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Jacques Rogge – alter und neuer Herr der Ringe

9. Oktober 2009

Mit nur einer Gegenstimme und drei Enthaltungen ist in Kopenhagen der Belgier Jacques Rogge erwartungsgemäß für weitere vier Jahre als Präsident des IOC wiedergewählt worden. Ein Gegenkandidat war nicht angetreten.

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IOC Präsident Jacques Rogge (AP Photo/Fabian Bimmer)
IOC-Präsident Jacques RoggeBild: AP

Als der belgische Mediziner Jacques Rogge im Juli 2001 zum neuen Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt wurde, stand plötzlich ein Mann an der Weltspitze des internationalen Sports, der so ganz anders als sein Vorgänger war – oder zumindest zu sein schien. Trat sein Vorgänger Juan Antonio Samaranch noch wie ein kleiner Sonnenkönig auf, der in selbstherrlicher Manier agierte, kam nun ein ruhiger, zurückhaltender Mann an die Spitze des IOC, der sich wie ein Diplomat verhielt und daraus auch nie ein Hehl machte: " Diplomatie ist "Nein" sagen, aber auf solche Weise, dass der andere nicht böse ist und dass der andere weiter arbeiten will."

Rogge erfüllte nicht alle Hoffnungen

Die olympischen Ringe
Die Olympischen Ringe sind unter Rogge noch wertvoller geworden

Die Andersartigkeit des ehemaligen Rugbyspielers, der selbst als Aktiver an den Olympischen Spielen in Moskau teilgenommen hatte, machte vielen Beobachtern Hoffnung, dass die dringend nötigen Reformen im IOC endlich durchgeführt würden. Doch die Hoffnungen wurden schnell zerstört. Schuld daran war eben auch die diplomatische Linie Rogges, die extreme Auseinandersetzungen einfach nicht zulässt. Dazu kam die aufgezwungene Beschäftigung mit dem Thema Doping, die viel Zeit und Energie raubte und nicht viel Raum für andere Bereiche ließ. So wurde es nichts mit der inneren Reform der Altherrenriege namens IOC, mit der Reform des olympischen Programms oder dem Abbremsen des olympischen Gigantismus.

Ganz im Gegenteil setzte Rogge in dieser Hinsicht den Kurs seines Vorgängers Samaranch konsequent fort – die Kommerzialisierung wurde geradezu perfektioniert, Kritiker lästern, Rogge habe Spaß am Geldverdienen. Das allerdings macht er großartig – nie hat das IOC mehr Geld kassiert als unter Rogge, die Rücklagen des IOC haben sich unter seiner Regie auf mehr als 450 Millionen Euro vervierfacht.

Es sind noch viele Probleme zu lösen

Das Olympiagelände von Rio in einer Computersimulation (AP Photo/Comite Rio 2016)
Rio wird 2016 ausgesprochen teure Spiele organisierenBild: AP

In den letzten vier Jahren seiner Amtszeit – in vier Jahren kann Rogge laut Regelement nicht wiedergewählt werden – steht der heute 67jährige vor großen Herausforderungen. Die Dopingproblematik ist noch längst nicht gelöst und durchaus auch eine ehrlich gemeinte Herzensangelegenheit des ehemaligen Chirurgen. Der Gigantismus der Spieler wird mehr und mehr zu Bedrohung – mit rund 12 000 Sportlern und 28 Sportarten haben die Spiele ohne jeden Zweifel Grenzen erreicht. Ausgerechnet Rio wird – wenn man sämtliche Infrastrukturmaßnahmen einrechnet - die teuersten Spiele aller Zeiten organisieren. Vor allem aber läuft der Olympischen Familie die Jugend davon, die teilweise gar keinen Sport mehr treibt und teilweise die Spiele als altmodisch empfindet und sich lieber mit Trendsportarten beschäftigt.

Singapur, Ausrichter der Jugendpsiele 2010 (c) Picture-Alliance / ASA
Singapur, Ausrichter der Jugendspiele 2010Bild: dpa

Deshalb hat Jacques Rogge für die nächsten Jahre einen klaren Schwerpunkt, nämlich all jene Maßnahmen, die man im Hinblick auf die Jugend angehen werde. In diesem Zusammenhang hat Rogge auch schon sein Vermächtnis geschaffen – die Olympischen Spiele der Jugend, die im kommenden Jahr erstmals in Singapur stattfinden und an denen rund 3500 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren teilnehmen werden. Dabei steht für Rogge nicht allein der Sport im Mittelpunkt: "Sie beinhalten auch Kultur und Erziehung und basieren nicht nur ausschließlich auf Leistung und Wettbewerb."

Rogge ist bewusst, dass trotz aller finanzieller Erfolge und der damit erfolgten Konsolidierung des IOC in den letzten Jahren nicht genug passiert ist und reichlich Arbeit übrig geblieben ist. Man müsse noch viel mehr tun, sagt er selbst. Ob Jacques Rogge seinem eigenen Anspruch gerecht wird, müssen die nächsten vier Jahre zeigen.

Autor: Wolfgang van Kann

Redaktion: Calle Kops