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Wundertüte gegen Mitfavorit

Olivia Gerstenberger (mit sid, dpa)13. Juni 2016

Der Auftakt in Gruppe E hat es in sich: Die große Fußball-Nation Italien trifft auf das belgische Starensemble und will die desaströse WM vergessen machen. Der einstige Geheimfavorit Belgien träumt indes vom Titelgewinn.

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Kevin De Bruyne jubelt über ein Tor. Foto: Reuters
Bild: Reuters

Viermal wurde Italien Weltmeister. Deutschlands Nationalelf musste etliche bittere Halbfinal-Schlappen gegen die Squadra Azzurra einstecken - zuletzt bei der EM 2012. Doch der Fußball-Alltag ist nach dem blamablen Vorrunden-Aus bei der WM in Brasilien vor zwei Jahren trist und grau geworden um die umgebaute Elf von Nationaltrainer Antonio Conte. Taktgeber und Deutschland-Schreck Andrea Pirlo wurde mit seinen 37 Jahren nicht mehr berücksichtigt, Riccardo Montolivo vom AC Mailand fehlt verletzt. "Wir müssen bescheiden bleiben und ehrlich zu uns sein", forderte Conte, der nach der EM den FC Chelsea übernimmt. "Am Ende werden wir sehen, was dabei herausspringt."

Belgien mauserte sich indes vom Geheim- zum Top-Favoriten. Die Erwartungen an die "goldene Generation" um die Stars Kevin De Bruyne von Manchester City, Eden Hazard vom FC Chelsea oder den Liverpooler Divock Origi sind hoch. Nationaltrainer Marc Wilmots, der 2000 beim bisher letzten EM-Auftritt der Belgier im eigenen Land noch als Spieler dabei war, kann auf eine ganze Reihe begabter Kicker zurückgreifen. "Es ist ein Moment, auf den jeder in Belgien gewartet hat ", sagte Hazard. "Wir müssen bei jedem Spiel, bei jedem Training alles geben - dann ist auch für uns das Finale möglich", gab sich Origi selbstbewusst.

Ein echter Torjäger fehlt

Belgien sei sicherlich einer der Favoriten auf den Titel, sagte auch Italiens Coach Conte. "Man muss nicht viel zu Belgien sagen, man muss nur das Team anschauen. Sie haben zahlreiche Top-Spieler mit großartigen Fähigkeiten in ihrem Team. Es ist eine Mannschaft mit vielen jungen Talenten, die sich enorm weiterentwickelt hat." Ganz so leicht will es Torwart-Legende Gianluigi Buffon dem Gegner, der erstmals seit 1984 wieder sportlich für eine EM qualifiziert ist, jedoch nicht machen. Schließlich waren die Italiener bei der vergangenen EM noch im Finale gegen Spanien. "Wir werden die Wahrheit auf dem Platz sehen. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine konkurrenzfähige Truppe aufstellen werden."

Die Abwehr rund um den italienischen Kapitän und die Juventus-Profis Giorgio Chiellini, Andrea Barzagli und Leonardo Bonucci bildet noch immer das Prunkstück der Nationalelf, aber es fehlen ein echter Torjäger und große Stars. Wie dennoch ein Sieg gegen die Belgier gelingen könnte, formulierte Stürmer Lorenzo Insigne unter der Woche so: "Sicherlich werden wir sie angreifen, weil sie in der Abwehr nicht sehr kompakt stehen", sagte er über die Verteidigung, in der Kapitän Vincent Kompany verletzt fehlt.

Gianluigi Buffon guckt grimmig
Routinier, Torwart-Legende und italienischer Kapitän: Gianluigi Buffon nimmt die Außenseiterrolle nicht anBild: picture-alliance/dpa

Unfreiwillige Zusatzmotivation

Diese Aussagen griff Belgiens Coach Wilmots gerne auf. "Dass Belgien über die Verteidigung zu packen ist? Das werde ich mit meinen Spielern besprechen, den Artikel lasse ich ausdrucken und in der Kabine aufhängen", erklärte der frühere Schalke-Profi. "So kann ich meine Spieler noch mehr motivieren."

Denn der Respekt vor Italien ist noch immer groß bei den Roten Teufeln. "Ich denke, dass sie uns das Leben sehr schwer machen werden. Sie haben viel Qualität in ihren Reihen", sagte Mittelfeldspieler Mousa Dembélé. Und Wilmots gab zu: "Mir wäre es lieber gewesen, erst im dritten Gruppenspiel auf Italien zu treffen."

"Stolz, Freude und Verantwortung"

Ein Sieg zum Start in die schwere Gruppe E mit Schweden und Irland wäre ein wichtiger Schritt für beide Mannschaften in Richung K.o.-Runde - und für das Selbstvertrauen, wie Italiens Abwehrspieler Angelo Ogbonna betonte. Italien hat zwar seit 2000 kein EM-Auftaktspiel mehr gewonnen, kassierte aber in seinen insgesamt 21 Endrunden-Gruppenspielen auch nur zwei Niederlagen.

Trotz des Pessimismus in der Heimat spüren die Azzurri die Erwartungshaltung der Fans. Conte betonte, er empfinde vor seinem ersten Turnier "Stolz, Freude und Verantwortung". Und der italienische Verbandspräsident Carlo Tavecchio erklärte vor dem EM-Start der Squadra Azzurra wie selbstverständlich: "Wenn wir uns schon für ein wichtiges Turnier qualifizieren, dann wollen wir es natürlich auch gewinnen." Der 73-Jährige scheint den Glauben an einen großartigen Sommer also noch nicht verloren zu haben - er gehört damit jedoch zu einer Minderheit.