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IT-Gipfel der Unverbindlichkeiten?

8. Dezember 2009

Es ist bereits der vierte IT-Gipfel der Bundesregierung. Kritiker bemängeln, dass es an der Umsetzung der ambitionierten Projekte hapert, die auf den vorherigen Gipfeln verabschiedet wurden. Ändert sich das dieses Jahr?

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Viele bunte Netzwerkkabel (Foto: AP)
Zu viele Ideen, zu wenig Output? Kritiker streiten über die Projekte der IT-GipfelBild: AP
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (l.) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (Foto: AP)
Bundesbildungsministerin Annette Schavan und Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf dem 4. Nationalen IT-GipfelBild: AP

"E-Health", "Theseus", die bundeseinheitliche Servicenummer 115 - nur drei der Projekte, die auf den vergangenen IT-Gipfeln der Bundesregierung bekannt gemacht wurden und äußerst langsam ins Rollen kamen. Jetzt also ein weiterer Gipfel der Unverbindlichkeiten? Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räumte am Dienstag (08.12.2009) beim vierten nationalen Informationstechnologie-Gipfel in Stuttgart ein, dass gerade große staatliche IT-Projekte wie die Lkw-Maut oftmals Probleme bei der Einführung haben. Möglicherweise seien die Ziele zu groß. "In der IT-Branche ist es Mode geworden, das Blaue vom Himmel zu versprechen", kritisierte der Minister. Um konkrete Ziele zu verwirklichen, solle daher präziser vorgegangen werden.

Nun legt die Bundesregierung ein neues Projekt vor: Mit einem europaweit einzigartigen Projekt sagt sie der Virenlast auf privaten Computern den Kampf an. Schon in der ersten Jahreshälfte 2010 sollen PC-Nutzer auf die Hilfe einer Beratungsstelle zurückgreifen dürfen, mit der sie ihre Rechner daheim von Computerviren befreien können. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) stellten das Vorhaben auf dem Gipfel in Stuttgart vor.

Deutschland auf der Negativ-Top-Ten-Liste

Tatsächlich besteht dringender Handlungsbedarf: Deutschland rangiert bei der Anzahl der infizierten Rechner international nämlich auf Platz 3. Nun will der eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft mit Unterstützung des BSI ein providerübergreifendes Beratungszentrum mit telefonischer Unterstützung einrichten. Dort sollen Anti-Viren-Spezialisten mit dem Kunden den Schädling aufspüren und entfernen. "Mit dem Projekt möchten wir Deutschland mittelfristig aus den Top 10 der Länder, von denen schädliche Online-Aktivitäten ausgehen, herausbringen", sagt Sven Karge von eco.

Dem Projektentwurf zufolge haben Internetzugangsanbieter längst die technische Möglichkeit, vireninfizierte Rechner bei ihren Kunden auszumachen. Laut Plan sollen die Firmen ihre Kunden auf die Viren hinweisen - etwa per Post oder Telefon. Angedacht ist auch eine Internetseite, die sich bei jeder Einwahl ins Netz automatisch aufbaut, falls auf dem Rechner Viren lauern.

Jeder zweite Deutsche war schon Opfer von Internetkriminalität

Die Projektplaner schätzen, dass in Deutschland bis zu ein Viertel aller Rechner mit Viren infiziert ist. Es gebe allein 60.000 Neuinfektionen jeden Monat. Kriminelle schleusen die Viren über das Internet auf die Rechner und öffnen sich so ein Tor für Verbrechen - etwa, indem sie online das Bankkonto plündern oder den Rechner per Fernsteuerung für den Versand krimineller Massen-E-Mails nutzen. Ziel des neuen Projekts der Bundesregierung ist es, einen Großteil aller vireninfizierten Rechner binnen eines Jahres zu säubern.

Der Hightech-Verband Bitkom hatte jüngst ausrechnen lassen, dass jeder zweite deutsche Internetnutzer schon einmal Opfer von Kriminalität im Netz geworden ist. Die meisten hatten es dabei mit Computerviren oder anderen schädlichen Programmen zu tun. Die Zahl der so genannten Phishing-Fälle, bei denen Kriminelle Passwörter für das Online-Banking abfangen, soll dieses Jahr um gut 50 Prozent steigen. Von etwa elf Millionen Euro Gesamtschaden wird ausgegangen - die Tendenz sei weiter steigend.

"Breitbandnetz die Infrastruktur der Moderne"

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hält beim IT-Gipfel die Eröffnungsrede (Foto: AP)
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle verspricht den Ausbau der BreritbandnetzeBild: AP

Die neue Bundesregierung setzt laut Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) auf Informations- und Kommunikationstechnologie. Ziel müsse sein, in diesem Bereich mehr Arbeitsplätze zu schaffen als vom Strukturwandel bedroht seien. "Wir brauchen gerade jetzt den Erfolg der Branche, um erfolgreich zu sein", sagte Brüderle mit Blick auf erste Anzeichen für eine langsam beginnende Konjunkturerholung auf dem IT-Gipfel. Die Ingenieure aus Deutschland seien Weltspitze in der Entwicklung, aber nicht immer im Verkauf.

Der Bundeswirtschaftsminister sagte in Stuttgart, dass die Bundesregierung unter anderem auf den Ausbau des Breitbandnetzes für den schnellen Internetzugang setze. Das Breitbandnetz sei die Infrastruktur der Moderne. "Nicht nur die Autos müssen fahren, sondern die Daten müssen auch fließen können", so Brüderle.

Die Bundesregierung strebe an, noch 2010 allen Bürgern einen Internetanschluss mit einer Geschwindigkeit von einem Megabit bieten zu können. Das ist die langsamste DSL-Geschwindigkeit, die vor allem in ländlichen Gebieten bislang oft noch nicht verfügbar ist. Gleichzeitig soll nach dem Willen Brüderles aber auch das besonders schnelle Internet vorangetrieben werden: So sollten 2014 drei Viertel der deutschen Haushalte die Möglichkeit haben, mit bis zu 50 Megabit im Internet zu surfen.

Autorin: Julia Elvers-Guyot (dpa, afp, ap)

Redaktion: Henrik Böhme