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Steuersünder im Visier

Klaus Deuse25. November 2013

Die Auswertung von Steuer-CDs bringt den Staatsanwälten in Bochum eine Menge Arbeit - und den Kassen verschiedener Bundesländer eine Menge Geld. Die Luft für Steuerhinterzieher wird immer dünner.

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Der Ankauf von Steuer-CDs mit Daten über Steuerflüchtlinge durch deutsche Behörden ist politisch umstritten. Das hat die beiden SPD-geführten Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz allerdings nicht davon abgehalten, bei solchen Angeboten zuzugreifen. Für die Staatskasse zahlt sich die Auswertung dieser Datenträger offenkundig aus. Auch unter dem Aspekt, dass sich viele Steuerflüchtlinge inzwischen aus Furcht vor Entdeckung zu einer Selbstanzeige durchgerungen haben.

Das hält die Staatsanwaltschaft in Bochum, die ihren Schwerpunkt in der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität hat, aber nicht von weiteren intensiven Ermittlungen ab. Ausgewertet wird eine Steuer-CD, die Angaben über mögliche Steuerflüchtlinge aus der ganzen Bundesrepublik bei der schweizerischen UBS-Bank enthält. Nach Angaben von Staatsanwalt Timo Dörffer handelt es sich dabei um Datenmaterial über 722 Stiftungen sowie über "weitere Daten von 550 natürlichen Personen, die Inhaber von Privatkonten bei der UBS AG in der Schweiz gewesen sind", so Dörffer gegenüber der DW.

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Verdächtige haben schon Besuch bekommen

Mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis sind Namen tabu. Potenziell Betroffene dürften aber schon einen ersten Kontakt mit den Behörden gehabt haben. Immerhin befinden sich die Ermittlungen, so Staatsanwalt Dörffer, in einem fortgeschrittenen Stadium. "Im UBS-Verfahren finden seit November 2012 Durchsuchungsmaßnahmen statt. Und zwar bundesweit und flächendeckend." Fast 80 Prozent der erforderlichen Durchsuchungsmaßnahmen in diesem UBS-Verfahren haben mittlerweile stattgefunden.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lasse sich aber noch nicht abschätzen, in wie vielen Fällen sich die Betroffenen mit den Behörden arrangieren. Das heißt: gegen die Zahlung einer Geldauflage kann das Verfahren eingestellt werden. Zieht man zum Vergleich die Summe heran, die im Zuge des vorangegangenen Liechtensteiner LGT-Verfahrens zusammenkam, dann scheint auch in diesem Fall ein hoher zweistelliger Millionenbetrag nicht ausgeschlossen. In der Staatskasse klingelten nach der Zahlung von Geldauflagen aus Verfahrenseinstellungen über 53 Millionen Euro. Hinzu kamen Steuernachzahlungen in einem kapitalen dreistelligen Millionenbereich.

Zeitraubende Geld-Recherche

Mit schnellen Ergebnissen, heißt es in Bochum, ist im UBS-Fall allerdings nicht zu rechnen, da es sich vielfach um die zeitaufwändige Durchleuchtung von Aktienfonds handelt, um den zu versteuernden Kapitalertrag feststellen zu können. Der Name, sagt Staatsanwalt Timo Dörffer, ist durch die CD-Daten zwar bekannt, ebenso wie der Vermögensstand. Aber nur für einen bestimmten Stichtag. Die Frage, die es bei einem Aktiendepot über einen längeren Zeitraum zu klären gilt, lautet: "Wie hat sich ein Depot entwickelt, wie hat sich ein Konto entwickelt und welche Erträge sind dafür in den letzten fünf bis zehn Jahren angefallen."

Dass während der Ermittlungen die Zeit für sie arbeitet und die Vergehen verjähren könnten, darauf, betont Oberstaatsanwalt Norbert Salomon, könnten ertappte Steuerflüchtlinge nicht bauen. Denn wenn im Rahmen der Ermittlungen verjährungsunterbrechende Maßnahmen durchgeführt wurden, dann handelt es sich keineswegs um eine Aussetzung, "sondern der Lauf der Verjährungsfrist beginnt von vorn."

Steuerhinterziehern läuft die Zeit davon

Für schwere Fälle von Steuerhinterziehung gilt inzwischen eine Verjährungsfrist von zehn Jahren. Und für viele Steuerflüchtlinge wird die Zeit offenbar knapp. Nicht ohne Grund haben darum viele Steuerflüchtlinge die Flucht nach vorn angetreten. Durch Selbstanzeigen sind nach den Angaben des nordrhein-westfälischen Finanzministers Norbert Walter-Borjahns (SPD) bundesweit mittlerweile über drei Milliarden Euro Mehreinnahmen an den deutschen Fiskus geflossen. Allein in Nordrhein-Westfalen führten 9476 Selbstanzeigen mit Bezug zu Schweizer Konten zu einem Mehrergebnis von rund 480 Millionen Euro.

Die von der Bochumer Staatsanwaltschaft ausgewertete Steuer-CD zahlt sich auch für andere Bundesländer aus. Die gestiegene Zahl von Selbstanzeigen spiegelt wohl kaum allein den Willen zu mehr Steuerehrlichkeit wider. In den meisten Fällen geht es eher um die Angst vor Enttarnung oder die letzte Hoffnung auf Straffreiheit. Für einige dürfte dieser Schritt im Rahmen der Auswertung der Steuer-CD allerdings zu spät kommen. Nach einem Entscheid des Bundesgerichtshofes, so Staatsanwalt Timo Dörffer, gibt es bei einer hinterzogenen Steuer von mehr als einer Million Euro in der Regel keine Bewährungsstrafe mehr.

Auch wenn keine Namen genannt werden, so hat zum Beispiel der Präsident von Bayern München, Uli Hoeness, nach dem Stand der Ermittlungen offenbar zu spät die Notbremse für seine Geldgeschäfte in der Schweiz gezogen. Aber nicht nur er. Man muss nicht prominent sein, weiß man in Bochum, um Millionen am Fiskus vorbei zu schleusen.