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Pro: Chipkarte für arme Kinder

20. August 2010

Ministerin Ursula von der Leyen will arme Kinder nicht mit mehr Geld für die Eltern, sondern über eine zweckgebundenen Bildungs-Chipkarte fördern. DW-Redakteurin Monika Dittrich findet das richtig so.

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Portrait Monika Dittrich (Foto: DW)
Monika Dittrich

Verlassen wir einmal das Reich der Scheinheiligkeit und der politischen Korrektheit und blicken in den traurigen Alltag deutscher Armutsquartiere. Sicher: Da gibt es Eltern, die trotz Hartz-IV und Arbeitslosigkeit ihre Kinder prima fördern und dafür auch jeden Euro ausgeben, den sie übrig haben. Aber es gibt eben auch die vielen anderen, von denen Lehrer, Sozialarbeiter und andere Praktiker berichten: Sie erzählen von Kindern, die zwar einen eigenen Fernseher besitzen, im Winter aber mit Sandalen herumlaufen. Und da sind Kinder, die kein Geld haben für das Schulessen und deshalb die Reste ihrer Mitschüler von den Tellern kratzen.

Eine kluge Lösung

Den Eltern dieser Kinder einfach ein paar Euro mehr im Monat zu überweisen, ist der falsche Weg. Denn wer weiß schon, ob das Geld dann den Kindern zugute kommt oder nicht doch anderweitig ausgegeben wird – wofür auch immer. Eine Chipkarte mit einem individuellen Guthaben dagegen ist eine kluge Lösung: Damit könnte der Besuch im Zoo ebenso bezahlt werden wie Sportverein und Musikschule.

Kinder-Chancen statt Eltern-Freiheit

Die Chipkarte garantiert, dass die Leistungen bei den Kindern ankommen. Tatsächlich wird den Eltern damit vorgeschrieben, wie sie das staatliche Geld für ihre Kinder ausgeben. Aber was sollte daran falsch sein? Es geht hier nicht um die Freiheit der Eltern, sondern um die Chancen der Kinder, zumal vieles darauf hinweist, dass arbeitslose und schlecht gebildete Eltern ihre Kinder oftmals nicht optimal fördern. Das hat nichts mit fehlender Elternliebe oder bösem Willen zu tun. Manchmal liegt es einfach nur daran, dass Hartz-IV-Empfänger nicht besonders gut mit Geld umgehen können, wie Forscher der Universität Frankfurt herausgefunden haben.

Freibad statt alleine

Nun halten die Kritiker der Chipkarte dagegen, es sei demütigend für die Kinder, wenn sie an der Kasse eine Karte vorzeigen müssten. Das klingt ja gerade so, als wäre Armut bislang unsichtbar gewesen! Und es ist ja wohl allemal besser, gemeinsam mit den Freunden ins Freibad zu gehen und den Eintritt mit einer Chipkarte zu bezahlen, anstatt zu Hause zu bleiben, weil die Eltern das Geld dafür nicht mehr übrig haben.

Autorin: Monika Dittrich
Redaktion: Sandra Petersmann