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Jagd auf Polio-Impfhelfer

8. Februar 2013

Zehn Mitarbeiterinnen von Polio-Impfteams sind im Norden Nigerias erschossen worden. Örtliche Geistliche sehen in dem Programm gegen die Kinderlähmung ein Komplott des Westens gegen die Muslime.

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Unbekannte haben in Nigeria zwei Impfzentren angegriffen und Zehn Menschen getötet.

Das erste Attentat ereignete sich nach Polizeiangaben in der Stadt Kano. Zwei Männer hätten demnach von einem Motorrad aus auf die Impfhelferinnen gefeuert. Eine halbe Stunde später wurden mehrere ihrer Kolleginnen in einer Klinik außerhalb der Stadt erschossen, als sie gerade ihre Arbeit aufnehmen wollten.

"Polio-Impfungen machen unfruchtbar"

Die Regierung des nigerianischen Bundesstaats Kano hatte das Impfprogramm im Jahr 2003 für 13 Monate ausgesetzt. Der damalige Gouverneur reagierte damit auf Behauptungen islamischer Führer, die Impfungen würden junge Frauen unfruchtbar machen. Dies gehöre zu einem Plan der USA, Afrika zu entvölkern. Örtliche Radioprogramme griffen kürzlich Verschwörungstheorien auf, wonach es sich bei dem Impfprogramm um ein Komplott des Westens gegen die Muslime handele.

Auch die radikalislamische Sekte Boko Haram, die immer wieder schwere Anschläge auf Christen im muslimisch geprägten Norden verübt, vertritt diese Ansicht. Sie bekämpft ebenfalls die Impfkampagnen.

Kinderlähmung weit verbreitet in Nigeria

Die Ausrottung des Poliovirus durch Impfungen ist ein Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nigeria gehört neben Pakistan und Afghanistan zu den wenigen Ländern, in denen Kinderlähmung noch dauerhaft auftritt. Der WHO zufolge entfielen im vergangenen Jahr 121 von weltweit 222 Polio-Fällen auf Nigeria. Kinderlähmung betrifft vor allem Kleinkinder unter fünf Jahren und kann zu unumkehrbaren Lähmungen bis hin zum Tod führen. Eine Heilung gibt es nicht, doch Impfungen bieten sicheren Schutz.

Erst im Dezember hatten Islamisten in Pakistan bei Attentaten mehrere Mitarbeiter von Polio-Impfteams getötet. Die Opfer waren im Auftrag des Gesundheitsministeriums unterwegs. Die radikalislamischen Taliban hatten bereits im Sommer ein Impfverbot in den von ihnen beherrschten Stammesgebieten ausgesprochen. Sie behaupten, bei den Impfaktionen würden die USA die Region für bevorstehende Drohnenangriffe ausspionieren.

Die Vereinten Nationen verurteilten die Anschläge auf die beiden nigerianischen Kliniken. Die Angriffe seien eine "doppelte Tragödie", erklärten das UN-Kinderhilfswerk UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einer gemeinsamen Mitteilung. Zum einen seien die Klinikmitarbeiter und deren Familien getroffen worden. Zum anderen seien Kinder und weitere Menschen "grundlegender, lebensrettender Gesundheitsmaßnahmen beraubt" worden.

GD/rb (afp, ap,epd, dpa)