit, Livni offen zu unterstützen. Er tritt wegen Korruptionsvorwürfen bei den Wahlen nicht an, hofft aber beim nächsten Mal auf ein Comeback.

Kadima vor ungewisser Zukunft

Ob es "Kadima" dann noch geben wird, ist ungewiss: Die Partei entstand, als Ariel Sharon 2005 den Rückzug aus Gaza anordnete, und sie war eine Abspaltung des "Likud". Die Meinungsverschiedenheiten von damals haben längst an Bedeutung verloren, und so könnte sich nach diesen Wahlen durchaus eine Aussöhnung zwischen "Likud" und "Kadima" anbahnen. Und wenn es auch nur darum ginge, Liebermans radikale Gruppe von der Macht fernzuhalten. Auch Arbeitspartei-Chef Barak scheint zunehmend damit beschäftigt zu sein, sein Verbleiben in der Regierungsverantwortung sicherzustellen. Hierfür scheint er zu jeder Koalition bereit zu sein, Hauptsache, er bleibt Minister.

Rechtsruck in Israel?

Israels politische Landschaft teilt sich seit langem in ein rechtes und ein linkes Lager auf, wobei beide ihr Wählerreservoir vor allem in der Mitte sehen. In letzter Zeit verschiebt das Bild sich etwas zugunsten des rechten Lagers, ohne jedoch einer Partei zum klaren Wahlsieg zu verhelfen. Die Israelis scheinen in wachsender Apathie bereit, dies hinzunehmen. Und vom Frieden spricht man bei all dem schon gar nicht.