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IWF-Konjunkturausblick

Christina Bergmann (hb)29. Januar 2009

Der Weltwirtschaft droht nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds das düsterste Jahr seit dem Zweiten Weltkrieg. Am dringendsten benötigt wird - Vertrauen!

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Logo des Internationalen Währungsfonds
Der Internationale Währungsfonds sieht schwarz für die Weltwirtschaft

Die Bestandsaufnahme von Olivier Blanchard, dem Chefökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF), fällt extrem nüchtern aus: "Wir gehen praktisch von einem Stillstand der Weltwirtschaft aus." Zum zweiten Mal musste der IWF seine Wachstumsprognose für das Jahr 2009 korrigieren – und zwar nach unten.

Die Weltkonjunktur, so hieß es am Mittwoch (28.01.2009) in Washington, erlebe in diesem Jahr ihren dramatischsten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Insgesamt seien durch die in den USA verursachte Finanzkrise weltweit Verluste von 2,2 Billionen Dollar und für 2009 nur noch ein Wachstum von 0,5 Prozent zu erwarten. Allerdings sieht der IWF auch einen Lichtschein am Ende des Tunnels.

Deutschland am schlimmsten betroffen

Container werden in Hamburg am Containerterminal Eurokai verladen. (Quelle: AP)
Exportweltmeister Deutschland ist besonders betroffen.Bild: AP

Denn nicht alle Länder der Welt sind von der Krise in gleichem Ausmaß betroffen. In den Industrienationen werde die Wirtschaftsleistung um zwei Prozent schrumpfen, sagen die IWF-Experten voraus. Für Deutschland fällt die Prognose mit minus 2,5 Prozent sogar noch schlechter aus. Die USA kommen mit minus 1,6 Prozent ein wenig besser weg als die Eurozone mit minus zwei Prozent.

Während die entwickelten Länder in die tiefste Rezession der Nachkriegszeit rutschen, können die Entwicklungs- und Schwellenländer immerhin mit einem Wachstum von 3,3 Prozent rechnen. Der Grund dafür liege in den im Gegensatz zur Vergangenheit stabileren Wirtschaftsstrukturen, die mehr Platz ließen für wirtschaftspolitische Maßnahmen.

Selbst Afrika sei deswegen inzwischen besser auf die Wirtschaftskrise vorbereitet, aber immer noch in einer im Verhältnis zu den Industrieländern schwächeren Position, sagt Charles Collyns, stellvertretender Direktor der IWF-Forschungsabteilung. Die afrikanischen Länder hätten weniger Spielraum für gewagte Stimuluspakete wie die Industrie- und Schwellenländer, so Collyns: "Angesichts der weniger entwickelten Kapitalmärkte und der schwächeren finanzpolitischen Systeme müssen afrikanische Staaten sehr vorsichtig sein, bevor sie große Finanzpakete verabschieden."

Hilfe für arme Länder erhalten

Weltkarte mit Börsenkurve
Weltweit schlägt die Krise zu.Bild: DW

Es bestehe die Gefahr, so Collyns weiter, dass sich die Armut noch weiter ausbreitet, weil viele afrikanische Länder nicht in der Lage seien, ihre Bevölkerung finanziell so zu unterstützen, wie es teilweise in Lateinamerika und Asien geschieht. Deswegen müsse die internationale Hilfe für Afrika aufrecht erhalten bleiben.

China gehört nach der Schätzung des IWF zu den Ländern, die die Finanzkrise besser überstehen werden als andere Länder. Für 2009 erwartet der IWF für China ein Wirtschaftswachstum von 6,7 Prozent. Grund sei die starke Finanz- und Währungspolitik des Landes, gepaart mit anhaltender Konsumnachfrage, erklärt Collyns. "Aber selbst Chinas Wirtschaftswachstum wird erheblich unter den Werten von vor zwei Jahren liegen, wo es noch 13 Prozent betrug. Diese Halbierung des Wachstums innerhalb von zwei Jahren ist auch eine dramatische Verlangsamung."

Am heftigsten nach unten korrigiert hat der IWF die Wirtschaftsprognose für Russland. Ging man im November noch von einem Wachstum für 2009 von 3,5 Prozent aus, erwarten die IWF-Experten jetzt, dass die Wirtschaft um 0,7 Prozent schrumpft. Russland, sagt Charles Collyns, habe mehrere heftige Schläge hinnehmen müssen, nämlich den Verfall der Ölpreise und die finanziellen Turbulenzen seit letztem September, die das russische Finanzsystem nach einer zuvor schnellen und heftigen Ausweitung des Kreditmarktes extrem belastet hätten.

Erholung ab 2010

Kleiner Keimling treibt aus
Zartes Pflänzchen Hoffnung ab 2010Bild: picture-alliance/dpa

Für 2010 erwartet der IWF wieder eine Erholung der Weltwirtschaft, die schon Ende 2009 beginnen könnte. Voraussetzung sei allerdings, dass die weltweiten finanzpolitischen Maßnahmen greifen und noch ausgebaut werden und der US-Immobilienmarkt sich wieder stabilisiert. Dann könnte es 2010 weltweit drei Prozent Wachstum geben, fünf Prozent für die Schwellen- und Entwicklungsländer und ein Prozent für die Industrieländer. Möglich sei sogar eine noch schnellere Erholung, wenn Banken und Verbraucher wieder Vertrauen fassten.

Das Fazit von IWF-Chefökonom Blanchard: "Die derzeitige Krise ist vor allem eine Vertrauenskrise. Dass Konsumenten und Firmen ihre Ausgaben zurückgefahren haben, liegt an einem Vertrauensverlust und einer Haltung, die sie erst einmal abwarten lässt." Fassen Verbraucher und Firmen wieder Vertrauen, dann könnte es in den USA, dem Ausgangspunkt der Krise, bereits im nächsten Jahr wieder ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent geben.