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IWF und Weltbank

Andrea Grunau 23. Februar 2009

Undemokratische Gehilfen der reichen Industrienationen - so sehen Globalisierungskritiker und Umweltorganisationen den Internationalen Währungsfonds IWF und die Weltbank. Viele fordern Reformen der Finanzorganisationen.

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IWF und Weltbank Logo mit Geld verschiedener Währungen
Bild: AP Graphics/DW

Die Kritiker werfen dem IWF eine Schuldenpolitik im Interesse der Industriestaaten vor, indem die Wirtschaft sogenannter Entwicklungsländer auf Kosten der Armen liberalisiert werde. Gleichzeitig macht man IWF und Weltbank mitverantwortlich für Umweltzerstörungen durch die langjährige einseitige Förderung von Großprojekten wie Staudämmen oder fossilen Energien.

Das sind schwere Vorwürfe an die Organisationen, die 1944 auf der UN-Konferenz von Bretton Woods gegründet wurden, um nach der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre für Stabilität auf den internationalen Finanzmärkten und im Welthandel zu sorgen oder - im Fall der Weltbank - um den Aufbau schwacher Länder zu unterstützen. Auch in der Finanzkrise blickt man auf sie. Beide Institutionen treten seit langem als wichtige Kreditgeber auf.

Profite zu Lasten der Ärmsten?

Tatsächlich sind die meisten ihrer Kredite an strenge Auflagen gebunden. Besonders kritisiert wurden die sogenannten Strukturanpassungsprogramme. Darin gab man den Schuldnerländern häufig vor, Staatsausgaben wie Sozialleistungen drastisch zu kürzen und staatliche Betriebe schnell zu privatisieren. Außerdem sollten Handelsschranken abgebaut werden.

Das empfanden viele als ungerecht, denn Geberländer wie etwa die Staaten der Europäischen Union subventionierten eigene Agrarprodukte und exportierten sie gerade in Entwicklungsländer, was dort die Entwicklung der Landwirtschaft behinderte. So gingen die Maßnahmen in den ärmeren Staaten häufig zu Lasten der armen Bevölkerungsmehrheit. Profitiert haben meist die nationalen Eliten in den Schuldnerländern und internationale Konzerne.

Weltbank-Insider gibt Kritikern Recht

Nobelpreisträger Stiglitz (Foto: AP)
Nobelpreisträger Stiglitz beim Weltwirtschaftsforum in DavosBild: AP

Gestützt wird die Kritik an den internationalen Finanzorganisationen von einem prominenten Insider, der sich durchaus nicht als Gegner der Globalisierung versteht. Der frühere Chefökonom der Weltbank Joseph Stiglitz, 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet, wirft in seinem Buch "Die Schatten der Globalisierung" von 2002 dem IWF vor, mit seinen Auflagen immer wieder die Ungerechtigkeit im weltweiten Armutsgefälle forciert zu haben.

So berichtet Stiglitz über Indonesien, wo der Großteil eines Milliardenkredits zur Bezahlung privater Kredite aus den Industrieländern dienen sollte, während den Armen im Lande die Subventionen für Nahrungsmittel gestrichen wurden.

Krisen trieben Schwellenländer weg vom IWF

Zu massiver Kritik am IWF kam es in der Schuldenkrise der 1980er-Jahre und den Finanzkrisen Ende der 90er-Jahre. Länder, die die Auflagen des IWF erfüllt hatten, konnten ihre Krisen dennoch nicht meistern: Argentinien etwa oder die ostasiatischen Staaten. In der Folge zahlten immer mehr Schwellenländer ihre Kredite frühzeitig zurück, um vom IWF unabhängig zu werden. Der IWF selbst geriet dadurch in eine Legitimationskrise. Nur die ärmeren Entwicklungsländer blieben auf IWF- und Weltbank-Mittel angewiesen und mussten sich weiter den Auflagen unterwerfen.

Auch politische Einflussnahmen hat man dem Internationalen Währungsfonds immer wieder unterstellt: Die Türkei etwa erhielt im Gefolge der türkischen Unterstützung für den US-amerikanischen Anti-Terror-Krieg im Jahr 2001 überraschend einen dritten Beistandskredit in Milliardenhöhe, während man Argentinien die bereits zugesagte Unterstützung versagte. Ähnliche Vorwürfe gab es schon früher: Während des Kalten Krieges vermutete man politische Gründe hinter den Krediten für Gegner der Sowjetunion. Der IWF hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Werden sich die Machtverhältnisse bald verändern?

Weil beim IWF die Mitgliedsstaaten mit den größten Anteilen am gemeinsamen Fonds die meisten Stimmrechte haben, wird die Organisation bis heute vom größten Zahler USA und weiteren reichen Industrienationen und ihren wirtschaftspolitischen Vorstellungen dominiert. Die USA, die im IWF als einziger Staat de facto ein Vetorecht besitzen, stellen stets den Präsidenten der Weltbank, die Europäer den Vorsitzenden des Internationalen Währungsfonds.

Gruppenbild der Staats- und Regierungschefs beim Finanzgipfel der G20-Staaten in Washington im November 2008 (Foto: AP)
Gruppenbild in Krisenzeiten: die Weltwirtschaft geht immer mehr Staaten anBild: AP

Beim G20-Finanzgipfel in Washington im Herbst 2008, bei dem Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien oder Mexiko vertreten waren, zeichnete sich allerdings bereits ab, dass diese Länder im Gegenzug für höhere Zahlungen an den IWF künftig auch mehr Einfluss in IWF und Weltbank einfordern werden.

Mehr Geld wird mittlerweile dringend gebraucht, denn die Weltwirtschaftskrise hat den Kreditbedarf erheblich erhöht. Der IWF ist plötzlich auch wieder in Europa gefragt: Island wurde gestützt, ebenso Lettland und Ungarn, weitere osteuropäische Staaten gelten als gefährdet. Um weiter Kredite ausgeben zu können, müssen die Einlagen erhöht werden.

Ohne Entwicklungsländer geht es nicht

Mit einer Verbeugung begrüßen der Direktor des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn und der Generaldirektor der Welthandeslorganisation, Pascal Lamy, Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: DPA)
Der Kanzlerin zugeneigt: IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn (links) und der Generaldirektor der WTO Pascal LamyBild: picture-alliance / dpa

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel fordert die Neuordnung der Weltwirtschaft. Anfang Februar hatte sie die Chefs aller Weltwirtschaftsorganisationen nach Berlin eingeladen. Dabei hat sie erneut betont, wie wichtig es sei, bei einer neuen Weltwirtschaftsordnung die Entwicklungsländer im Blick zu haben: "Sie haben nicht nur ein Recht auf eine faire Entwicklung, sondern es ist in unserem gemeinsamen Interessen, dass hier eine gute Entwicklung stattfindet". Zur Begründung sagte die deutsche Regierungschefin, ohne die Entwicklungsländer könne es auf Dauer kein Wachstum der Weltwirtschaft geben.

Europäer für Stärkung und Reform von IWF und Weltbank

Beim Berliner Vorbereitungstreffen für den nächsten G20-Gipfel in London im April 2009 einigten sich die europäischen Staaten darauf, den Internationalen Währungsfonds als Krisenmanager zu stärken. Sie sprachen sich für eine Verdopplung der IWF-Mittel und verstärkte Ausleihen der Weltbank aus. Zugleich verlangten die Europäer, dass beide internationale Finanzinstitutionen ihre Reform vorantreiben.