1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Jüdischer Wirt in Berlin wird beschimpft

21. Dezember 2017

Das Video mit antisemitischen Beschimpfungen gegen einen Restaurantbesitzer in Berlin ist nur die Spitze des Eisberges, wenn man Betroffenen und Experten glaubt.

https://p.dw.com/p/2pmZA
Berliner Wirt antisemitisch beschimpft
Yorai Feinberg in seinem RestaurantBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Rund 500.000 Nutzer haben das schreckliche Video bis Donnerstag Nachmittag gesehen: Ein 60 Jahre alter Mann hetzt darin am Mittwoch gegen den jüdischen Restaurantbesitzer, den 36 Jahre alten Yorai Feinberg, und beleidigt ihn grob. Ort des Geschehens: der eigentlich gutbürgerliche Stadtteil Schöneberg. Offenbar stark alkoholisiert, beschimpft der Mann den Restaurantwirt. Zuvor war ihm wohl die Menora, der siebenarmige Leuchter und ein wichtiges jüdisches Symbol, im Schaufenster des Restaurants aufgefallen. Es fallen Sätze und Worte wie: "Wir wollen euch hier nicht mehr" und "Gaskammer". Und weiter: "Du kriegst deine Rechnung in zehn Jahren, da lebst du nicht mehr!" Die Tirade gipfelt in der Drohung: "Niemand schützt euch!"

Die Freundin des Restaurantbesitzers filmt die Szene und lädt das Video auf Facebook hoch. Der Wirt hält einen Streifenwagen an, der zufällig in der Nähe ist, der extrem aggressive Hetzer wird in Handschellen gelegt und abgeführt. Er beschimpft auch die Beamten. Der Staatsschutz beim Landeskriminalamt in Berlin ermittelt jetzt gegen ihn unter anderem wegen Volksverhetzung. Dennoch ist der Mann mittlerweile wieder auf freiem Fuß.

Besuch des Botschafters im Restaurant

In Berlin hat der erneute antisemitische Vorfall helle Empörung ausgelöst. Der Botschafter Israels in Deutschland, Jeremy Issacharoff, stattete dem Restaurant sofort einen Besuch ab. "Es ist wichtig, dass man angesichts solcher Vorfälle sofort handelt und null Toleranz zeigt", sagte der Botschafter und lobte den Restaurantbesitzer für seine rasche Reaktion und seinen Mut.

Feinberg selbst sagte in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Bundesrepublik nehme keine gute Entwicklung: "Es wird immer weniger gegen Antisemiten vorgegangen. Immer mehr gilt als legitime Israel-Kritik. Und dann passiert so etwas. Der Mann fühlte sich völlig sicher." Und die Freundin, die das Video aufgenommen hatte, ergänzte: "Solche Angriffe passieren nunmehr fast täglich, und sie werden immer intensiver. Die Täter verlieren ihre Scham, weil sie denken, sie könnten ihr wahres Gesicht  hinter dem schönen Begriff der legitimen Israel-Kritik verstecken. Doch am Ende bleibt es nur blanker Hass. Hass gegen Juden. Hass gegen Israel."

Schuster: "Antisemitismus in der Mitte angekommen"

Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich erschüttert über den antisemitischen Angriff: "Diese abscheuliche Attacke macht erneut deutlich, dass Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und mittlerweile offen und unverblümt artikuliert wird", sagte Schuster am Donnerstag der Online-Seite der "Jüdischen Allgemeinen". Und er fügte hinzu: "In der jüdischen Gemeinschaft besteht die Sorge, dass Antisemitismus zu einer echten Bedrohung für jüdisches Leben in Deutschland werden könnte." Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verurteilte den Angriff scharf:

Zuletzt heftige Proteste gegen Israel in Berlin

Zuletzt hatte die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, zu heftigen Demonstrationen auch in Berlin geführt, an denen sich muslimische und palästinensische Gruppen beteiligten. Dabei wurde auch die israelische Fahne mit dem Davidsstern verbrannt. Das hatten verschiedene Politiker scharf verurteilt, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihr Sprecher Steffen Seibert hatte dazu gesagt: "Man muss sich schämen, wenn auf den Straßen deutscher Städte so offen Judenhass zur Schau gestellt wird." Die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sei "kein Freibrief für antisemitische Entgleisungen, für Hetze und für Gewalt".

Aber mindestens ebenso schlimm und immer häufiger sind Vorfälle wie dieser: Eine Schülerin aus Dresden erhält einen Preis für Zivilcourage. Sie hatte einen Mitschüler angezeigt, nachdem er und andere Witze über den Holocaust gemacht und den Hiltergruß gezeigt hatten. Auf Facebook wurde das Mädchen daraufhin als Denunziantin beschimpft. Die Ermittlungen gegen den Jungen wurden eingestellt.